Was KI-Expert:innen und -Enthusiast:innen für Mode und Einzelhandel 2026 erwarten
Mit Blick auf 2026 hat FashionUnited sechs KI-Expert:innen gefragt, was sie im kommenden Jahr von künstlicher Intelligenz in der Mode und im Einzelhandel erwarten.
KI-Prognosen für Mode und Einzelhandel 2026: Expert:innenausblick von FashionUnited
Carmen Martínez Ferrer, Senior Data Analystin bei Farfetch und Gründerin von @thedatafashionbrief
Als Senior Data Analystin beim Luxus-Onlinehändler Farfetch integriert Ferrer KI in die Marketinganalyse und Kampagnenoptimierung, um datengestütztes Wachstum zu fördern. Sie ist zudem Gründerin des Instagram- und Tiktok-Accounts @Thedatafashionbrief, der Modenachrichten aus einer Datenperspektive beleuchtet.
Mit Blick auf 2026 erwarte ich, dass KI die Art und Weise, wie Kund:innen Mode entdecken und kaufen, neu definieren wird. Das gilt insbesondere für den schnell wachsenden Secondhand- und Resale-Markt. Berichte von McKinsey und der Boston Consulting Group deuten auf eine boomende Nachfrage hin. Dennoch bleibt der Markt fragmentiert und voller Reibungsverluste.
Es entstehen Start-ups, die KI zur Authentifizierung von Produkten und zur Personalisierung der Customer Journey einsetzen. Sie schaffen gesprächsorientierte, Community-basierte Einkaufserlebnisse, die bei jüngeren Luxus-Konsument:innen Anklang finden.
Nachhaltigkeit wird zu einem zentralen Kaufkriterium. Gleichzeitig verlagert sich das Suchverhalten vom Stöbern zur Interaktion in natürlicher Sprache. Für Einzelhändler:innen ergibt sich daraus eine große Chance, die Produktentdeckung neu zu erfinden. Sie können Plattformen schaffen, die sich menschlich, intuitiv und vernetzt anfühlen.
Marken, die diesen Wandel annehmen, werden die Lücke zwischen Technologie, Personalisierung, Gemeinschaft und bewusstem Konsum schließen.
Louis-Philippe Kerkhove, Gründer und CTO von Crunch Analytics und Professor für Operations Management an der UGent
Professor Louis-Philippe Kerkhove ist Gründer und Chief Technology Officer (CTO) von Crunch Analytics. Das in Gent und Rotterdam ansässige Unternehmen entwickelt KI- und datengesteuerte Lösungen für Einzelhandel und Logistik. Er promovierte an der Universität Gent, wo er Operations Research lehrt und eine Brücke zwischen akademischer Forschung und praktischen Geschäftsanwendungen schlägt.
Nach einer Welle des Experimentierens mit künstlicher Intelligenz im Jahr 2025 steuern die Mode- und die Einzelhandelsbranche auf ein Jahr der Reflexion zu. Viele Unternehmen haben KI überstürzt und oft ohne klare Ziele eingeführt. Ich erwarte für 2026 eine Welle der Ernüchterung. Unternehmen werden mit den Nachteilen konfrontiert, wenn sie Sprachmodelle wie ChatGPT für Berechnungen verwenden oder Arbeitsabläufe ohne menschliche Aufsicht automatisieren. Solche Fehler können betriebliche Pannen schnell vervielfachen, was zur Vorsicht mahnt.
Andererseits war diese Experimentierphase auch ein notwendiger Fortschritt. Die Vielzahl an Pilotprojekten hilft dabei, aufzuzeigen, wo KI wirklich einen Mehrwert bietet. Ich glaube, die wirklichen Durchbrüche werden nicht bei Tools für Kund:innenerlebnis und Personalisierung stattfinden, sondern im Backoffice. Dies betrifft die Kollektionsplanung, die Preisgestaltung und das Bestandsmanagement. KI-Anwendungen werden die Betriebsabläufe effizienter gestalten und den Business Case für Nachhaltigkeit stärken. Sie werden sich auch an Trends wie Nearshoring und der Einführung von digitalen Produktpässen zur Rückverfolgbarkeit anpassen. Regulierungen werden eine bessere Datenqualität vorantreiben, während KI-Innovationen die Prozesse verschlanken und die Erträge steigern werden.
Im kreativen Bereich reicht Intuition allein nicht mehr aus. Die zugänglichen, „menschenähnlichen“ Tools der KI ermöglichen es Designer:innen und Einkäufer:innen, kreative Instinkte in messbare Erkenntnisse zu übersetzen. Meiner Meinung nach wird es bald keine gültige Ausrede mehr geben, Kollektionen ohne quantitative Unterstützung zu erstellen. Das ist ein Zeichen dafür, dass Daten und Kreativität in der Modebranche endlich zusammenfinden.
Paul Vidal, Head of Sales beim E-Commerce-Anbieter Kleep AI
Paul Vidal ist Head of Sales bei Kleep AI, einem in Paris ansässigen Unternehmen, das auf künstliche Intelligenz für Mode und E-Commerce spezialisiert ist. Kleep unterstützt Marken dabei, die Konversionsrate zu verbessern, Retouren zu reduzieren und personalisierte Kund:innenerlebnisse zu schaffen. Dies geschieht durch Technologie zur Größenbestimmung und Produktentdeckung. Das Unternehmen arbeitet mit führenden Marken wie Lacoste, Kenzo, Victoria Beckham, Rabanne und Intersport zusammen. Vidal teilt regelmäßig Updates und Einblicke zu KI und Einzelhandel auf seinem Linkedin-Account.
Die größte Veränderung in diesem Jahr war nicht der Aufstieg von KI-Agenten oder das Versprechen der vollständigen Automatisierung. Es war etwas viel Grundlegenderes: die Rückkehr zum Verlangen. KI kann eine Absicht beschleunigen, aber sie kann keine schaffen. Im Jahr 2025 haben Marken stark in Genauigkeit, Personalisierung und reichhaltigere Produkterlebnisse investiert. Dies geschah insbesondere durch KI-generierte Videos und verbesserte Passformtechnologien. Die Transaktion wird zur technischen Routine. Was die Leistung wirklich antreibt, geschieht jetzt vorgelagert: Identität, Inspiration und emotionale Relevanz.
Die wichtigste Transformation im Jahr 2026 wird die vollständige Omnichannel-Integration sein. Einzelhandel und E-Commerce können nicht länger als getrennte Welten behandelt werden. Die stärksten Akteur:innen werden mit einheitlichen Daten, einheitlichen Beständen und in der Praxis mit einer einzigen Gewinn-und-Verlust-Struktur arbeiten. KI wird diese Kontinuität stärken, nicht ersetzen.
Die Einzelhändler:innen, die gewinnen, sind diejenigen, die Präzision mit Erlebnis verbinden. Automatisierung wird wichtig sein, aber die Einprägsamkeit wird von den Marken kommen, die Kund:innen einen echten Grund geben, sie zu bevorzugen.
Justin-Caine Cavanas, XR & AI Lead bei Playar
Justin-Caine Cavanas ist ein kreativer Technologe und XR- & KI-Experte. Er konzentriert sich darauf, Technologie mit der physischen Welt zu verbinden, um bedeutungsvolle menschliche Erfahrungen zu schaffen. Als XR & AI Lead bei Playar, einem immersiven Studio in Antwerpen, setzt er diese Vision um. Seine Arbeit hat zu immersiven Projekten für große Marken wie Dior, Chanel und Harrods beigetragen.
Während KI unsichtbar in unsere Arbeitsabläufe, Erfahrungen und Entscheidungen eingewoben wird, wird der Hype nachlassen. Doch ihre Wirkung vertieft sich. Der Druck, der sich seit Jahren im Stillen aufgebaut hat, wird plötzlich sichtbar: Es ist ein kollektiver Hunger nach dem unverkennbar Menschlichen. Diese Bewegung hat bereits begonnen. Marken wenden sich von sterilen serifenlosen Schriften ab. Stattdessen bevorzugen sie traditionelle Serifenschriften, surreale Buchstabenformen und kühne Verspieltheit. So kehrt beispielsweise Dior zu seiner Signatur von 1946 zurück. Damit schließt sich das Modehaus einer stillen Rebellion gegen die algorithmische Gleichförmigkeit an, die alles gleich aussehen lässt.
Das geschieht nicht aus Nostalgie. Es ist eine Suche nach Seele, Authentizität und Echtheit. Die Gewinner:innen des Jahres 2026 werden KI nutzen, um das zu verstärken, was Maschinen nicht nachbilden können: Persönlichkeit, Handwerkskunst und bedeutungsvolle menschliche Verbindungen. Die Technologie, die sich durchsetzt, ist die, deren Anwesenheit wir vergessen. Die eigentliche Transformation ist also nicht technologischer, sondern philosophischer Natur.
Gleichzeitig finden zwei tektonische Verschiebungen statt: von Werkzeugen zu Kollaborateur:innen und von Bildschirmen zum Raum. Erstens wird sich die KI von generativ zu agentenbasiert weiterentwickeln. Wir werden nicht mehr nur Anweisungen geben. Stattdessen werden wir Systeme orchestrieren, die Marken-Ökosysteme verstehen, Variationen basierend auf kulturellen Veränderungen vorschlagen und Erlebnisse dynamisch anpassen. Kreative werden zu Dirigent:innen, nicht zu Instrumentalist:innen. Zweitens nähert sich das Spatial Computing seinem Wendepunkt. Das „Eyes-up Computing“ wird unseren Blick von den Bildschirmen heben und auf den Raum um uns herum richten. Wir befinden uns im Vor-iPhone-Moment der AR/KI-Brillen. Doch das Paradoxon bleibt: Je programmierbarer unsere Welt wird, desto mehr sehnen wir uns nach dem, was nicht berechnet werden kann. Marken, die diese Spannung verstehen und KI nutzen, um die menschliche Erfahrung zu vertiefen, werden definieren, was als Nächstes kommt.
Kirsten Jassies, Social-Media-, Tiktok- und KI-Strategin und Vortragende
Kirsten Jassies ist eine Social-Media-Expertin. Sie hält Schulungen und Präsentationen zu aufkommenden Trends, Kurzvideo-Inhalten und KI-gestützter Content-Erstellung auf Plattformen wie Instagram und Tiktok. Sie ist außerdem Autorin von „Instaproof“ (2018), „Tiktologie“ (2022) und „Het is allemaal de schuld van social media“ (2025).
Für 2026 stelle ich mir vor, dass Mode- und Einzelhandelsmarken KI sowohl als strategische als auch als kreative Assistenz nutzen werden. Der Erfolg hängt jedoch von präziseren Entscheidungen bezüglich Zielgruppen, Botschaften und ästhetischer Ausrichtung ab. Da soziale Plattformen immer stärker personalisiert werden, müssen Marken glasklar sein: Wer ist die Zielgruppe, welches Bedürfnis wird angesprochen und welche Stimmung soll erzeugt werden?
KI hilft Teams dabei, diese Parameter zu definieren. Sie analysiert das Suchverhalten, die Terminologie und stilistische Trends auf Tiktok und Instagram. Social Search wird die Entdeckung vorantreiben, da Verbraucher:innen direkt auf videobasierten Plattformen nach Styling-Lösungen, Stil-Inspirationen und Produktkategorien suchen. Marken, die in diesen Bereichen Sichtbarkeit, stilistische Konsistenz und eine klare Zielgruppenansprache beibehalten, werden sich abheben.
Gleichzeitig wird KI in alle kreativen Werkzeuge integriert sein, was die Content-Produktion beschleunigt und verbessert. Von der Bildretusche über die Videoformatierung bis hin zu Skripten und Styling-Vorschlägen: KI unterstützt Brainstorming, Design und Verfeinerung. Creator:innen werden weniger Zeit mit manuellen Aufgaben verbringen. Sie werden mehr produzieren, Variationen schneller testen und Inhalte basierend auf algorithmischem Feedback anpassen. Marken etablieren optimierte interne Arbeitsabläufe oder KI-Agenten, um Trends zu überwachen, Konzepte zu organisieren und Creator:innen anzuleiten. Das Ergebnis sind Inhalte, die sowohl visuell ansprechend als auch perfekt auf die Zielgruppe abgestimmt sind.
Janice Wang, CEO von Alvanon
Janice Wang ist Chief Executive Officer (CEO) von Alvanon, einem Fashion-Tech-Unternehmen, das Größen und Passformen für globale Modemarken definiert. Das Unternehmen nutzt datengestützte Körperscans und Technologien wie physische Schaufensterpuppen und 3D-Avatare, um Passformstandards zu definieren und die Kleidung passgenauer zu machen. Alvanon veranstaltet auch ein jährliches Tech Fest, bei dem Vorträge über KI und andere Innovationen in der Modetechnologie gehalten werden.
KI bietet enorme Möglichkeiten. Sie kann Teams Zeit sparen, Entscheidungen verbessern und Systeme reaktionsfähiger und verbraucherorientierter machen. Aber KI ist nur so leistungsfähig wie die Daten, die ihr zugrunde liegen. Ohne konsistente, qualitativ hochwertige Informationen kann KI unrealistische virtuelle Erlebnisse, schlechte Passformen, unzufriedene Kund:innen und höhere Retourenquoten verursachen.
Im Jahr 2026 liegt die Herausforderung darin, den Mut zu haben, die Prozesse zu untersuchen, die niemand gerne betrachtet. Denn genau dort beginnt die wahre Transformation. Der Fokus muss auf menschlichen Elementen wie Vertrauen und Authentizität bleiben. Zu viele wichtige Informationen sind immer noch in isolierten Abteilungen oder bei Lieferant:innen, die nicht kommunizieren, eingeschlossen. Um das volle Potenzial der KI auszuschöpfen, müssen Informationen auf Prozesse und Prozesse auf die Ziele und KPIs jedes Teammitglieds abgestimmt sein.
Indem Marken KI auf einem starken Fundament aufbauen – gemeinsamen Standards, sauberen Daten und auf den Menschen ausgerichteten Arbeitsabläufen – können sie ein intelligenteres, widerstandsfähigeres und vertrauenswürdigeres Mode-Ökosystem schaffen.
Diese Informationen wurden schriftlich zur Verfügung gestellt.
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