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Wie die Branche einen gerechten und inklusiven Übergang zu zirkulärer Mode schaffen kann

Von Simone Preuss

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Abeer Al Fouti (online), Mansi Kabra, Leena Dandekar, Nalini Shekar, Kazi Faisal Bin Seraj (online) und Krishna A. (von links nach rechts). Bild: Sumit Suryawanschi für FashionUnited

Eine Podiumsdiskussion zum Thema „Circular Economy“ auf dem Sankalp Global Summit 2023 am 19. Oktober in Mumbai befasste sich mit der Frage, wie ein gerechter und inklusiver Übergang zu zirkulärer Mode möglich sei und wie die verschiedenen Akteur:innen der Branche ihn unterstützen können.

Mansi Kabra vom gemeinnützigen Arbeitsinnovationsunternehmen Good Business Lab wies darauf hin, dass in den meisten aktuellen Geschäftsmodellen die Arbeitskräfte eines Unternehmens als „Kosten“ betrachtet werden. „In diesem Modell werden die Arbeitnehmer:innen benachteiligt. Man muss Unternehmen zeigen, dass Arbeitskräfte keine Kosten, sondern eine Investition sind. Es besteht ein direkter Zusammenhang zur Rentabilität eines Unternehmens, zum Beispiel durch die Schulung von Arbeitnehmerinnen und Managerinnen in sozialer Kompetenz, was zu einer Verbesserung der Kapitalrendite führt“, erklärte sie.

Weibliche Arbeitskräfte stärken

Nalini Shekar von der in Bangalore ansässigen Müllsammelstelle Hasiru Dala stimmte dem zu und betonte, dass die Stärkung der Rolle der Frauen entscheidend sei. „Wir plädieren dafür, in Müllsammlerinnen zu investieren, da sie Nano-Unternehmerinnen sind“, erklärte sie, „denn sie haben auch Einfluss auf das richtige Ökosystem, das durch die richtige Politik entsteht“. „Am Anfang war es schwierig, Frauen zu Unternehmerinnen zu machen, aber jetzt sind 50 Prozent der 84 Personen bei uns Frauen. Ihr Engagement ist viel größer und sie schaffen nicht nur mehr Arbeitsplätze, sondern auch ein Ökosystem mit bestimmten Regeln, wie zum Beispiel keinen Alkohol und keine Gewalt in ihrer Gemeinschaft.“

Bild: Hasiru Dala erhält den Circularity-Preis der Sankalp Global Awards 2023. Bild: Sumit Suryawanshi für FashionUnited

Kazi Faisal Bin Seraj von der internationalen Entwicklungsorganisation The Asia Foundation erwähnte in diesem Zusammenhang die Initiative „Oporajita“, was in Bangla „die Unbesiegten“ bedeutet. Zusammen mit der H&M Foundation zielt sie nicht nur auf die Ausbildung von Bekleidungsarbeiterinnen ab, sondern auch auf die Schaffung von Arbeitsplätzen für arbeitslose RMG-Beschäftigte in einer Kreislaufwirtschaft.

Textilien gehören nicht in den Müll

Shekar enthüllte, dass der größte Teil der bei Hasiru Dala gesammelten Abfälle Textilabfälle seien, auf deren Wiederverwendung sich die Organisation konzentriert habe. Derzeit gibt es 39 so genannte „Dry Waste“-Sammelstellen, die jede Woche 30 bis 200 Kilogramm Textilabfälle zu Tage fördern. [In Indien wird Abfall in zwei Hauptkategorien unterteilt: „nass“, das heißt alles, was biologisch abbaubar ist, und „trocken“ für alles andere, Anm. d. Red.] Früher wurden diese Textilabfälle auf Mülldeponien entsorgt, aber im Rahmen eines neuen Konzepts, das in Zusammenarbeit mit der Circular Apparel Innovation Factory (CAIF) von Intellecap in Mumbai entwickelt wurde, werden die Textilien nun getrennt gesammelt - 100 Tonnen wurden in nur wenigen Monaten vor der Mülldeponie bewahrt.

Es war überraschend zu hören, dass die größte Menge an Textilabfällen aus wirtschaftlich schwächeren Gemeinden stammt. Das liegt nicht daran, dass diese Familien selbst so viele Textilien und Kleidungsstücke kaufen, sondern dass sie sie von den Haushalten bekommen, in denen sie etwa als Putzkräfte, Fahrer und Köch:innen arbeiten. Ihre Arbeitgeber:innen werden so ihre alte Kleidung los, und sie nehmen sie an, weil sie das Gefühl haben, nicht „nein“ sagen zu können. Letztendlich landen die Sachen dann im Müll.

Konsum und Produktion einschränken

Krishna A., ein Müllsammler der dritten Generation (nach seiner Mutter und Großmutter), schaffte den Übergang zum Unternehmer und betreibt seit zehn Jahren erfolgreich eine Sammelstelle für Trockenabfälle in Bangalore. In dieser Zeit hat die Sammelstelle etwa 12 bis 13 Tonnen Kleidung vor der Mülldeponie bewahrt. Krishna hat sogar eine App entwickelt, um die Trennungsgewohnheiten der Menschen zu analysieren und ihnen bei der richtigen Mülltrennung zu helfen. „Ich habe auch drei Monate lang mit Studierenden aus den USA zusammengearbeitet, und wir haben herausgefunden, dass im System genug Kleidung enthalten ist, um für sieben Generationen zu reichen“, berichtete er und fügte hinzu: „Aber nur ein Prozent davon wird derzeit recycelt.“

Auf die Frage, wie Klimaschutz in der Modebranche umgesetzt werden kann, wies Leena Dandekar von der Raintree Foundation darauf hin, dass verantwortungsbewusste Konsumentscheidungen ein Teil der Lösung seien. „Die Teilnehmerinnen dieser Podiumsdiskussion tragen alle handgewebte Saris, weil sie nachhaltig sind“, bemerkte sie. „Strapazierfähigkeit und Langlebigkeit sind extrem wichtig in einer Welt von Fast Fashion, die vielleicht sechs bis acht Wochen für Herstellung und Versand benötigt. Und so lange wird sie dann auch nur auch getragen.“

Bild: Moderator Somatish Banerjee (links) mit Mansi Kabra, Leena Dandekar, Nalini Shekar (von links nach rechts). Die Rednerinnen kleideten sich bewusst in handgewebte Saris, weil sie nachhaltig sind. Bild: Sumit Suryawanshi für FashionUnited

Die verantwortungsvolle Reinigung von Kleidungsstücken, zum Beispiel mit probiotischen Reinigungsmitteln, gehört für Dandekar ebenfalls zum verantwortungsvollen Konsum. „Am besten wäre es, die Dienste von Nalini nicht in Anspruch zu nehmen. Kleidung sollte biologisch abbaubar sein, Fast Fashion ist unverantwortlich.“

Kabra stimmte dem zu und fügte hinzu: „Der Traum des Entwicklungssektors ist, dass er nicht länger nötig ist“, sagte sie. Mit Blick auf die größtmögliche Wirkung fügte sie hinzu, dass „jede Lösung eher einen Bottom-up- als einen Top-down-Ansatz beinhalten sollte“.

Reduce, Reuse, Recycle

Für Dandekar ist die Sache recht einfach, denn die Kreislaufwirtschaft ruht auf nur drei Säulen: Reduzieren, Wiederverwenden und Recyceln. „Reduzieren sollte immer an erster Stelle stehen. Danach sollte die Wiederverwendung kommen und erst dann sollte etwas recycelt werden“, gab sie zu bedenken.

Die letzte Frage, die Moderator Somatish Banerjee von Intellecap dem gesamten Podium stellte, lautete, wie ein gerechter Übergang für die Gemeinschaft der Müllsammler:innen erreicht werden kann. „Man muss den Arbeiter:innen eine Stimme geben und für faire Löhne und Sicherheit sorgen“, lautete Krishnas Meinung, die auch von Shekar geteilt wurde.

Für Dandekar geht es vor allem darum, dass sich die Wirtschaft insgesamt ändern muss, und darum, Aufklärung über einen verantwortungsvollen Lebensstil und verantwortungsvollen Konsum zu leisten.

„Als Geldgeber ist es wichtig, verlässliche Partner:innen zu finden, die mit den Menschen vor Ort vernetzt sind“, sagte Abeer Al Fouti, Global Initiatives, Alwaleed Philanthropies. Auch für Kabra ist die Zusammenarbeit von zentraler Bedeutung: „Es muss mehr Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer:innenn und Management geben. Es ist wichtig, dass die Stimme der Arbeitnehmer:innen gestärkt wird“, sagte sie. „Solange das nicht geschieht, werden wir Probleme lösen, die gar nicht existieren.“

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