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Zalando Mitgründer: Über Marktplätze, Kickz und die Bread & Butter

Von Regina Henkel

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Business |INTERVIEW

Die Uhren beim Online Riesen Zalando gehen schneller als anderswo. Entsprechend hoch ist die Taktung der Neuigkeiten, die von dort kommen. Gerade erst hat Zalando den Kauf des Basketball-Spezialisten Kickz gemeldet. Wie Zalando das Thema Integrated Commerce umsetzt und weiter vorantreiben will, darüber und über noch viel mehr haben wir mit David Schneider, Mitgründer und Vorstandsmitglied von Zalando, und Benjamin Krümel, VP Category Men & Specialty, gesprochen.

Zalando agiert als klassischer Retailer und als Marktplatz für Modemarken. Seit kurzem können auch Retailer Teil des Zalando-Netzwerks werden. Warum ist das interessant und wie genau läuft das?

David Schneider: Wir gehen weg vom reinen Retaildenken, es geht nicht nur darum, Ware rein- und rauszuverkaufen. Wir wollen in der Modewelt stärker als Plattform denken und innerhalb dieser Plattform die Stärken und Kompetenzen unterschiedlicher Akteure zu einem Netzwerk verbinden. Damit wollen wir für unseren Kunden das beste Einkaufserlebnis, egal von woher die Ware kommt. Deshalb können sich Marken und Retailer an uns andocken, was aktuell schon etwa 170 Marken im Zalando Partnerprogramm getan haben. Ganz neu hinzu gekommen ist z.B. gerade Oysho oder auch Engelhorn als klassischer Retailer. Ein nächster logischer Schritt in dieser Entwicklung ist die Anbindung lokaler Geschäfte, wie wir das beispielsweise in Berlin mit zwei Geschäften von adidas pilotiert haben. Die Ware kommt dann nicht unbedingt aus unserem Warenlager oder dem der Marke, sondern eben auch aus dem Warenlager der angebundenen Stores. Zudem haben seit Ende letzten Jahres auch kleine und mittelständische Unternehmen im Rahmen der Integrated Commerce Initiative die Möglichkeit, ihre Artikel über Zalando zu verkaufen. Mit Hilfe der Partner-Software „gax-System“ geben wir ausgewählte Bestellungen, die im Zalando Onlineshop eingehen, an die teilnehmenden stationären Fachhändler weiter. Wenn sie die passenden Artikel in ihrem Geschäft vorrätig haben, können sie die Ware direkt aus dem Laden an den Kunden versenden.

Wie viele Händler machen da aktuell schon mit?

David Schneider: Es sind noch nicht viele, etwa 40. Im Partnerprogramm sind es schon wesentlich mehr – hier sind wir auch im Sportbereich dabei, unser Angebot so stetig zu erweitern wie beispielsweise mit Engelhorn Ende letzten Jahres.

Weil Zalando da noch kein umfassendes Angebot aufgebaut hat?

Benjamin Krümel: Man glaubt es kaum, aber wir machen mit Sport und funktionaler Bekleidung für Training und Running einen geringen zweistelligen Prozentsatz unseres Umsatzes – trotz unserer hochgradig weiblichen Kundschaft. Sport Hardware ist dazu jedoch eine gute Ergänzung für unser Sortiment – in diesem Segment ist Engelhorn unter anderem ein guter Partner.

Sie haben gerade Kickz gekauft. Was hat Sie an Kicks interessiert?

Die neue Partnerschaft zwischen Kickz und Zalando passt sehr gut in unsere Plattform-Strategie. Wenn wir im Markt Möglichkeiten sehen, verschiedene Akteure mit einer einzigartigen Expertise in einem bestimmten Bereich zusammenzubringen, nehmen wir die Chance wahr. Die Stärke von Kickz liegt besonders im Basketball-Bereich, mit einer breiten und exklusiven Produktverfügbarkeit und einem großem Kundenstamm. Diese Expertise verbinden und unterstützen wir nun mit unserem Technologie- und Logistiknetzwerk. Über die Partnerschaft erhalten unsere Zalando-Kunden Zugang sowohl zu den neuesten Produkten, die sonst nur bei ausgewählten Anbietern erhältlich sind, als auch zu spannenden Inhalten in einer eigens kreierten Basketballwelt im Shop, die von Kickz kuratiert wird.

In welchen Ländern bieten Sie dieses Partnerprogramm an?

David Schneider: In insgesamt zehn Ländern derzeit, wobei es gerade weiter ausgebaut wird. Wichtig dabei ist, dass der Partner für die Kunden in Erscheinung tritt, der Kunde weiß also, dass er hier zwar über unsere Website einkauft, aber von einem angeschlossenen Händler die Ware bekommt. Für den Kunden ist das aber ohnehin schon Normalität.

Wie entscheiden Sie, wer die Transaktion abschließt?

Benjamin Krümel: Jedes Produkt ist in unserem Store von nur einem Anbieter verfügbar – wir sind ein geschlossener Marktplatz. Die finale Transaktion ist von mehreren Faktoren abhängig: reden wir beispielsweise von einem kleinen lokalen Händler, können die Mitarbeiter im Laden über die vorhin erwähnte Software innerhalb von drei Stunden entscheiden, ob sie die Auftragsabwicklung übernehmen möchten – eine Art Artikelbörse. Wenn wir z.B. sehen, ein Kunde aus Berlin hat einen Artikel gekauft, der in einem Berliner Store vorrätig ist, dann soll der Store den Artikel liefern. Derjenige, der das Produkt am schnellsten zum Kunden bringen kann. Sonst übernehmen wir oder wenn es ein Artikel aus dem Partnerprogramm ist, unserer Partner den Versand an den Kunden.

Nun ist das Sortiment von Zalando schon so riesig, dass die schiere Masse für manch einen schon abschreckend wirkt. Warum brauchen Sie ein noch größeres Sortiment?

Benjamin Krümel: Das ist eine interessante Debatte. Man kann ja noch ganz anders als nur durch eine große Auswahl für Kunden Relevanz schaffen: Nämlich durch Kuratieren und Personalisieren. Darum geht es. Deshalb geht es uns nicht nur um die transaktionale Denke, es geht um Inspiration, um relevante Modeinhalte und Beratung. Da passiert gerade sehr viel. Wir wollen zum Beispiel Stylisten mit Konsumenten verbinden und ihnen zu bestimmten Anlässen beratend zur Seite stehen. Wir beziehen unsere Partner eng in die Sortimentsgestaltung mit ein. Über so genannte Brand Shops haben Marken bei uns die Möglichkeit, ihre Produkte so zu kuratieren und Inhalte darzustellen, wie sie es möchten. Wir geben ihnen die richtigen Analyse Tools an die Hand und unterstützen sie, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Je mehr ein Partner mitmacht und integriert ist, desto spannender wird es. Der Partner kann viel darüber lernen, wie man digital erfolgreich ist.

Worauf basieren Ihre Informationen zum Personalisieren? Wird es nicht schnell langweilig, wenn man als Kunde nur das gezeigt bekommt, was man schon kennt?

David Schneider: Für den Kunden ist es natürlich langweilig, wenn er immer nur das gezeigt bekommt, was er schon kennt. Deshalb darf man nicht nur vergangenheitsbasierte Vorschläge machen. Man muss intelligente Lösungen finden, Daten, Marken und Präferenzen zu korrelieren. Ich kann nicht behaupten, dass alles schon perfekt ist, aber es entwickelt sich.

Wieviele Retail-Partner möchten Sie noch für sich gewinnen?

David Schneider: Das können sehr viele sein. Allerdings nur solche, die ein besonderes Sortiment haben oder sonst ein Alleinstellungsmerkmal. Die Zusammenarbeit ist vor allem dann interessant, wenn man für den Kunden ein besseres Einkaufserlebnis erzielt. Grundsätzlich muss man aber sagen: Wholesale bleibt dominant, das ist unsere Kernstärke. Bei all unseren Überlegungen zur Vernetzung der Modewelt geht es darum, dem Kunden einen Mehrwert zu bieten und nicht darum, das Warenrisiko abzugeben.

Sie haben gerade von Ihrer hochgradig weiblichen Zielgruppe gesprochen. Wie wollen Sie die Männer für sich gewinnen?

Benjamin Krümel: Männer werden im Fokus unserer März-Kampagne stehen. Sie sind sehr an Mode und dem richtigen Style interessiert. Dieses Potenzial wollen wir noch stärker nutzen. Unseren Beratungsservice Zalon nutzen z.B. schon viele Männer, da bestätigen sich viele Klischees, und wir lernen viel dazu. Wir haben uns in der Vergangenheit viel darauf konzentriert, Zalando bei Frauen als Anlaufstelle für Mode zu etablieren. Jetzt mit unserer neuen Männer-Kampagne wollen wir das ändern und mehr Männer inspirieren. Und ihnen zeigen, dass Zalando die Go-to-Destination sein kann, um ihren persönlichen Stil zu finden.

Im September hat die erste Bread & Butter unter Ihrer Leitung stattgefunden. Wie war das Ergebnis?

David Schneider: Wir haben ein extrem gutes Feedback auf die Veranstaltung bekommen und waren teilweise sogar selbst überrascht. Wir wussten ja bis zum Schluss nicht, ob es die Kunden annehmen würden, wie es auf sie wirkt. Überraschend war, dass das Publikum nicht nur aus Berlin kam, überhaupt nur 50 Prozent der Besucher kam aus Berlin, ein Viertel aus anderen Teilen Deutschlands und der Rest war international. Sechs Millionen Menschen haben sich das Event per Livestream angesehen! Für die Marken war das natürlich extrem spannend.

Und eine große Herausforderung, oder?

David Schneider: Ja, man hatte den Eindruck, dass es für manche Marken auch verwirrend war, dass ein Händler so ein riesiges Kundenevent macht und dabei als Gastgeber auftritt. Man hatte auch das Gefühl, dass eine Art Konkurrenz zwischen den Marken entstanden ist, wer die beste Idee hat - was nur gut für die Veranstaltung und die Besucher sein kann.

Welche Schlüsse haben Sie aus der ersten Veranstaltung gezogen? Was wird beim nächsten Mal anders sein?

David Schneider: Es wird größer, und man wird mehr Produkte erleben können. Bei der ersten Bread & Butter hat vielen die Vorlaufzeit gefehlt. Beim nächsten Mal wollen die Marken stärkere und exklusivere Produkte zeigen. Die Gliederung der Bereiche in Shows, Labs etc. soll verbessert werden und das Briefing für die Marken. Aber natürlich soll der Entertainment Charakter dabei nicht leiden.

Denken Sie daran, das Event zu multiplizieren an anderen Orten?

David Schneider: Die Bread & Butter ist ein riesiges Testfeld. Ideen haben wir viele, aber ob es später Ableger geben wird, muss man sehen. Bisher amplifizieren wir den Content nur digital über unsere eigenen Kanäle.

Derzeit sieht man verstärkt, dass Online Player auch offline Stores eröffnen. Wie sehen Sie das?

David Schneider: Wir haben unsere Outlets und die Bread & Butter. Zudem haben wir gerade erst über die Akquise von Kickz berichtet, die ebenfalls stationäre Geschäfte führen. Bei uns wird stationär eher als Erlebniswelt verstanden, nicht als reiner Umsatzbringer. Klassische Stores sehen wir deshalb eher nicht. Wir messen auch die Bread & Butter nicht am Umsatz, sondern in Reichweite und Impressions. Die Bread & Butter ist in erster Linie eine Marketing-Investition, mit der wir Zalando und unsere Markenpartner offline erlebbar machen. Wir haben 65 Prozent organische Reichweite erzielt, das wäre mit einer klassischen Kampagne nicht möglich gewesen.

Foto & Grafik: Zalando / Foto: Benjamin Krümel (links), David Schneider (rechts)

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