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Barrierefreiheit im Einzelhandel: Das Einkaufserlebnis für alle verbessern

Von Caitlyn Terra

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Der belgische Retailer Zeb will das Einkaufserlebnis verbessern. Bild: Zeb

Wer sich Barrierefreiheit im Einzelhandel vorstellt, denkt schnell an die physische Zugänglichkeit. So hilft eine Rampe anstatt einer Treppe Rollstuhlfahrer:innen oder Menschen mit Gehhilfen oder Kinderwagen, Räumlichkeiten leichter zu betreten. Seltener werden Dienstleistungen für Menschen mit Seh- und Hörbehinderungen, geistigen Behinderungen oder neurodiverse Menschen mit ADS, Autismus und Hochsensibilität angeboten.

In Belgien wurde vergangenes Jahr die Initiative ‘De warmste Entree’ (zu Deutsch ‘der wärmste Eintritt’) ins Leben gerufen, die sich mit Barrierefreiheit im Einzelhandel befasst. Das Projekt ist eine Partnerschaft zwischen der belgischen Handelsvertretung Comeos und den flämischen Fachzentren für Barrierefreiheit Inter und Cawab. Mit Hilfe von Webinaren und einer Website bietet es einen digitalen Leitfaden mit Tipps und Fallstudien sowie Informationen über Rechtsvorschriften zu Unterthemen, wie die lokalen Gesetzgebungen zum behindertengerechten Parken, an.

Der Stein kam ins Rollen, als Comeos vor einigen Jahren eine Studie über die soziale Verantwortung von Unternehmen durchführte. Dabei stellte sich heraus, dass der Barrierefreiheit im Einzelhandel nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt wurde. „Die Branche hat sich nicht sehr um Barrierefreiheit gekümmert“, erklärte Nathalie De Greve, Director Sustainability von Comeos. Um Barrierefreiheit auf die Tagesordnung zu setzen, wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet und ein Aktionsplan erstellt. Finanziert wurde die Initiative durch einen Sonderzuschlag auf den Verkauf von Schutzmasken, der normalerweise für wohltätige Zwecke bestimmt war.

Der belgische Retailer Zeb will das Einkaufserlebnis verbessern. Bild: Zeb

Schon kleine Anpassungen bewirken viel

Auf der Website finden sich Informationen zu Niveauunterschieden, Toiletten, Ladengestaltung, Beleuchtung und Akustik, aber auch zu Management und Verwaltung sowie Kommunikation. Das wichtigste Ziel der Initiative ist jedoch zunächst die Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit.

„Wir möchten die Verwaltung informieren, aber auch Designer:innen, die für alle entwerfen. Ebenfalls das Geschäftspersonal kann lernen, wie man Kund:innen freundlich empfängt“, erklärt Kathleen Polders, Beraterin bei Inter. Oft halte die Angst, etwas falsch zu machen, Unternehmer:innen und das Verkaufspersonal davon ab, aktiv zu werden. Mit der richtigen Schulung und Information könne diese Angst überwunden werden. Die Plattform unterscheidet zwischen Menschen mit motorischen Behinderungen, Sehbehinderungen, Hörbehinderungen, geistigen Behinderungen und neurodivergenten Menschen.

Bereits kleine Anpassungen können die Zugänglichkeit verbessern: Eine gute Beleuchtung hilft Hörgeschädigten, besser von den Lippen ablesen zu können. Auch die Einführung einer reizarmen Stunde (oder eines längeren Zeitraums) für Menschen mit Aufmerksamkeitsstörungen oder Überempfindlichkeit wirkt sich positiv aus. Das Bereitstellen von Kleiderhaken auf niedrigeren Ebenen lässt Rollstuhlfahrer:innen sie leichter erreichen. Polders wies darauf hin, dass nicht alle Unternehmer:innen Platz haben, um Ankleiden für Rollstuhlfahrer:innen oder Eltern mit Kinderwagen größer zu gestalten. Hier sollte den Kund:innen die Möglichkeit geboten werden, Ware zu Hause anzuprobieren und zurückgeben zu können.

Für Einzelhändler:innen ist es von großer Wichtigkeit, Maßnahmen zu ergreifen und Menschen mit Behinderungen zu zeigen, dass sie in dieses Geschäft kommen können. Kommunikation und Information gehen in beide Richtungen, betonte Polders. „Wir richten uns an Einzelhändler:innen, damit sie wissen, welche Schritte unternommen werden können, aber auch an Kunden:innen, um ihnen mitzuteilen, wo sie einkaufen können.“ Letztlich sollen sich alle Menschen, ob mit oder ohne Behinderung, im Einzelhandel willkommen fühlen und darauf vertrauen können, dass sie gut aufgehoben sind und ihnen geholfen wird, wenn sie es wünschen.

Der belgische Retailer Zeb will das Einkaufserlebnis verbessern. Bild: Zeb

Ständige Weiterentwicklung

Sowohl De Greve als auch Polders weisen darauf hin, dass ‘De warmste Entree’ ein mehrjähriges Projekt sein soll, das sich ständig weiterentwickeln wird. Webinare konzentrieren sich derzeit auf einen kundenfreundlichen Empfang in physischen Geschäften, aber die Zugänglichkeit von Online-Shops ist ebenso wichtig. 2025 wird ein neues europäisches Gesetz zur Barrierefreiheit in Kraft treten und unter anderem für die Barrierefreiheit im E-Commerce gelten.

Auch die Einführung des Accessibility Award sei ein Thema, so De Greve. Dieser Preis wird an Einzelhändler:innen verliehen, die ein positives Beispiel darstellen. ‘De warmste Entree’ soll auf nationaler und internationaler Ebene ein Vorbild dafür sein, wie der Einzelhandel alle Kund:innen empfangen kann – eine Initiative, die man im Auge behalten sollte.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.nl. Übersetzt und bearbeitet von Heide Halama.

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