Braun Hamburg: „Wir glauben weiterhin an gute Geschäfte und vernünftige Umsätze“
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Lars Braun leitet seit 1996 – in dritter Generation – Braun Hamburg. Der Menswear-Händler betreibt in der Hansestadt zwei eigene Läden im Luxussegment und einen Pop-up-Store der kanadischen Outerwear-Marke Moose Knuckles. Während der Corona-bedingten Schließung der Stores, setzt Braun auf seinen Onlineshop. Der wurde bereits 2009 eröffnet und läuft auch jetzt gut.
FashionUnited sprach mit dem Braun-Geschäftsführer darüber, wie er in der laufenden Orderrunde für FW21 einkauft, welche Produkte sich online verkaufen, und was seinen Webshop gegenüber größeren Online-Playern auszeichnet.
Herr Braun, in einem Instagram-Post haben Sie geschrieben “Nur der Optimist ist ein Realist” . Was meinen Sie damit?
Optimistisch und positiv in die Zukunft blicken. Wie gehe ich am besten mit der Welt jetzt um – und sich einfach fragt, ist das jetzt richtig oder falsch? Wenn man optimistisch an die Sache ran geht, dann hat man auch realistischer Erfolg.
Wie geht es Braun Hamburg während der Corona-Zeit?
Im Vergleich zu anderen Händlern ohne Multichannel-Strategie haben wir einen Onlineshop, auf den wir nach der temporären Schließung unserer lokalen Stores in Hamburg umso stärker setzen können. Ich bin auch stolz, inmitten der Coronazeit einen kompletten Relaunch des Shops vollzogen zu haben, der mit neuem Design und einer großen Produktvielfalt bei unseren Kunden gut ankommt.
Gibt es Produkte, die sich online besser verkaufen als in den Läden?
Andersherum: Es gibt Produkte, die sich online schlechter verkaufen als in den Geschäften. Das betrifft das ganze Thema “klassische Konfektion”: Der Verkauf eines Anzugs beispielsweise ist beratungsintensiver. Der Kunde möchte sich dabei vor dem Spiegel sehen und möchte gegebenenfalls alles auf Maß perfekt abgesteckt haben. Kurz gesagt: Hier ist der Anspruch des Kauferlebnisses ein anderer, als im Onlineshop. Das können wir verständlicherweise online nicht so gut anbieten.
T-Shirts hingegen sind natürlich online deutlich schneller zu verkaufen und dann geht entsprechend mehr. Das sind natürlich auch Artikel, die wir stationär verkaufen – am Ende des Tages funktionieren die online dann besser.
Kaufen Sie für die aktuelle Ordersaison anders ein?
Nein! Wir glauben weiterhin an gute Geschäfte und vernünftige Umsätze. Wir haben immer modern gekauft. Immer nach vorne gerichtet gekauft. Und für mich heißt nach vorne gerichtet zu kaufen, sich mit dem Zeitgeist zu beschäftigen. Wir kaufen weiterhin auch formellere Sachen, da sie weiterhin ihre Daseinsberechtigung haben werden – nur in neuer, moderner Variante. Unser Krawatten-Einkauf ist aktuell nicht mehr so groß, aber alles andere wird weiterhin ganz normal gekauft. Also nein, da gibt es keine Veränderungen.
Gerade im E-Commerce gibt es einige Big Player, die eine große Auswahl bieten. Was hebt Sie dabei hervor?
Unser Vorteil liegt darin, dass wir näher am Kunden-Feedback dran sind, weil wir stationär spüren, was der Kunde will, was er nicht will und was für Wünsche er hat, die wir ihm leider nicht erfüllen können. Der große, entscheidende Unterschied ist, dass wir glauben, dichter am Puls der Zeit zu sein. Wir sehen ja auch viel schneller, warum sich Artikel verkaufen und nicht verkaufen, weil man Feedback zum Thema Passform bekommt.
Gerade auch viele lokale Stores haben während des Lockdowns Soziale Netzwerke als Präsentationsfläche für sich entdeckt. Wie stehen Sie dazu?
Das muss man ein bisschen detaillierter betrachten: Wie groß ist mein Geschäft, in welcher Gegend ist mein Geschäft, wie erreiche ich meinen Kunden und wie hoch ist die Stammkunden-Treue?
Wir betreiben das Thema natürlich auch, aber nicht ganz so bis ins allerkleinste Detail. Sprich: Neben Facebook, Instagram und Pinterest haben wir die Integration anderer sozialer Netzwerke, wie zum Beispiel Whatsapp Business, bisher nicht priorisiert. Wir haben zwar Verkäufe über Facebook und Instagram vorangetrieben, keine Frage. Aber der Fokus liegt nach wie vor auf dem Onlineshop, der gut funktioniert – auch mit dem Verzicht einiger Tools [Anm. d. Red. Soziale Netzwerke und andere Kommunikationskanäle], die von anderen Wettbewerbern intensiv genutzt werden. Nichtsdestotrotz prüfen wir immer neue digitale Zugänge und wägen ab, inwiefern sie für uns von Nutzen sind.
Online haben Sie ja auch Ihre eigenen Favoriten unter “Selected by Lars Braun” aufgeführt. Worauf sollten die Herren für Herbst/Winter 21 nicht verzichten?
Mein persönlicher Modeausblick für die Herbst/Winter Saison 2021 ist simpel und gilt für jede weitere Saison: Kleidung zu wählen, die zu einem passt. Meiner Meinung nach muss man nicht jedem Trend gerecht werden. Mit der Masse mitzugehen, ist menschlich, aber ich denke, man muss sich davon lossagen, um einen eigenen Stil zu finden. Mein Rat ist daher: Jeder sollten anfangen, das anzuziehen, was zu ihm passt – indem er gut gekleidet und nicht verkleidet ist.
Einen persönlichen Stil zu entwickeln, ist immer eine gute Idee. Gibt es dennoch modische Strömungen, die den aktuellen Zeitgeist eher als andere treffen?
Es gibt vereinzelt gute Trends, die sich stärker abzeichnen. Dazu gehört, dass alles jetzt etwas weiter getragen wird und nicht mehr so eng am Körper sitzen muss. Insgesamt wird alles ein bisschen länger, lässiger und entspannter. Wenn das interessant umgesetzt wird, finde ich das gut. Allerdings gibt es darüber hinaus nicht viele Trends, die ich auf Anhieb empfehle. Ich bevorzuge einen klassischen, aber modernen Stil für den Mann.
Sie haben einmal gesagt, dass Sie lieber durch die Frontscheibe blicken, als durch den Rückspiegel. Was sehen Sie dort?
Zum einen sehe ich da einen steigenden Wettbewerb im Onlinegeschäft, weil jetzt alle darauf setzen. Da sehe ich zum anderen ein großes Problem der deutschen Innenstädte, weil sie alle von Leerständen bedroht sind – die Attraktivität der Innenstädte lässt leider nach. Ich sehe ein hoffentlich baldiges Ende der Corona-Pandemie. Aber ich sehe natürlich auch eine Bewusstseins- und Verhaltensänderung der Menschen. Und ich glaube nach wie vor, dass die beiden Kanäle des Online- und stationären Handels immer noch nebeneinander existieren können und werden. Ich bin ganz positiv gestimmt für die Zukunft.
Foto: Braun Hamburg – Kaisergalerie
Titelbild: Lars Braun / Braun Hamburg