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Brax-Managerin über Gehaltsfragen und kreatives Recruiting im angespannten Modearbeitsmarkt

Von Weixin Zha

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Einzelhandel |Interview

Der Brax-Store in Hamburg Credits: Brax

Die Fluktuation in den Läden ist weiter hoch, gute Talente zu finden ist trotz der angespannten Situation in der Modebranche oft nicht einfach. Bekleidungsunternehmen müssen bei ihrer Suche kreativ werden und ein attraktives Paket aus Gehalt und Zusatzleistungen schnüren, um Mitarbeitenden im Retail zu halten.

Bei Brax Leineweber arbeiten rund 320 von 1100 Beschäftigten in den Stores und Outlets in Deutschland, Österreich, Belgien und den Niederlanden. Wie geht Brax den derzeit angespannten Mode-Arbeitsmarkt an? Im Interview spricht Christin Laumann, Head of People & Culture Retail & International Sales, über den Einstellungsprozess, Gehaltserhöhungen und was Brax den Mitarbeitenden sonst noch bietet.

Wie empfinden Sie den Arbeitsmarkt der Modebranche derzeit?

Christin Laumann: Der Mode-Arbeitsmarkt ist sehr anspruchsvoll und sehr hart umkämpft. Viele Verkäufer:innen sind in andere Branchen abgewandert – beispielsweise in den Food-Bereich oder ins Büro. Nach Corona gab es bei der Abwanderung den Höhepunkt. Wir sind mittlerweile als Arbeitgebende gezwungen, kreativ zu werden und unkonventionelle Wege zu gehen, um gutes Personal zu finden. Quereinsteiger:innen sind mittlerweile gerne gesehen, vor allem aus service-orientierten Bereichen.

Was bedeutet dieses Umfeld für den Einstellungsprozess?

Beim Einstellungsprozess gilt: Schnell, schneller, am schnellsten. Wir wollen nicht erst die mündliche Zusage geben, wenn Konkurrenten schon den Vertrag vorgelegt haben. Daher müssen wir unser Bestes geben, die besten Talente schnell und unkompliziert an Bord zu holen.

Ist die Anzahl der offenen Stellen höher als die der Jobsuchenden in Ihrem Bereich Retail und International Sales?

Tatsächlich ja, beziehungsweise dauert der Bewerbungsprozess etwas länger. Normalerweise sind wir sehr zügig in der Nachbesetzung. Je nach Standort brauchen wir jedoch mehr Zeit als früher.

Christin Laumann, Head of People & Culture Retail & International Sales bei Brax Leineweber. Credits: Christin Laumann

Können Sie schätzen, wie viel weniger Bewerbungen als früher eingehen?

Nach Corona würde ich schätzen, dass 20 bis 25 Prozent weniger qualifizierte Bewerbungen zugestellt werden.

Ist das Gehaltslevel durch die angespannte Situation am Mode-Arbeitsmarkt gestiegen oder achten Unternehmen darauf, dass die Kosten hier nicht aus dem Ruder laufen?

Ja, das fängt mit dem Mindestlohn an, der stetig erhöht wird. Wir schauen schon, dass wir bei Brax auf einem anderen Level bezahlen, aber müssen uns auch den Marktgegebenheiten anpassen und kontinuierlich Gehaltsanpassungen vornehmen.

Warum ist es wichtig, das Gehalt von Mitarbeiter:innen kontinuierlich anzupassen?

Wenn mal ein, zwei Jahre nichts kommt, wird das bei den Arbeitnehmenden sehr negativ aufgefasst und da schauen wir schon, dass wir regelmäßige Gehaltsanpassungen vornehmen. Bei Neueinstellungen habe ich die Erfahrungen gemacht, dass die Ansprüche schon sehr gehoben sind, was das Gehaltslevel angeht. Dann ist es nur fair, das Gehaltsniveau der eigenen Mitarbeitenden anzupassen. Die Fluktuation bei uns im Retail ist höher als in vielen anderen Branchen, oder gegenüber dem Headquarter von Brax.

Können Sie sagen, wie hoch sie ist?

Die Bindung an den Arbeitgebenden ist durch die geografische Entfernung nicht immer so einfach zu vermitteln. Bei der Fluktuation können wir uns aber nicht beschweren, wir liegen da bei 12,9 Prozent im Jahr – die Rentner:innen und Schließungen nicht einbezogen – bei Leineweber liegen wir bei 3,7 Prozent.

Verraten Sie uns auch, wie hoch die Gehaltsanpassungen waren?

Wir lagen im letzten Jahr bei fünf Prozent und dieses Jahr bei nochmal drei Prozent. Hier sind unsere weiteren Benefits sowie zwei Inflationszuschüsse nicht berücksichtigt.

Wenn wir jetzt spezifisch über die Rekrutierung von Mitarbeitenden für Brax sprechen – hilft es, dass das Unternehmen nicht negativ in den Schlagzeilen steht?

Das kann ich bejahen. Brax ist schon ein Name am Markt, der positiv besetzt ist. Ich kann mich nicht beschweren, was den Bewerbungseingang angeht. Wir versuchen in den Bewerbungsgesprächen schon herauszustellen, dass wir ein sehr solventes Unternehmen sind und überdurchschnittlich gut da stehen. Aber auch wir haben mit schwierigen Standorten zu kämpfen.

Welche Orte sind das?

Aktuell sind Städte wie Freiburg, Salzburg, Rostock schwierig. Es ist vor allem dort, wo die Arbeitslosenquote sehr, sehr gering ist. Da müssen wir kreative Wege gehen – wie zum Beispiel offene Bewerbungstage anbieten, wo der Bewerbungsprozess so leicht wie möglich gemacht wird. Potentielle Kandidat:innen müssen nicht aktiv im Internet suchen, sondern können spontan vorbeikommen und gegebenenfalls ein paar Fragen in einer lockeren Atmosphäre beantworten. Wir suchen auch über Social Media, wo wir nicht potentiell Arbeitssuchende abgreifen, sondern Kandidat:innen, die wechselwillig sind.

Haben Insolvenzen in der Modebranche dazu beigetragen, dass mehr Arbeitssuchende auf den Markt kommen?

Wenn wir von Insolvenzen hören, schauen wir, ob wir an dem Standort vertreten sind, wo die anderen Stores schließen und sprechen gegebenenfalls Kandidat:innen an oder nehmen Kontakt mit den HR-Manager:innen auf. Es muss auch zeitlich und örtlich passen. Aber wir freuen uns, Mitarbeitende zu übernehmen, die noch den letzten Schritt mitgegangen sind und nicht wieder in einer sehr langen Bewerbungsprozess landen möchten.

Aber trotz der Insolvenzen in der Modebranche sind weiterhin mehr Unternehmen als Kandidat:innen auf der Suche?

Ja, es ist immer noch ein Arbeitnehmer:innenmarkt.

Das Brax-Paket für Mitarbeitende auf einem Blick:

  • 36 Urlaubstage und zwei Feel-Good-Tage
  • bis zu 60 Prozent Personal-Rabatt auf die Kollektion
  • Rabatte bei zahlreichen Kooperationspartnern
  • Leasing von einem E-Bike oder ein normales Fahrrad
  • 25 Euro Zuschuss zum Job-Ticket
  • 300 Euro für eine Zusatzkrankenversicherung nur für Retail-Mitarbeitende. Was eingereicht werden kann: Sehhilfen bis 180 Euro im Jahr, operative Korrektur der Sehschärfe, Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, Zahnvorsorge bis 80 Euro im Jahr, Zahnbehandlung, Zahnersatz, Naturheilverfahren. Eine App verringert den Aufwand für Angestellte und Unternehmen
  • Regelmäßiges Flächentraining
  • Minutengenaue Überstundenerfassung
  • Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie ein attraktives Team-Prämiensystem

Wie locken Sie die Kandidat:innen neben dem Gehalt?

Wir achten darauf, den Bewerbungsprozess möglichst einfach zu gestalten. Ansonsten haben wir noch ein riesengroßes Paket, womit wir versuchen viel abzudecken. Ein unbefristeter Vertrag ist wichtig, was den Mitarbeitenden auch ein gutes und sicheres Gefühl geben soll. Wenn wir uns für eine Person entscheiden, dann sind wir uns sicher, dass sie auch passt und stellen durchwegs unbefristete Verträge aus. Wir zahlen Urlaubs- und Weihnachtsgeld und haben noch Teamprämien, die wir monatlich auszahlen.

Neben der monetären Vergütung kommen Sie Mitarbeitenden auch bei Zeitplanung, Urlaub und Flexibilität entgegen.

Die 36 Urlaubstage sind der Standard bei einer Sechs-Tage-Woche bei vielen Unternehmen im Verkaufsbereich. Wir geben noch die zwei zusätzlichen Feel-Good-Tage, denn Brax hat auch den Slogan “Feel good.” Eine weitere Besonderheit ist die Personal-Einsatzplanung, die monatlich stattfindet. So können die Mitarbeitenden den Monat schon so planen, wie es am besten passt, beispielsweise werden Arzttermine dabei schon berücksichtigt. Wir haben eine minutengenaue Überstundenerfassung. Das heißt, wenn man nicht um 20 Uhr den Laden schließt, sondern es ist noch Kundschaft da, dann wird das minutengenau erfasst.

Dann haben Sie noch Leistungen wie E-Bikes, eine Zusatzkrankenversicherungen und bis zu 60 Prozent Personalrabatt. Was empfinden Mitarbeitende aus diesem großen Paket als besonders attraktiv?

Besonders attraktiv sind die zusätzlichen Feel-good-Tage. Es ist wichtig, den Gedanken der Work-Life-Balance stärker in den Fokus zu rücken. Die zusätzliche Krankenversicherung findet auch großen Anklang. Und wir haben eine sehr wertschätzende Arbeitsatmosphäre.

Was ist der Standard im Mode-Retail heutzutage? Ist es der unbefristete Vertrag?

Ich beobachte auch, dass ein unbefristeter Vertrag immer gängiger wird, aber es ist leider noch nicht der Standard. Es gibt viele andere Unternehmen, die immer noch befristen. Ich würde ungern Standards nennen. Das E-Bike oder Fahrrad-Leasing ist oft ein fester Bestandteil, aber ansonsten bin ich der Meinung, dass jeder sein eigenes Benefit-Paket schnürt, wie ein maßgeschneiderter Anzug, der perfekt sitzt. Da geht es nicht um den klassischen Obstkorb, sondern auch monetäre Vorteile, die über das Grundgehalt hinausgehen und die Möglichkeit zur Work-Life-Balance. Es zählt am Ende des Tages, dass alle Arbeit und Freizeit gut in Einklang bringen können.

Gibt es etwas für die Zukunft, an dem Sie derzeit arbeiten?

Wir diskutieren und überprüfen permanent unsere Standards. Wir wollen sicherstellen, dass wir den Wünschen nicht nur gerecht werden, sondern proaktiv meistern. Jedes Jahr müssen wir hinterfragen, was am Markt gewünscht wird und was wir bei Brax zusätzlich bieten können. Wir nehmen uns dabei auch die Zeit, die Rahmenbedingungen genau zu betrachten – insbesondere, dass die steuerfreien Beträge ausgenutzt werden.

Zusammenfassung
  • Brax begegnet dem angespannten Mode-Arbeitsmarkt mit kreativem Recruiting und attraktiven Gehalts- und Zusatzleistungen.
  • Neben Gehaltsanpassungen bietet Brax Benefits wie zusätzliche Urlaubstage, Personalrabatte und Zuschüsse zu Krankenversicherung und Jobticket.
  • Der Fokus liegt auf einem einfachen Bewerbungsprozess, unbefristeten Verträgen und einer wertschätzenden Arbeitsatmosphäre zur Mitarbeitendenbindung.
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