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Der Handel denkt kleiner: Nachfrage nach großen Ladenflächen deutlich gesunken

Von Jan Schroder

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Einzelhandel |STUDIE

In den vergangenen Jahren waren internationale Konzerne, die in Deutschland expandieren wollten, gezielt auf der Suche nach großen Räumlichkeiten in attraktiven Großstädten. Laut einer Studie des Maklerhauses JLL ist dieser Trend gebrochen. Zwar wurden zuletzt mehr Mietverträge für Ladenflächen abgeschlossen, dies betraf aber zunehmend kleinere Einheiten: In den vergangenen Monaten registrierten die Immobilienexperten „kaum Großdeals im Einzelhandel“. Die neu vermietete Gesamtfläche schrumpfte daher im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich. Außerdem holten kleinere Städte gegenüber den Metropolen beim Flächenumsatz auf.

Für das dritte Vierteljahr ermittelten das auf Einzelhandelsflächen spezialisierte Immobilienunternehmen 312 Neuvermietungen mit einer Gesamtfläche von 124.300 Quadratmetern. Im Vorjahresquartal hatte es lediglich 264 Abschlüsse registriert, die aber 134.400 Quadratmeter umfassten. „Standen in den vergangen Quartalen die Großflächen im Fokus der Einzelhändler, so zeichnete sich für das dritte Quartal eine höhere Nachfrage für Flächen zwischen 100 und 500 Quadratmetern ab“, erklärten die Verfasser der Studie. Gegenüber dem Vorquartal sei der Anteil dieser kleinen bis mittelgroßen Flächen an der Gesamtanzahl der Neuvermietungen von zwanzig auf dreißig Prozent gestiegen. Insgesamt war die neu vermietet Gesamtfläche in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres elf Prozent kleiner als im Vorjahreszeitraum.

Fundamentale Veränderungen im Einzelhandel lassen die Unternehmen vorsichtiger werden

Nun spielt das Angebot bei solchen Entwicklungen ein Rolle: Die Errichtung großer Einkaufszentren sorgt beispielsweise dafür, dass überhaupt Flächen einer bestimmten Größe an begehrten Standorten zur Verfügung stehen. Dirk Wichner, Head of Retail Leasing Germany bei JLL, deutet die Veränderungen im Mietverhalten aber auch als Symptom für eine steigende Zurückhaltung der Unternehmen: „Trotz sehr guter konjunktureller Vorgaben und einer lebendigen Binnennachfrage agieren die Akteure auf dem deutschen Einzelhandelsvermietungsmarkt vorsichtig“, erklärte er. Daran könnten auch ein Konsumklima „auf enorm hohen Niveau“ und große Erwartungen für das bevorstehende Weihnachtsgeschäft derzeit nichts ändern. „Das nimmt vielen Einzelhändlern nicht die Sorgen vor dem Onlinehandel und tiefgreifenden strukturellen Veränderungen“, sagte er. Schließlich bedeute der Abschluss eines Mietvertrags eine langfristige Verpflichtung: „Sich jetzt für 10 Jahre an eine Standortentscheidung zu binden ist daher momentan ein großer Schritt für potentielle Mieter, die sich diesen Schritt sehr sorgfältig überlegen und alle Alternativen am Markt intensiv prüfen“, sagte Wichner.

Der Anteil der wichtigsten Metropolen am Flächenumsatz ging zuletzt deutlich zurück

Nicht nur bei den ganz großen Flächen, sondern auch in den ganz großen Städte zeichnete sich im abgelaufenen Quartal einen Rückgang der Neuvermietungen ab: Der Anteil der zehn wichtigsten Metropolen hierzulande sank sowohl bei den Vertragsabschlüssen als auch bei den neu vermieteten Quadratmetern. Nur noch 36.000 Quadratmeter, also 23 Prozent des Gesamtvolumens, entfielen im dritten Quartal auf die Top Ten der deutschen Einkaufsstädte. Im Vorquartal waren es noch fünfzig Prozent gewesen. „Dies ist der niedrigste Wert, der in den letzten drei Jahren zu verzeichnen war“, resümierten die Immobilienexperten. In den Metropolen habe es im Vergleich zu den Vormonaten „vor allem an Großvermietungen“ gefehlt.

Ablesbar ist der relative Bedeutungsverlust der Metropolen auch an der Entwicklung des Flächenumsatz in den ersten neun Monaten: Berlin liegt in diesem Jahr zwar weiterhin an der Spitze, die Gesamtfläche der Neuvermietungen lag mit 30.500 Quadratmetern aber um 29 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Auch in Hamburg ging die Nachfrage deutlich zurück (18.900 Quadratmeter, -43 Prozent). Köln konnte sich mit immerhin 16.900 Quadratmetern (+18 Prozent) auf Platz drei vorschieben, weil die Flächenumsätze in Frankfurt am Main (14.700 Quadratmeter, -37 Prozent) und Stuttgart (8.000 Quadratmeter, -59 Prozent) deutlich niedriger ausfielen als im ersten Dreivierteljahr 2014. Zuwächse konnten demgegenüber München (14.600 Quadratmeter, +3 Prozent) und insbesondere Düsseldorf (10.000 Quadratmeter, +85 Prozent), Leipzig (9.600 Quadratmeter, +220 Prozent) und Nürnberg (4.800 Quadratmeter, +45 Prozent) verbuchen.

Die höchsten Spitzenmieten für Läden an deutschen Einkaufsmeilen werden nach wie vor in München gezahlt

Nicht negativ betroffen waren die Spitzenmieten in den teuersten Einkaufsstraßen der Metropolen. Die erfreuen sich angesichts des knappen Angebots nach wie vor großer Beliebtheit bei expansionsfreudigen Einzelhändlern, was sich in den Mietpreisen niederschlägt. „Während Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Hannover und Köln weiterhin Wachstumsraten zwischen zwei und sieben Prozent verbuchen können, verharren die Mieten in Leipzig, München, Nürnberg und Stuttgart derzeit auf ihren jeweils hohen Niveaus“, lautet das Ergebnis der Studie. Die teuerste Einkaufsmeile Deutschlands bleibt damit die Achse Kaufingerstraße/Marienplatz in München, wo in den ersten sechs Monaten 2015 wie schon im Vorjahreszeitraum bis zu 360 Euro pro Quadratmeter gezahlt werden. Rückläufige Mieten in kleinen Städten sorgten allerdings dafür, dass die Spitzenmieten im Durchschnitt der untersuchten 185 deutschen Standorte im zweiten Halbjahr nur noch um 0,4 Prozent stiegen. Im entsprechenden Vorjahreszeitraum hatte die durchschnittliche Steigerungsrate noch bei 1,7 Prozent gelegen. „Diese Entwicklung ist auf leichte Rückgänge der Spitzenmiete in einzelnen kleineren Märkten zurückzuführen, wohingegen zahlreiche Oberzentren deutliche Mietsteigerungen erfahren haben“, erklärten die Immobilienexperten.

Mehr als vierzig Prozent des Flächenumsatzes entfielen in den ersten neun Monaten auf Bekleidungshändler

Nichts geändert hat sich an der Dominanz von Textilhändlern bei den Neuvermietungen: Ihr Anteil am gesamten Flächenumsatz lag in den ersten neun Monaten bei 42 Prozent. Mit deutlichem Abstand folgen Gastronomiekonzepte (20 Prozent) sowie Anbieter von Heim-, Haus- und Wohnbedarf und Unternehmen aus dem Gesundheits- und Beauty-Segment mit jeweils acht Prozent. Unter den Modehändlern zeigten sich Young-Fashion-Konzepte (31 Prozent des auf die Branche entfallenden Flächenumsatzes), Bekleidungshäuser (21 Prozent) und Textildiscounter (16 Prozent) besonders expansionsfreudig.

Foto: ©visitBerlin, Foto: Wolfgang Scholvien

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