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Endgültig: Departmentstore Quartier 206 schließt die Türen

Von Barbara Russ

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Der Online Shop ist nun dicht und auch in der Friedrichstraße 71 in Berlin werden die Türen des Departmentstores im Quartier 206 ab dem 28. Februar 2017 permanent geschlossen. Was führte dazu, dass eines der führenden Luxus-Kaufhäuser Deutschlands nun vor der Schließung steht?

Anna Maria Jagdfeld ist die Gründerin des Departmentstores und Ehefrau des Immobilienunternehmers Anno August Jagdfeld, der das „Art and Fashion House“, wie das Quartier 206 auch heißt, einst baute. Sie gab im November letzten Jahres in einer Pressemitteilung bekannt, dass Sanierungsarbeiten am Gebäude vorgenommen werden müssten, „die sich umfangreicher gestalten als zunächst angenommen und einen Weiterbetrieb des ersten Berliner (Mode-)Luxuskaufhauses verhindern.“ Damit endet nun die fast 20-jährige Geschichte des Berliner Luxus-Warenhauses.

Die Anzeichen eines bevorstehenden Endes hatten sich in den letzten Jahren gehäuft. Das Grundbuch des Quartier 206, das zum Familienvermögen der Familie Jagdfeld gehört, soll zwischenzeitlich Schulden in Höhe von 140 Millionen Euro geführt haben, schrieb der Tagesspiegel. Das Gebäude stand demnach bereits seit 2011 unter Zwangsverwaltung, auch ein Zwangsversteigerungsverfahren wurde 2012 vom Amtsgericht Mitte erwirkt. Sowohl der Tagesspiegel, als auch die Morgenpost berichteten im Zusammenhang mit Anno Jagdfelds Immobilienimperium in der Vergangenheit von „undurchsichtigen“ Geschäften.

„Es ist eine Tragödie für die deutsche Luxuskaufhaus-Landschaft“

„Es ist eine Tragödie für die deutsche Luxuskaufhaus-Landschaft“, sagt einer, der dort im Verkauf arbeitet arbeitet und nicht namentlich genannt werden will. „Der Departmentstore ist eines der wenigen echten Multibrand-Luxushäuser in Deutschland.“ Die Idee sei die eines Couture-Hauses der Zwanziger Jahre gewesen, in dem die Frauen das Shoppen zelebrieren sich zu diesem Zwecke in geräumige Umkleidekabinen zurückziehen konnten. Anna Maria Jagdfeld hatte die das Haus auszeichnenden schwarz-weißen Marmor-Bodenfliesen und die Innengestaltung des Departmentstores selbst verantwortet: „Wir haben Stil, Glanz und Internationalität nach Berlin gebracht, als die Stadt noch nicht hip und trendy war. Wir waren Vorreiter und Trendsetter der noch jungen Hauptstadt Berlin und haben die Einkaufslandschaft in Deutschland entscheidend verändert. Wir haben unseren kleinen Beitrag dazu geleistet, Berlin wieder zu einer international gefragten Metropole zu machen. Darauf können wir mit Stolz und natürlich auch Wehmut zurückblicken. Mein großer Dank gilt dabei unseren oft langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wie unseren treuen Kundinnen und Kunden. Es waren aufregende und wunderbare Jahre“, heißt es in der Pressemitteilung vom November.

Ursprünglich sollte das Quartier 206 Labels beherbergen, die es andernorts in Berlin nicht zu kaufen gab. Diese Ausrichtung ging aber wohl von Beginn an nicht richtig auf. Luxusboutiquen, die sich eingemietet hatten, wie Bottega Veneta, Gucci, Louis Vuitton, Moschino oder Yves Saint Laurent, zogen wieder aus. Nun folgt die endgültige Schließung des Departmentstores Quartier 206 - die Frage nach dem Warum ist einfach, die Antwort hingegen vielseitig und komplex.

Zielgruppe

Zum einen ist da die Frage nach der Zielgruppe: „Es gab Stammkunden und Leute aus der Umgebung Berlins, aber die Laufkundschaft blieb aus, weil wir keinen richtigen Haupteingang hatten und manche Verkäufer eine gewisse Arroganz gegenüber dieser Art von Kunden an den Tag legten“, so der Verkaufsangestellte. So wurde die Chance verpasst, neue Kunden zu gewinnen, während Stammkundinnen altersbedingt - oder weil sie online oder auf den immer leichter erreichbaren Luxusmeilen der Welt shoppten - immer seltener kamen. Shopping-Touristen hingegen gab es kaum: „Berlin als Shopping-Destination für Luxusmode, zum Beispiel für Kunden aus dem arabischen Raum, hat sich leider nie richtig durchgesetzt. Paris, London, Mailand – selbst München haben einfach eine bessere Auswahl,“ resümiert er.

Entwicklungschancen verpasst

Auch habe soll es verpasste Chancen gegeben haben, was die Weiterentwicklung auf dem Gebiet der Digitalisierung und den generellen Willen zu Innovationen betraf. „Ob es nun das E-Commerce ist, das nie richtig gut lief, Personalschulungen, die ausblieben, oder ein veraltetes Kassensystem – es wurden viele Chancen verpasst, etwas zum Besseren ändern“, so der Verkaufsangestellte weiter.

Multi vs. Mono

Das Sterben der hochwertigen Multibrandstores ist natürlich keine neue Entwicklung. Ähnliche Gründe, wie jene, die zur Schließung von Eickhoff auf der Königsallee in Düsseldorf geführt haben, dürften auch auf den Departmentstore 206 zutreffen: Die einstigen Lieferanten, die Luxusmarken, stellten immer anspruchsvollere Forderungen an Einkäufer in Sachen Abnahmemengen. Sie eröffneten zunehmend eigene Monobrandstores und wurden so selbst zu den größten Konkurrenten der Multibrandstores. An der Stelle des einstigen Düsseldorfer Platzhirschs findet sich heute eine große Dior-Boutique. Dior hatte mehrere Millionen in den Umbau investiert, eine Summe, die ein ‚kleiner’ Unternehmer nicht so einfach stemmen kann, ein Luxuskonglomerat wie LVMH oder Kering jedoch schon. Die Luxuslabels gewinnen so die Hoheit über ihre Brand zurück, bestimmen Gestaltung des Ladens, Preis- und Rabattgestaltung selber. Für die Konsumenten ist diese Entwicklung schade, da sie dadurch nicht nur überall dasselbe, sondern auch noch zum selben Preis angeboten bekommen.

Wie geht es jetzt weiter?

Das Quartier 206 mit seinen Mietern, darunter international renommierte Marken wie Etro, Bally und Stores wie Gant, Brille 54, das Kaffee Einstein und die Galerie Mensing, besteht ohne den Departmentstore weiter: „Es erfolgten in den letzten zwei Jahren Neuvermietungen unter anderem an Paul Davis und Los Angeles Cold Press. Bei der Neuvermietung von vakanten Flächen konzentrieren wir uns auf Konzepte, die sich sowohl harmonisch in die vorhandene Mieterstruktur einfügen, als auch neue Impulse setzen“, heißt es dazu auf Anfrage von Seiten der PR-Agentur des Quartier 206. Die durch die Schließung des Departmentstore im Quartier 206 frei werdenden 2500 Quadratmeter auf drei Etagen sollen bald von einem anderen „Anbieter aus dem Top-Segment“ übernommen werden, der die „Attraktivität des Quartiers 206 noch weiter steigern“ soll, hieß in der Mitteilung des Center-Managements im November. Auf erneute Anfrage erhielt FashionUnited die Aussage, man befinde sich „ derzeit – im Rahmen des Neuvermietungsprozesses der Flächen des Departmentstores – in Gesprächen mit verschiedenen Interessenten aus dem Top-Segment.“ Einen Nachmieter konnte die PR-Agentur des Quartier 206 im Februar 2017 „vor Vertragsabschluss“ aber noch nicht benennen.

Bild1: Website des Departmentstore Quartier 206

Bild2: Quartier 206

Anna Maria Jagdfeld
Departmentstore
Quartier 206