Fashion Retail 2022 – Drei Trends, drei Prognosen
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Die Modebranche kämpft immer noch mit den Folgen und Herausforderungen der Pandemie. Es war ein 26-monatiger Ausnahmezustand, der im Einzelhandel überall seine Spuren hinterlassen hat. Dennoch scheint gerade die Modebranche zu denjenigen zu gehören, die diese Herausforderungen zumindest relativ schnell bewältigt haben. Die Digitalisierung war schon in der Zeit vor Corona in vollem Gange und hat sich seitdem noch beschleunigt. Der Modehandel ist von Natur aus schneller, vielseitiger und auch wandlungsfähiger als andere Branchen. Viele Prozesse und sogar ganze Geschäftsmodelle wurden auf den Kopf gestellt – es bleibt allerdings immer noch eine Menge zu tun. Drei wichtige Trends, über die derzeit viel gesprochen wird, zeigen die anhaltende Bereitschaft und den Tatendrang der Akteure im Modehandel.
1. Direct-to-Consumer verlässt sein Nischendasein und wird zum Standard im Modehandel
Man könnte sagen: Der Direktvertrieb an den Verbraucher ist der Schlüssel – zum Erfolg, zu einem zukunftsweisenden Geschäftsmodell und zur Zukunft des Handels schlechthin. Das ist leicht gesagt, denn in der Modeindustrie hört man dieses Gerede überall: Weg mit dem Großhandel, wir brauchen euch nicht mehr. Aber wo stehen wir wirklich in diesem Wandel der Geschäftsmodelle? Marcel Brindöpke, Geschäftsführer von heyconnect, sagt es ganz klar: „Direct-to-Consumer ist nicht nur eine Option für Modemarken. Es ist eine zwingende Voraussetzung, um im Markt zu bestehen. Sich auf Handelspartner zu verlassen, ist nicht mehr möglich. Mode-DTC fristete ein Nischendasein, weil es an Wissen, Fähigkeiten und erkannter Notwendigkeit fehlte. Doch Corona hat das Blatt für immer gewendet und das Spiel endgültig verändert. Marken müssen sich nun an diese neuen Regeln halten. Nicht nur um zu überleben, sondern auch um die Chance zu ergreifen, sich durchzusetzen.“
2. Headless E-Commerce als Beschleuniger für Agilität und Flexibilität
Shopify und Salesforce haben den Weg für diese technologische Revolution geebnet. Das Backend und das Frontend eines Shopsystems werden zunehmend entkoppelt, sodass Entwickler die Möglichkeit haben, Updates zu bearbeiten und bereitzustellen, ohne die User Experience des Kunden zu beeinträchtigen. Genau das ist die Voraussetzung für eine dynamische Gerätelandschaft jenseits des „Computers“. Schon jetzt werden Voice Commerce, Social Shopping und Smart Watch-Funktionen durch den Headless E-Commerce-Ansatz ermöglicht. Doch ist dies nicht nur ein technisches Thema. Ryan Mullins, Geschäftsführer von Aglet, ist sich sicher, dass Verbraucher neue Wege suchen, um mit Marken in Kontakt zu treten, und sieht darin großes Potenzial: „Die Beziehung zwischen Handel und Marke wird allgegenwärtig. Ich sage schon seit vielen Jahren, dass Gaming die Welt verschlingt. Nicht, weil wir mehr Spiele spielen, das ist offensichtlich, sondern vielmehr, weil Spielmechanismen und immersive Erfahrungen in den Mittelpunkt rücken. Man spielt im Raum der Marke. Marken werden also wahrscheinlich neue Wege finden, um mit Verbrauchern und Fans in Kontakt zu treten, die vom normalen und traditionellen Handel abgekoppelt sind.“ Headless E-Commerce verbindet den klassischen Einzelhandel mit der neuen Welt des authentischen digitalen Handels – eine Entwicklung, die ihre wahre Kraft erst in einigen Jahren entfalten wird.
3. Der hybride Handel hat sich durchgesetzt – das Omnichannel-Modell ist bei fast allen Unternehmen angekommen
Schlagworte wie Hybrid-Commerce oder Omnichannel machen seit Jahren die Runde in der Branche. Das Motto war (und ist): Marken und Einzelhändler müssen multi oder omni aufgestellt sein, um zu überleben. Die Theorie ist Wirklichkeit geworden: Der Modehandel hat den größten Wandel in seiner Geschichte erlebt und kann nun mit technischen und logistischen Innovationen spielen, die vor fünf Jahren kaum vorstellbar waren. Jetzt haben auch kleine Marken leichteren Zugang zu diesen Technologien und Innovationen. In diesem Jahr erleben wir eine noch nie dagewesene Anzahl von Tools, mit denen Marken und Einzelhändler experimentieren können. Felix Jahn, Director eCommerce & Digital bei der s.Oliver Group, stimmt dem zu, fügt aber noch einen weiteren sehr wichtigen Aspekt hinzu: „Omnichannel-Commerce ist weniger technologie- als menschen getrieben. Das ist der Schlüssel zum Erfolg. Tools sind Hilfsmittel oder Wegbereiter, aber das Personalmanagement entscheidet über das Endergebnis und den Erfolg. Vor allem die Mitarbeiter kleinerer Marken, die zum Beispiel an einem POS arbeiten, müssen die Tools verstehen und gerne mit ihnen spielen. Die Modebranche hat in den letzten zwei Jahren einen großen Sprung nach vorn gemacht. Viele Initiativen haben großartige Ergebnisse gezeigt, wenn sie vernünftig eingesetzt wurden, wie zum Beispiel Click & Collect, Microwarehousing oder Paket-Terminals am POS. Es liegt an den Menschen, die Technologie für diese schöne neue Welt des Einzelhandels, von der wir alle träumen, richtig zu nutzen.“
Diese drei großen Trends sind nur einige von vielen, die den Modehandel in diesem Jahr und in den kommenden Jahren massiv beeinflussen werden. Die Transformation hat nämlich gerade erst begonnen. Alexander Otto
Weitere Trends und Themen finden Sie in den ECD-Experteninterviews.