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Galeria schließt 52 Warenhäuser

Von DPA

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Einzelhandel|Aktualisiert
Galeria-Filiale an der Frankfurter Hauptwache. Bild: FashionUnited

Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof will nach Angaben des Gesamtbetriebsrats 52 der noch verbliebenen 129 Warenhäuser schließen. „Insgesamt werden somit weit über 5000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlieren“, berichteten die Arbeitnehmervertreter des Unternehmens am Montag. „Dies ist ein rabenschwarzer Tag“, betonte der Betriebsrat.

Galeria bestätigte die Schließung von 52 Filialen in einer Mitteilung am Montag Nachmittag. Die betroffenen Filialen hätten angesichts der volkswirtschaftlichen Rahmenbedingen, der lokalen Bedingungen und auch nach intensiven Verhandlungen mit Vermieter:innen und Städten keine positive Fortführungsperspektive, so Galeria. Nach Angaben des Warenhauskonzerns seien allerdings nur rund 4.000 Mitarbeitende in den Filialen und um die 300 Stellen in der Zentrale in Essen sowie den Servicefunktionen wie IT und Facility Management betroffen. Betroffene Mitarbeiter:innen werden ein Angebot erhalten, in eine Transfergesellschaft zu wechseln, um sie bei der weiteren Qualifizierung und dem Finden einer neuen Stelle zu unterstützen.

Schließungen in zwei Wellen

Die 52 Filialen sollen nicht auf einen Schlag, sondern in zwei Wellen, zum 30. Juni 2023 und zum 31. Januar 2024 geschlossen werden. Von der ersten Schließung sind folgende 21 Standorte betroffen: Celle, Coburg, Cottbus, Duisburg Düsseldorfer Straße, Erlangen, Gelsenkirchen, Hagen, Hamburg-Harburg, Hamburg-Wandsbe, Leipzig Neumarkt, Leverkusen, München-Bahnhof, Neuss, Nürnberg Königstraße, Nürnberg-Langwasser, Offenbach, Paderborn, Regensburg Neupfarrplatz, Saarbrücken am Bahnhof, Siegen und Wiesbaden Kirchgasse.

Bei der zweiten Schließungswelle werden weitere 31 Filialen ihre Türen schließen: Bayreuth, Berlin-Charlottenburg, Berlin-Müllerstraße, Bielefeld, Braunschweig, Bremen, Darmstadt am weißen Turm, Dortmund, Düsseldorf Schadowstraße, Essen, Esslingen, Frankfurt Zeil, Hanau, Heidelberg Bismarckplatz, Hildesheim, Kempten, Krefeld, Leonberg, Limburg, Lübeck, Mönchengladbach, Oldenburg, Pforzheim, Reutlingen, Rosenheim, Rostock, Schweinfurt, Siegburg, Stuttgart Eberhard-Straße, Viernheim-RNZ und Wuppertal.

„Das ist zweifellos heute für uns alle ein schwerer Tag. Wir haben in den vergangenen Wochen intensiv um jeden einzelnen Standort gerungen und sind in harte interne wie externe Gespräche gegangen“, sagt Arndt Geiwitz, Generalbevollmächtigter von Galeria. „Die verbleibenden Filialen haben eine tragfähige wirtschaftliche Perspektive.“

Das Sanierungskonzept von Galeria

Insgesamt brauche das Unternehmen eine höhere Flächenproduktivität, heißt es in der Mitteilung. Diese soll durch ein neues Konzept erlangt werden, bei dem das Sortiment stärker auf die lokalen und regionalen Bedürfnisse der jeweiligen Standorte ausgerichtet ist. Die Segmente Bekleidung, Beauty und Home sollen zudem eindeutiger positioniert werden. Teil des Sanierungsplans ist auch eine “kundenfreundliche Verzahnung von Mobile-, Online- und Filialkaufmöglichkeiten” und die Modernisierung der übrigen 77 Filialen in den nächsten drei Jahren. Gastronomie-Angebote und Ergänzungen wie Versicherungen, Schneidereien, Reinigungen oder Bürger:innen-Services sind ebenfalls geplant. Fünf neue Regionaleinheiten sollen dabei helfen, auch die Prozesse mit dem Service Center in Essen zukünftig optimal zu verzahnen. Wie genau diese Prozesse aussehen, ist bis dato nicht bekannt.

„Um die lokalen Strukturen zu stärken, geben wir den Filialen mehr Eigenständigkeit“, sagt Galeria-CEO Miguel Müllenbach. „Sie sollen stärker über Sortimente, Schwerpunkte und Abläufe vor Ort entscheiden können. Wir legen heute die Basis für eine positive wirtschaftliche Perspektive von Galeria. Das Warenhaus in Deutschland hat damit eine Zukunft.“

Durch den Erhalt der bestehenden Filialen werden außerdem rund 11.000 Arbeitsplätze gesichert, so Galeria. Allerdings muss vor dem Neustart noch die Gläubigerversammlung am 27. März in Essen grünes Licht dafür geben. Lehnt sie den Insolvenzplan ab, droht dem Unternehmen das sofortige Aus.

Hintergrund: Was ist bisher passiert?

Galeria Karstadt Kaufhof hatte Ende Oktober zum zweiten Mal innerhalb von weniger als drei Jahren Rettung in einem Schutzschirm-Insolvenzverfahren suchen müssen. Als Grund für die bedrohliche Lage des Unternehmens nannte Konzernchef Miguel Müllenbach damals in einem Brief an die Mitarbeitenden die explodierenden Energiepreise und die Konsumflaute in Deutschland. Der Manager ließ von Anfang an keinen Zweifel daran, dass die erneute Sanierung mit erheblichen Einschnitten in das Filialnetz und einem deutlichen Stellenabbau verbunden sein würde.

Zweites Schutzschirmverfahren für Galeria

Es ist bereits der zweite Versuch, den Handelsriesen durch ein Schutzschirmverfahren und den damit verbundenen Schuldenschnitt wieder dauerhaft auf Erfolgskurs zu bringen. Ein erster Anlauf, der 2020 während des ersten Corona-Lockdowns gestartet worden war, hatte dem Unternehmen trotz der Schließung von rund 40 Filialen, dem Abbau von etwa 4000 Stellen und der Streichung von mehr als zwei Milliarden Euro an Schulden nur vorübergehende Entlastung gebracht.

Bereits Anfang 2021 und Anfang 2022 noch einmal musste der geschrumpfte Handelsriese angesichts der Pandemie um staatliche Unterstützung bitten. Insgesamt griff der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) dem Traditionsunternehmen in zwei Hilfsaktionen mit 680 Millionen Euro unter die Arme – ohne Erfolg.

Der Galeria-Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz, der auch schon das erste Schutzschirmverfahren als Sanierungsexperte begleitet hatte, zeigte sich zuletzt zuversichtlich, dass es dank des zweiten Schutzschirmverfahrens noch eine Perspektive für den Warenhauskonzern gebe. „Ich bin davon überzeugt, dass die Galeria-Warenhäuser eine Zukunft haben, wenn auch nicht in ihrer derzeitigen Form“, betonte der Sanierer in einem Interview. Der Handelsriese müsse dafür allerdings kleiner und dezentraler werden. Galeria werde hoffentlich "in drei Kalenderjahren" wieder Gewinn machen. Vorher fielen wegen der Umstrukturierungskosten etwa für Umbauten sicher weitere Verluste an.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, betonte in vielen von Warenhaus-Schließungen betroffenen Städten werde die aktuelle Entwicklung auch als städtebauliche Chance verstanden. „Es gibt schon Ideen oder Pläne, wie neues Leben in die Kaufhäuser einziehen kann: als Universitätsstandort oder Schule, mit Start-ups, Co-Working-Labs, Künstler:innen-Ateliers oder mit dem Bürgerservice, als Mehr-Generationenhaus oder Wohngebäude." Ehemalige Kaufhausstandorte, die bereits umgenutzt worden seien, böten dafür gute Beispiele.

Die Gewerkschaft Verdi kündigte an, sie wolle nun die vorgelegte Schließungsliste genau prüfen, um nach Möglichkeiten zu suchen, um einige der Filialen doch noch zu erhalten. (dpa/FashionUnited)

Anmerkung der Redaktion: Dieser Beitrag wurde um 16.35 Uhr am 13. März 2023 mit weiteren Informationen von Galeria aktualisiert.

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