Gebrauchter Luxus: vom Internet ins Kaufhaus
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Es ist ein Markt, der immer weiter wächst: 2020 erreichte Luxus aus zweiter Hand laut einem Bericht von der Unternehmensberatung Bain & Company weltweit einen Wert von 28 Milliarden Euro. Die Zunahme von Secondhand-Plattformen im Internet und die Einrichtung von speziellen Bereichen in Geschäften haben den Trend beschleunigt.
In den 1980er und 1990er Jahren waren bereits getragene Mode- und Luxusartikel vor allem für Sammler:innen interessant. Doch die Zeiten haben sich geändert, vor allem, seit es das Internet gibt: In den frühen 2000er Jahren entstanden Websites, auf denen gebrauchte Luxusartikel online weiterverkauft wurden.
Heute ist der Markt für Neuware laut Bain & Company, einer der führenden Beratungsunternehmen in diesem Bereich, zwischen 250 und 295 Milliarden Euro pro Jahr wert.
Der Experte Serge Carreira, Dozent an der Universität Sciences Po in Paris und Verantwortlicher für die „Initiative aufstrebende Marken“ bei der Fédération de la Haute Couture, meint jedoch, dass „die sehr lebhafte Dynamik“ des Marktes für Secondhand-Luxus interessant sei: Dieser Markt wächst schneller als der Luxusmarkt mit neuen Artikeln.
Einem Bericht der Boston Consulting Group zufolge wächst er sogar viermal so schnell, wobei betont wird, dass digitale Plattformen 25 Prozent des Gesamtumsatzes im Secondhand-Luxusmarkt generieren.
Secondhand geht ins Web
Ende der 2000er stiegen neue Unternehmen in den Secondhand-Markt ein und starteten neue Angebote im Web. Die Idee war damals, Kollektionsstücke großer Häuser, aber auch Prêt-à-porter-Kleidung von Marken wie Isabel Marant, MaxMara oder Zadig et Voltaire anzubieten.
In Frankreich ist Vestiaire Collective auf diesem Gebiet vorherrschend und seit seiner Gründung 2009 sehr erfolgreich. Heute hat das Unternehmen einen Wert von 1,45 Milliarden Euro und jede Woche werden 25.000 neue Artikel online gestellt.
Das an der Börse notierte amerikanische Unternehmen The Real Real, das 2011 gegründet wurde und seinen Sitz in San Francisco hat, ist ein weiteres großes Unternehmen im Secondhand-Bereich.
Bis Mitte der 2010er Jahre kamen immer mehr spezialisierte Plattformen hinzu. Collector Square wurde 2012 eröffnet, bevor ByLuxe (jetzt Monogram) 2015 und die Website CrushOn 2018 an den Start gingen. Diese Webseiten eröffnen auch stationäre Geschäfte: Monogram hat ein Lager im 17. Arrondissement von Paris und Collector Square besitzt einen Showroom am Boulevard Raspail.
Kaufhäuser springen in die Bresche
Die Dynamik des Marktes zieht heute auch Kaufhäuser an. So startet Collector Square im Oktober 2020 im Bon Marché Rive Gauche.
Die Galeries Lafayette am Boulevard Haussmann öffnen am 14. September 2021 eine ganze Etage des Geschäfts für Secondhand und „verantwortungsvolle Mode“ und beherbergen dort Marken wie Monogram, Personal Seller oder CrushOn. Acht Tage später eröffnet das nur wenige Schritte entfernte Printemps einen ähnlichen Bereich, den „7ème Ciel“ (Siebter Himmel), der jedoch mehr dem Luxus gewidmet ist: Alle Stücke stammen von namhaften Modemarken.
Zurückhaltung von Modeschaffenden und Luxushäusern
Allerdings gibt es im Luxusbereich nur wenige Beispiele für Marken, die sich in diesem Bereich engagieren.
Zu ihnen gehört Isabel Marant, die ihre Vintage-Website ins Leben gerufen hat, um Secondhand-Artikel der Marke zu verkaufen und zu zurück zu kaufen. Stella McCartney (im Jahr 2018) und Gucci (im Jahr 2020) sind Partnerschaften mit The RealReal eingegangen, um den Verkauf ihrer gebrauchten Produkte zu gewährleisten. Und die Kering-Gruppe (Gucci, Saint Laurent, Balenciaga, Boucheron) ist mit 5 Prozent an Vestiaire Collective beteiligt.
Die Märkte für neue und gebrauchte Luxusartikel bleiben eng miteinander verbunden, meint Serge Carreira: „Die Trends im Secondhand-Bereich folgen den Trends in der ersten Hand. Zum Beispiel ist Dior heute sehr beliebt. Daher ist eines der beliebtesten Second-Hand-Produkte die Saddle Bag aus den 1990er Jahren von Dior“ (AFP).
Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.