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Herausforderungen und Chancen der Modeindustrie 4.0

Von Barbara Russ

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Einzelhandel

Bei der dritten Veranstaltung des Gesamtverbands Textil + Mode standen eTextiles im Zentrum des Interesses. Verschiedene Fragen der Modeindustrie im digitalen Wandel wurden dort erörtert.

Smart Factories, Smart Products und Smart Business Models

Mehr als 100 Gäste aus Unternehmen, Wissenschaft, Verbänden und Medien kamen ins Microsoft Atrium Berlin, um gemeinsam mit Ingeborg Neumann, Präsidentin des Gesamtverbands textil+mode, über Zukunftswege zu sprechen. Neumann hielt fest, es gehe um „Smart Factories, Smart Products und Smart Business Models“.

Digitale Strategien im Mittelstand

Doris Möller, Leiterin des Bereichs geistiges Eigentum beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), betonte die Herausforderung der Digitalisierung für mittelständische Unternehmen. Da diese keine großen Forschungsabteilungen hätten, müssten digitale Strategien zusätzlich ihrem Alltagsgeschäft in Angriff genommen werden. Gerade für den Mittelstand sei es überlebenswichtig, Geschäftsmodelle zu erweitern, aber dabei auch weiterhin das bestehende Know-how zu schützen.

Textile Sensorik, Tracking, Leucht- und Wärmefunktionen

Der Vormittag widmete sich, mit verschiedenen Beispielen für digitale Textilien aus Forschung, Arbeitsschutz und Startup-Szene, dem inspirativen Teil des Themas. Insbesondere Textile Sensorik, Tracking, Leucht- und Wärmefunktionen wurden in ihren verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten und Ausprägungen besprochen. Dr. Klaus Jansen, Geschäftsführer des Forschungskuratoriums Textil, stellte ein Beispiel aus der Pflege- und Reha-Einrichtung vor: Ein dort verlegter Bodenbelag verfüge über eingebaute Sensoren, die Schrittmuster erkennen und bei eventuellen Stürzen ein Warnsignal geben. Viele Grundlagen solcher technischen Innovationen stammten zwar aus deutscher Feder, würden dann aber im Ausland als Produkt realisiert. Aus diesem Wissen neue Chancen zu erarbeiten, sei eine Herausforderung für die Unternehmen der Branche.

Potentiale digitaler Produkte in der Berufs- und Schutzbekleidung

Thomas Lange, Geschäftsführer des GermanFashion Modeverbands Deutschland, wies auf die Potentiale digitaler Produkte in der Berufs- und Schutzbekleidung hin und zeigte treffende Beispiele: Eine Hose, die durch Sensorik eine nahende Kettensäge stoppt oder Feuerwehrkleidung, die den Träger vor Gefahren im Einsatz schützt. Etwa 2 Milliarden Euro betrage der Umsatz mit Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) alleine in Deutschland. Die unternehmerische Herausforderung, so Lange, läge darin, textile und digitale Funktionen zu integrieren und die speziell für die Schutzbekleidung bestehenden technischen Normen einzuhalten.

Junge Unternehmer stellen sich vor

Anschließend präsentierten sich drei junge Unternehmen, die ihre Ideen sowie teils umgesetzte digitale Produkte vorstellten.

ScobyTec stellte den Funktionsprototyp des ‚Natural Action Shoe‘ vor. Dieser ermöglicht die Steuerung einer virtuellen 3D-Umgebung am PC oder Tablet mittels normaler Laufbewegungen und Gleichgewichtsverlagerung des Körpers ohne zusätzliche Eingabegeräte. Die neue digitale Welt verlange einen Paradigmenwechsel in der Art und Weise, wie Computer bedient werden, so die Entwickler.

Physiosense präsentierte eine textile, hochauflösende Sensorik zur Integration in einen Bürostuhl, aus der die Sitzgewohnheiten analysiert werden. Entsprechende Anregungen für dynamisches Sitzen, ergänzende Gymnastik oder das betriebliche Gesundheitsmanagement könnten daraus abgeleitet werden.

ElektroCouture bewies sein Engagement für Mode mit elektrischen Applikationen. In den Laboren des Unternehmens werden nicht nur Kleidungsstücke und Accessoires gefertigt, sondern viele Dienstleistungen rund um die „Elektromode“ angeboten.

Wie können Unternehmen von den Technologien profitieren?

Im zweiten Teil der Veranstaltung stand die Umsetzung der technologischen Innovationen im Vordergrund. Berater Anton Schumann von Gherzi Textil berichtete in seinem Vortrag über internationale Entwicklungen von eTextiles und Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle. Um zukünftig erfolgreich zu sein und zu bleiben, sei eine kontinuierliche Anpassung des Geschäftsmodells vonnöten, so der Redner.

Rechtliche Fragestellungen in der Entwicklung und Umsetzung digitaler Textilprodukte

Rechtliche Fragestellungen als wichtiger Bestandteil der Umsetzung digitaler Textilprodukte waren ein weiterer Themenbereich im zweiten Veranstaltungsteil. In drei Kurzvorträgen wurden wesentliche Rechtsgebiete für digitale Textilien vorgestellt, die bereits in einer frühen Entwicklungsphase zu berücksichtigen seien. Dr. Sascha Pres von der Kanzlei Noerr führte in wesentliche Aspekte des geistigen Eigentums ein. Die rechtzeitige Anmeldung passender Schutzrechte biete nicht nur „Schutz vor unerwünschter Nachahmung der entwicklungsintensiven intelligenten Textilien“, sondern auch „Chancen für neue Geschäftsmodelle und Einnahmen“. Jenny Krätzschmar von der Kanzlei Bird & Bird erläuterte Datenschutz- und Datensicherheitsaspekte. Die Frage der Datenhoheit werde für die Hersteller und Vermarkter digitaler Textilprodukte zukünftig eine entscheidende Rolle spielen, so die Rednerin.

Anschauliche Exponate

Begleitet wurde die Veranstaltung durch eine kleine Ausstellung mit Beispielen aus der digitalen Produktwelt von Startups, Forschungsinstituten und Studenten. Dort konnten die Teilnehmer zusätzlich mit Fachleuten ins Gespräch kommen. Mit dabei waren ein Schal unter Verwendung einer neuen OLED-Technolgie des Fraunhofer FEP Dresden, der beim Fashion Hack Day 2016 entwickelt wurde; ein intelligenter Baby-Body vom iTV Denkendorf, der alle wichtigen Vitalparameter überwacht und so vor plötzlichem Kindstod schützt; spezielle Fahrradmode für die Frau mit digitalen Elementen von Studenten der HTW Berlin; eine Clutch mit beleuchtetem Glasfasergewebe von MOON Berlin sowie die Smart Maintenance Jacket vom Design Research Lab, eine intelligente Arbeitsjacke mit textilem Schaltkreis zum Einsatz bei industriellen Wartungsarbeiten. Darüber hinaus gab es einige Exponate der Referenten zu sehen: der Funktions-Prototyp ‚natural Action Shoe‘ von ScobyTec, die Textile Sensorik von physiosense für den intelligenten Bürostuhl sowie die Jacke mit Leuchtelementen von Lunative.

Die Reihe ‚textil+mode 4.0’ geht am 17. November 2016 am Institut für Textiltechnik an der RWTH in Aachen weiter.

Foto: Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie

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