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Innenstädte im Umbruch: So lenkt der Online-Handel den Immobilienmarkt

Von Reinhold Koehler

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Einzelhandel

Jahrzehntelang dominierten die Modegeschäfte die Shoppingregionen der Republik. Status und Beliebtheit örtlicher Fußgängerzonen hingen maßgeblich davon ab, welche Boutiquen und Fashion Stores sich dort angesiedelt haben. So gab die Mode seit dem Wirtschaftswunder in den 50er Jahren den Rahmen für den innenstädtischen Einzelhandel vor.

Doch nun haben sich die Voraussetzungen für den stationären Modehandel signifikant verändert: Das Geschäft mit Textilien und Schuhen verlagert sich sich immer stärker ins Internet, und inhabergeführte Modegeschäfte finden sich kaum noch in den deutschen Metropolen. Stattdessen bestimmen immer mehr die Flagship Stores großer Marken und Textildiscounter das Bild in den klassischen Einkaufsstraßen. Doch auch hier gibt es bereits erste Zersetzungserscheinungen, da sich selbst große Marken immer seltener die hohen Mieten in den 1A-Lagen leisten wollen und ihr Geld lieber in Online-Marketing-Maßnahmen investieren, als in teure Flächenkonzepte.

Die Folge: Der Vormarsch des Online-Handels führt derzeit zu zahlreichen Verschiebungen in den aktivsten Branchen des Immobilienmarktes: Die Textilsparte ist stark auf dem Rückzug, während Gastronomie- und Foodbranche sowie Gesundheits- und Beauty-Shops die Lücken schließen. Insgesamt werden nach Angaben des Immobilienberatungsunternehmens Arcadis in diesem Jahr mehr Ladenflächen zur Neuvermietung angeboten als bisher. Dies untermauern auch die neuen Zahlen des Maklerunternehmens JLL, denen zufolge im ersten Halbjahr 2017 bundesweit rund 247.000 Quadratmeter Ladenfläche neue Nutzer fanden – das sind 10.000 Quadratmeter mehr als im vergangenen Jahr.

Logistikflächen ersetzen klassische Ladenkonzepte

Doch nicht nur die Nutzerstruktur ändert sich derzeit massiv, auch die Ansprüche der Mieter an die Gewerbeflächen sind im Wandel. Ausschlaggebend dabei seien vor allem die Wünsche der Verbraucher an die Geschäfte vor Ort, so die Arcadis-Expertin Natalie Gojceta: „Sie wollen Events, Unterhaltung und Kommunikation - genau die Komponenten, die das Online-Shopping nicht liefern kann."

Eigentümer von Shopping-Flächen reagieren bereits auf die veränderten Anforderungen, stoßen dabei aber oftmals an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. So sind viele Gebäude und Konzepte in Deutschland überaltert. Einen Bereich auszubauen, in dem es sich Kaffee trinken lässt oder zum Beispiel eine Modenschau präsentiert werden kann, ist oft nicht ohne größere, kostenintensive Umbauten möglich – wenn diverse Verordnungen wie etwa vom Denkmalschutz nicht generell gegen eine bauliche Veränderung stehen.

Die Verlagerung des Modegeschäfts ins Internet und die damit verbundene, stets steigende Nachfrage nach Lager- und Logistikflächen verändert den urbanen Immobilienmarkt ebenfalls signifikant. So wurden im ersten Halbjahr 2017 in Deutschland rund drei Millionen Quadratmeter Logistik- und Lagerflächen neu vermietet. Nach Angaben des Immobilienberaters JLL sind das 20 Prozent mehr, als durchschnittlich in den vergangenen zehn Jahren.

„Große Lebensmittelketten vergrößern ihr Online-Angebot, und Paketdienstleister ordnen ihre Lieferkette neu. Dadurch ändern sich auch die Flächenanforderungen", so Gordon Mauer, Market Sector Leader Manufactoring & Technology bei Arcadis. „Neben großen Flächen außerhalb der Ballungszentren suchen vor allem Versand- und Transportunternehmen wie Amazon und DHL kleinere Flächen und Gebäude in der Nähe von Wohngebieten. Dadurch wollen sie ihre Kunden in immer kürzeren Zeiten beliefern können – Same-Day-Delivery ist auf dem Vormarsch."

Der Online-Handel verändert so nicht nur die Shopping-Welt und deren Angebote, sondern aufgrund der Masse auch die Zustellungswege der Ware. Der Versandhändler Amazon testet beispielsweise bereits seit längerem Lieferdrohnen, der Logistikdienstleister Hermes setzt dagegen auf den Zustell-Roboter „Starship“. Effiziente Stadtlogistik wird die Branche daher in Zukunft immer mehr beschäftigen, so die Meinung der Experten. Auch die Frage, wie Unternehmen ihre Warenlieferungsketten besser mit ihren Immobilienstrategien verknüpfen können, wird relevanter. Das klassische Ladengeschäft wird wohl hingegen über kurz oder lang ganz aus den Innenstädten verschwinden.

Foto: Bernd Sterzl / pixelio.de

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