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Kein Aufatmen in den Innenstädten

Von DPA

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Einzelhandel

Titelbild: Birgit Böllinger / Pixabay

Keine Zeit zum Aufatmen: Auch nach dem nun wohl absehbaren bundesweiten Ende der 2G-Regel im Einzelhandel stehen die Geschäfte in den Fußgängerzonen und Einkaufszentren vor großen Problemen. Nach zwei Corona-Jahren fehlt vielen Modehändlern das Geld für notwendige Investitionen. Leerstände schmälern die Attraktivität der Einkaufsstraßen, und dann ist da noch die Konkurrenz im Internet. Für den Handelsexperten Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein steht fest: "Die Krise der Innenstädte ist mit dem Ende von 2G noch lange nicht vorbei. Die alten Besucherfrequenzen in den Innenstädten werden nicht wiederkommen."

Ein Überblick über die Herausforderungen einer angeschlagenen Branche:

Hohe Inzidenzen

Immer wieder hat der Handel eine Abschaffung der 2G-Regel gefordert, die in großen Teilen des Handels nur Geimpften und Genesenen den Zutritt erlaubte. Das scheint nun greifbar nahe. Doch ob der Schritt den angeschlagenen Händlern in den Fußgängerzonen wirklich hilft, ist angesichts der hohen Inzidenzzahlen keineswegs sicher. Der amtierende Chef des Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Holger Görg, warnte bereits: "Ebenso könnte der Umsatz ... sinken, weil ein Zugang für Ungeimpfte oder Ungetestete mehr potenzielle Kundinnen und Kunden abschreckt, die sich dann nicht mehr sicher fühlen."

Mangelnde Attraktivität

Hinzu kommt: Die Attraktivität vieler Innenstädte hat unter der Pandemie gelitten. "Corona hat die Probleme vielerorts verschärft, den Leerstand erhöht", klagt der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth. Dabei stand es schon vor Corona mit der Attraktivität nicht zum Besten. Eine großangelegte Umfrage des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH) zeigte bereits kurz vor dem Ausbruch der Pandemie, dass viele junge Leute die Fußgängerzonen als Einkaufsort nicht mehr sonderlich attraktiv finden und immer seltener zum Shoppen dorthin gehen.

Fehlende Investitionsmittel

Daran etwas zu ändern, ist durch die Pandemie eher noch schwerer geworden. Denn nach zwei Corona-Jahren sind zahlreiche Innenstadthändler finanziell ausgeblutet. "Viele Händler schieben Verluste aus den vergangenen zwei Jahren weiter vor sich her und haben in dieser schwierigen Zeit Rücklagen und Eigenkapital längst aufgebraucht. Das führt zu einem Investitions- und Modernisierungsstau", klagte HDE-Hauptgeschäftsführer Genth. Oft seien Händler nicht mehr in der Lage, "dringend notwendige Investitionen in die Ladenausstattung, die Digitalisierung und das Einkaufserlebnis zu tätigen".

Online-Konkurrenz

Doch die größte Herausforderung für die Händler in den Innenstädten ist und bleibt das Internet. Corona hat dem Onlinehandel noch einmal einen Wachstumsschub beschert. Im Lockdown haben viele Menschen das Einkaufen im Internet für sich entdeckt. Über 99 Milliarden Euro landeten nach Angaben des E-Commerce-Verbandes bevh 2021 in den Kassen der Onlinehändler. Und wenig spricht dafür, dass die neuen Kunden dem Internet wieder den Rücken kehren. Der Anteil "zufriedener" und "sehr zufriedener" Kunden lag laut bevh 2021 bei 96,3 Prozent. Branchenkenner Heinemann rechnet auch in den kommenden Jahren mit zweistelligen Wachstumsraten. Er prognostiziert: "Der Innenstadthandel wird in den nächsten Jahren weiter Marktanteile an den Onlinehandel verlieren."

Hersteller-Shops

Dabei sind es nicht nur Amazon, Zalando und andere klassische Onliner, die dem Innenstadthandel Konkurrenz machen. Immer häufiger verkaufen auch Hersteller wie Adidas oder Esprit ihre Ware im eigenen Onlineshop direkt an die Kunden. Solche Markenshops wuchsen laut bevh im vergangenen Jahr schneller als alle anderen Online-Vertriebswege.

Kosten eigener Onlineshops

Große Handelsketten wie Douglas, Media Markt, Saturn, Ikea und Hennes & Mauritz haben längst eigene Internetshops aufgebaut. Doch vielen kleineren Händlern scheint dieser Weg versperrt. Bei einer aktuellen Umfrage des Handelsverbands Textil Schuhe Lederwaren (BTE) gaben 61 Prozent der befragten Unternehmen an, dass sich ein eigener Webshop für sie betriebswirtschaftlich nicht rechne. Gut die Hälfte bezeichnete auch den Verkauf über Marktplätze wie Amazon oder Ebay als finanziell unattraktiv.

Ruf nach mehr Hilfen

Der HDE fordert angesichts der schwierigen Lage rasch weitere Staatshilfen für die Branche. Notwendig seien bessere Abschreibungsmöglichkeiten sowie Förderprogramme - etwa ein Digitalisierungsfonds. "Es muss sichergestellt werden, dass nicht viele tausend mittelständische Händler als Folge der Pandemie unverschuldet den Anschluss und die Zukunftsfähigkeit verlieren", sagte Genth. (dpa)

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