Mietservice Clothesfriends: “Über verschiedene Touchpoints schaffen wir eine Community, die über das Mieten von Mode hinausgeht.”
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Clothesfriends verleiht nachhaltige Mode über eine App und mittlerweile auch über stationäre Anlaufpunkte. User:innen können Outfits von nachhaltigen Partner-Brands ausleihen oder direkt von Vermieter:innen aus der Community unkompliziert ausleihen. Parallel unterstützt das 2020 gegründete Münchner Start-up andere Modeunternehmen beim Aufbau ihres Circular Fashion Angebots.
Die Gründerinnen Carmen Jenny und Sonja Wunderlich erklären ihr Geschäftsmodell im Interview und erzählen, wie sie Modeunternehmen helfen, sich auf den Weg in die Kreislaufwirtschaft zu machen.
Die Idee von Rental-Fashion und einer Sharing Economy gilt seit einigen Jahren als der Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit in der Modebranche. Was ist das Konzept von Clothesfriends?
Carmen Jenny: Clothesfriends ist eine Everyday-Solution für Circular Fashion, die so persönlich wie vielseitig ist. Dabei fokussieren wir uns bei der Auswahl unserer Partner-Brands gezielt auf nachhaltig orientierte Brands und auf ein Angebot, das dem aktuellen Zeitgeist und Trends entspricht. Während sich andere Plattformen insbesondere auf Anlass- oder High-End-Designermode ausrichten, sehen wir bei unserer Community weniger eine Nachfrage nach Luxus- oder Designer-Marken – vielmehr nach einem Zugang zu nachhaltigen Brands sowie einer Shopping-Alternative, die eine Abwechslung und das Ausprobieren von Trends auf eine nachhaltige, preiswerte Weise ermöglicht.
Die Möglichkeit des Ausprobierens scheint bei Clothesfriends wichtig zu sein.
Sonja Wunderlich: Dieser Gedanke entspricht auch unserem Rent-to-own Feature, was uns von anderen Rental-Plattformen in gewisser Form unterscheidet. Durch das Feedback unserer Community haben wir gemerkt, dass man sich während der Miete oft in gewisse Pieces verliebt, die man gerne behalten würde. Mit dem Rent-to-own Feature bieten wir die Möglichkeit, einzelne Produkte in der Miete abzukaufen und ermöglichen so den bewussten Kauf im Gegensatz zum Impulskauf. Wenn man nach einer Weile merkt, dass man das Piece doch nicht mehr so oft trägt, kann es mit der Re-Upload Funktion mit nur wenigen Klicks wieder in die App hochgeladen werden.
Sie haben sich während des Studiums kennengelernt und im Oktober 2020 beschlossen zu gründen. Welche Learnings würdet ihr angehenden Gründer:innen in der Modebranche ans Herz legen?
Carmen Jenny: Wenn du für eine Idee, ein Ziel oder eine Vision brennst – go for it! Seit der ersten Sekunde, als wir über Clothesfriends gesprochen haben, gab es gefühlt kein anderes Thema mehr und ein paar Monate später hatten wir plötzlich gegründet. Eines der wichtigsten Learnings für mich, ist die Bereitschaft für Feedback und der offene Austausch. In unserer Anfangsphase hatten wir oft das Gefühl, dass die Idee noch nicht reif genug ist oder jemand die Idee besser umsetzt. Die Wahrheit ist aber, mindestens irgendjemand auf dieser Welt wird deine Idee schon gehabt haben – es kommt darauf an, wie und ob man es durchzieht und welche Menschen man dafür begeistern kann, gemeinsam an der Vision zu arbeiten. Letztlich steht und fällt der Erfolg mit der Stärke, den sich ergänzenden Skills und dem Zusammenhalt des Teams. Sonja und ich haben uns zu Beginn sehr gut ergänzt, doch ohne unser heutiges Team wären wir mit Clothesfriends niemals am heutigen Punkt.
Neben der App haben Sie in München, Hamburg, Berlin und Nürnberg sogenannte Hubs, wo User:innen neue Pieces ausleihen, abholen und auch retournieren können. Welche Rolle spielt der stationäre Einzelhandel und Kooperationen in Ihrem Geschäftsmodell?
Sonja Wunderlich: Um Circular Fashion im Alltag zu etablieren, war für uns die Verbindung einer digital und lokal verknüpften Lösung klar. Über die verschiedenen Touchpoints schaffen wir eine Community, die über das Mieten von Mode hinausgeht. Die Kombination unserer Hubs spiegelt die Werte wider, auf denen wir Clothesfriends aufbauen: Einen bewussten, nachhaltigen Lebensstil auf allen Ebenen zu ermöglichen und dabei gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Deshalb schätzen wir es sehr, wie sich durch die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Hubs unsere Communities gegenseitig ergänzen: Vom eigenen Store der nachhaltigen Knitwear-Brand Faible & Failure in Hamburg bis zur veganen Pizzeria Doctor Drooly in München.
Steht ein ähnlicher Gedanke hinter der Kooperation mit dem Concept Store Staiy und dem Taschenlabel Zamt in Berlin?
Carmen Jenny: Diese Motivation steckt schließlich auch in der Zusammenarbeit mit Zamt und Staiy im Concept Store in Berlin, wobei es unser Ziel als Partner war, alle Ebenen von Circular Fashion zu verbinden. Durch die Kombination der sich ergänzenden Ansätze wird zirkuläre Mode in einer lokalen Experience vereint: Von nachhaltigem Design und fairer Produktion der Berliner Brand Zamt, über die geprüfte Selektion von Brands vom Marketplace für Sustainable Fashion Staiy und der Verlängerung der Tragezeit durch das Mieten von neuen oder Secondhand-Pieces von Clothesfriends.
Welche Kleidungsstücke oder Brands sind bei den User:innen besonders gefragt und beeinflussen Modetrends die Nachfrage?
Carmen Jenny: Vom weißen Secondhand-Babydoll-Kleid bis zum Crop Top aus recyceltem Kaschmir von Jan 'n June. Wir sind immer wieder begeistert, wie viel wir von unserer Community lernen und wir aus ihrem Feedback das Angebot anpassen können. Die aktuellen Trends und die Auswahl von speziellen Pieces haben darauf einen genauso entscheidenden Einfluss wie die Positionierung der Partner-Brands. Hier achten wir in erster Linie auf die Philosophie einer Brand und inwiefern sie eine nachhaltige, faire Produktion sowie den Ausbau ihrer Strategie für mehr Zirkularität im Unternehmen verfolgen. Gerade weil unsere User:innen Mode nicht nur wegen der Abwechslung mieten, sondern dabei auch einen bewussten Konsum anstreben, spüren wir eine immer größere Nachfrage, Brands über Clothesfriends kennenzulernen und entweder über die App gesammelt ausprobieren zu können oder direkt bei einer Brand im Online-Shop zu mieten.
Mode zu mieten anstelle zu neu zu kaufen gilt als nachhaltigste Art des Konsums. Was würden Sie Modemarken raten, die Teil der Circular und Sharing Economy werden wollen?
Carmen Jenny: Time is now: Der Klimawandel, die aktuelle Weltlage und die sich dadurch veränderten Umstände könnten sich aktuell nicht klarer auf die Gesellschaft und die Wirtschaft auswirken. Als junges Unternehmen werden wir immer aufs Neue daran erinnert, dass man Krisen-Situationen als Chance nutzen kann. Dieses Potenzial liegt gerade für Fashion Brands in der Circular und Sharing Economy. Die naheliegende Perspektive liegt in der Reduktion der CO2-Emissionen, der Einsparung an Abfall und dem langfristigen Einzahlen auf eine zirkulär funktionierende Modeindustrie von der Produktion bis zum Recycling. Die zweite Chance besteht darin, über ein zirkuläres Angebot wie dem Mieten die Generation Z früh zu erreichen und an sich zu binden.
Aber so einfach ist noch nicht…
Carmen Jenny: Es ist klar, dass eine zirkuläre Transformation für eine Brand komplex ist – und eine entscheidende Herausforderung ist der Preis. Laut einer Zalando-Studie sagen knapp mehr als die Hälfte der Konsument:innen, dass Nachhaltigkeit eine entscheidende Rolle bei ihren Kaufentscheidungen spielt – wenn es zum Kauf kommt, geben 35 Prozent an, dass sie regelmäßig ein günstiges Angebot einem nachhaltigen Artikel vorziehen. Diese Attitude-Behavior-Gap kann mit Circular-Fashion-Angeboten wie dem Mieten geschlossen werden.
Wobei unterstützen Sie Ihre Markenpartner?
Sonja Wunderlich: Unsere Erfahrungen zeigen, dass es beim Eintritt in ein Miet- oder Secondhand-Modell nicht nur auf die Auswahl der möglichen Partner:innen oder der Dienstleistenden ankommt, sondern insbesondere auf die Kommunikation. Dabei legen wir auch bei Clothesfriends einen großen Wert darauf, Brands bei der Kommunikation zu unterstützen. Grundsätzlich sollte aber der erste Schritt darin bestehen, seine Haltung als Fashion Brand zu Circular Fashion zu kommunizieren und transparent in den Punkten zu sein, welche Bemühungen innerhalb des Unternehmens gemacht werden oder geplant sind.
Und was sollten Brands außer Kommunikation noch machen?
Sonja Wunderlich: Im nächsten Schritt geht es darum, die passenden Angebote und Ansätze für Circular Fashion für sein Unternehmen zu definieren und festzulegen, wie sich diese ergänzen lassen: Ausgehend von der Produktion bis hin zur Distribution und der Sicherstellung, dass die Produkte so lange wie möglich im Kreislauf genutzt werden. Im Umkehrschluss nutzt man das Potenzial somit am besten aus, indem man auf die Kombination verschiedener Ansätze setzt – und da auch Fashion Rental eine Chance gibt. Obschon das Mieten noch nicht in der breiten Masse angekommen ist, lohnt es sich gerade jetzt, eine Pionier-Rolle einzunehmen,von den Vorteilen zu profitieren und sich ganzheitlich für eine Circular Fashion Economy stark zu machen.