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Modehändler während Covid-19: Wie der neue Onlineshop Modehaus Kutsam hilft, Stammkunden zu erreichen

Von Weixin Zha

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Einzelhandel |CEO-INTERVIEW

Innerhalb von sieben Tagen hat das österreichische Modehaus Kutsam während der Ladenschließungen wegen Covid-19 seinen eigenen Onlineshop auf die Beine gestellt. Seit Ostern hat auch die erste stationäre Filiale wieder geöffnet. Wie die Geschäfte offline und online laufen und wie der Webshop auch in Zukunft helfen soll, das Kundenerlebnis zu verbessern, erzählt Geschäftsführer Johannes Behr-Kutsam im Interview.

Herr Behr-Kutsam, einer Ihrer Modehäuser, der Standort Sierning hat bereits nach Ostern geöffnet. Wie liefen bisher die Geschäfte?

Johannes Behr-Kutsam: Wir sind jetzt in der zweiten Woche und 50 Prozent unter Plan aufgelaufen. Normalerweise hätten wir etwa 2500 Euro Umsatz am Tag und aktuell machen wir etwa 1000 bis 1200 Euro Umsatz. Aber wir haben auch nur einen Mitarbeiter drinnen, die anderen sind noch zuhause. Dadurch wird das Ergebnis zumindest nicht schlechter, wenn wir aufsperren. Unter den ersten, die schon bei der Ladeneröffnung an der Tür standen, war auch ein Mann, dem seine Hose im Home-Office gerissen ist. Dann kamen auch nach und nach die Stammkunden rein, die schon beginnen nach Sommerwaren zu schauen.

Die restlichen Filialen von Kutsam sind größer als 400 Quadratmeter und noch bis mindestens Ende April geschlossen. Gab es Aktionen durch die Sie mit den Kunden in Kontakt geblieben sind?

Wir haben zu Ostern auch einen Aufruf gemacht ‘Kaufen Sie Gutscheine’ und über 20.000 Euro Gutscheine online verkauft. Damit hätten wir auch nicht gerechnet. Auf die fünf Modehäuser gerechnet, wo wir normalerweise schon 1,2 Millionen Euro Umsatz gemacht hätten, die jetzt ausgefallen sind, ist das natürlich nicht viel.

Bild: Geschäftsführer Johannes Behr-Kutsam

Diese Anzahl an Gutscheinen spricht auch für das Vertrauen Ihrer Kundschaft. Haben Sie viele Stammkunden?

Es gibt unser Unternehmen schon 60 Jahre, dadurch haben wir sehr viele Leute mit Kundenkarten. In unserem Nachbarort gibt es mehr Kundenkarten als Haushalte, wo wir quasi jeden Einwohner kennen. Deswegen glaube ich, dass unsere Umsatzrückgänge ‘nur’ 50 Prozent sind und nicht noch schlimmer, weil wir schon vorher ein sehr treues Publikum hatten.

Mit welchen Mitteln bleiben Sie mit Ihren Stammkunden in Kontakt, wenn die Läden zu haben?

Wir haben auch Kunden angerufen, die wir in unserer Kartei haben - unsere besten Kunden sozusagen. Aber es ging gar nicht direkt darum etwas zu verkaufen, sondern darum zu fragen, wie es ihnen geht. Dann entwickeln sich auch ein paar nette Gespräche, wo die Menschen fragen, wann wir wieder offen haben.

Viele, ältere Menschen, die jetzt alleine zuhause sitzen, freuen sich auch. Sie erfüllen sich ja auch ein Kontaktbedürfnis, wenn sie ins Geschäft kommen. Das können wir auch über das Telefon bieten. Bei dem kleinen Teil der Kunden, wo wir das ausprobiert haben, haben wir sehr positive Erfahrungen gemacht. Das würde ich auch weiterempfehlen.

Aber bei Gutscheinen und Anrufen haben Sie es nicht belassen, sondern auch innerhalb kürzester Zeit einen Onlineshop aufgesetzt.

Ich würde auch allen Modehändlern empfehlen, einen Onlineshop zu aufzumachen. Schaut, dass ihr eure Warenwirtschaftssysteme auch mit einem passenden Dienstleister online bringt. Da gibt’s ganz einfache Onlineshop-Systeme. Der Einmalaufwand ist da. So wie wir es gemacht haben, liegt er zwischen 5000 und 15.000 Euro. Wir haben jetzt 28.000 Umsatz mit dem Webshop gemacht und da sind die Retouren schon abgezogen.

Modehaus Kutsam:

    Das Familienunternehmen Modehaus Kutsam wurde 1959 gegründet und betreibt fünf Niederlassungen in Bad Hall, Kirchdorf, Sierning, Schwertberg und St. Valentin. Außer einer Kunden-App hat das Modehaus Kutsam seit Ende März auch einen eigenen Onlineshop. Der österreichische Modehändler beschäftigt insgesamt 65 Mitarbeiter.

Klingt nach einem vielsprechenden Start. Hatten Sie den Plan mit den Webshop erst während der Ladenschließungen wegen der Coronavirus-Epidemie?

Wir hatten vergangenen Sommer Pläne gehabt einen Webshop zu machen, aber aufgeschoben. Ich hatte geglaubt, dass es mindestens ein Jahr dauern würde, weil wir erst versucht hätten ihn 100 Prozent perfekt zu machen, und nie, dass wir so schnell live gehen. Die Mitarbeiter waren vorher auch skeptischer, weil wir ein stationärer Laden sind. Das fällt jetzt alles weg.

Wie schnell ging es dann, als Sie in der Not den Entschluss gefasst haben?

Wir haben es innerhalb von sieben Tagen von Null auf echt gedreht. Das war eh ein kleines Wunder. Mein Bruder ist auch Informatiker mit einer eigenen Firma und er hat mir da ganz massiv geholfen. Die erste Kunden-Bestellung war am Abend des 4. April da und am 5. April haben wir schon über Tausend Euro Umsatz im Onlineshop gehabt.

Mittlerweile sind wir bei über 200 Bestellungen. Mit dem sind wir richtig happy. Unser Onlineshop liefert schon positive Beiträge, es sind zwei Leute damit beschäftigt ihn zu betreuen. Es sind aber fast ausschließlich Stammkunden, die da bei uns einkaufen. Da geht es jetzt nicht um Anlassbekleidung, sondern darum zuhause gemütlich und hübsch auszusehen.

Wie haben Sie innerhalb der kurzen Zeit Ihren Onlineshop bekannt machen können?

Wir haben eine Kunden-App mit der wir mit ein paar tausend Kunden Kontakt haben. Wir haben die Kunden in dieser Zeit auch nur digital benachrichtigt - über Newsletter, Sms und Facebook. Und wir haben auch regionale Berichterstattung in der Zeitung bekommen, weil wir sehr schnell etwas zusammengebracht haben.

Wer kauft bei Ihnen im Onlineshop ein?

Wir liefern hauptsächlich an Kunden, die auch schon vorher Stammkunden waren, das sehen wir in unserer Kundenkartei. Es war bis jetzt nicht unser Plan überregional Mode zu verkaufen, weil ich mit Vorauskasse arbeite und mich nicht darauf einlassen will, dass wir bei unbekannten Leuten Schulden eintreiben müssen. Die Online-Zahlungsmethoden sind auch teuer. Zunächst wollten wir das deswegen vor allem mit unseren Stammkunden machen, weil ich sie kenne und ihnen vertraue, dass wir dort Rechnungen hinschicken.

Denken Sie der Onlineshop wird auch weiter wichtig bleiben, wenn die Menschen wegen des Coronavirus auch von sich aus nicht gerne draußen einkaufen gehen?

Ich kann jetzt meinen Kunden, der sich für etwas interessiert, einen Link schicken und da sieht er ein Bild zuhause. Ich kann ihm per Whatsapp eine Zusammenstellung zuschicken und sagen: Schau, das wär was für dich. Wir können das Digitale nutzen, um die Kundenbeziehungen noch weiter zu verbessern.

Wir telefonieren auch jede Onlinebestellung nach. Wir rufen an, um abzuklären, ob die Größe noch die Richtige ist. Wir können an den Vergangenheitsdaten der Kunden sehen, ob das zusammenpasst. Wenn ein Kunde weite Hemden gekauft hat und jetzt plötzlich ein Slim-Fit bestellt beispielsweise. Dann klären wir im Gespräch ab, ob er jetzt plötzlich abgenommen hat und wirklich das Slim Fit Hemd will. Dadurch reduzieren wir auch die Retouren und verkaufen vielleicht auch mal ein Teil mehr, weil wir beraten können, was dazu passt.”

Bild: Modehaus Kutsam in Sierning

Das hört sich ja nach einem guten Schritt Richtung ‘Omnichannel’ in kürzester Zeit an. Denken Sie der Onlineshop bleibt auch in Zukunft wichtig?

Viele schätzen auch diesen persönlichen Kontakt. Und mit dem Onlineshop können wir noch kundenorientierter sein. Wenn jemand ein Outfit braucht, kann er auch einen Termin außerhalb der Öffnungszeiten machen. Bei uns finden Kunden nicht das billigste, aber das was sie brauchen.

Beim Thema online verkaufen, gibt es auch die Möglichkeite über die Plattform eines anderen Anbieters zu verkaufen. Käme das für Sie in Frage?

Einige dieser Anbieter haben gerade reduzierte Sätze, aber ich setze doch lieber auf unseren eigenen Onlineshop, wo ich unser Modehaus präsentieren kann. Bei den anderen bin ich ja nur ein Lagerhaus und bei etwa 15 Prozent Provision bleibt kaufmännisch auch nicht viel über. Das ist eher für Randsortimente und Ladenhüter interessant.

Apropos Ladenhüter. Denken Sie, dass es zu Rabattschlachten kommen wird, weil es viel unverkaufte Ware wegen der Ladenschließungen gibt?

Alle, die knapp vor dem Zusperren sind, hoffen, dass sie mit Rabatten ihre Rechnungen bezahlen können. Wir sind da optimistischer als die Allgemeinheit. Unsere Hosen aus dem NOS-Programm von Mac können wir auch im kommenden Jahr verkaufen. Wir werden nicht mit großen Rabattaktionen arbeiten, denn die Leute haben jetzt auch Geld, das sie vorher nicht ausgeben konnten. Es gibt ständig jemand, der etwas günstiger verkauft, das war vorher schon so. Aber wir sind keine Fast Fashion Anbieter und haben unsere Schlussverkäufe schon in der Vergangenheit immer kleiner gestaltet.

Wie denken Sie werden sich Ihre Umsätze nach der Wiedereröffnung aller Stores entwickeln?

Die Nachfrage wird noch überschaubar sein, weil die Anlässe wegfallen. In Österreich darf man noch keine Freunde treffen, aber einkaufen. Die Leute halten sich schon sehr daran, ich selbst habe auch schon lange keinen Freund mehr getroffen.

Wenn kein Kino offen hat, und ich darf nicht essen gehen und ich darf kein Freunde treffen oder eine Geschäftsreise machen - wozu kaufe ich dann ein schönes Kleid? Es gibt nur kleine Beerdigungen und Hochzeiten, es fallen fast alle Anlässe weg, um sich richtig schön herausputzen. Die Situation ist also noch etwas absurd, aber wenn die Restaurants wieder öffnen, wird auch die Nachfrage steigen. Ich rechne aber bis Jahresende nicht damit, das wir wieder das Vorjahresniveau erreichen.

Bild: Modehaus Kutsam

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