• Home
  • Nachrichten
  • Einzelhandel
  • Modehandel: Multichannel als Weg aus der Krise?

Modehandel: Multichannel als Weg aus der Krise?

Von Reinhold Koehler

Wird geladen...

Scroll down to read more

Einzelhandel

Der stationäre Handel bestimmt aktuell zwar noch immer das deutsche Modegeschäft, konnte in den vergangenen Jahren aber kaum noch wachsen. Viele Händler klagen über zu hohe Mieten, steigende Kosten für die Lagerung und Personal sowie eine wachsende Zahl an Kunden, die nur noch online bestellen. Zudem hat sich ein Kundenverhalten etabliert, das gerne das niedergelassene Modegeschäft zur Beratung und Anprobe nutzt, um die Waren dann im Anschluss günstig im Internet zu bestellen. Um für die Anforderungen der Zukunft gerüstet zu sein, rät die Unternehmensberatung Deloitte in ihrem neuesten Report „Rahmenbedingungen und Trends im deutschen Bekleidungseinzelhandel“ daher zu einem Multichannel-Modell.

„Der deutsche Bekleidungseinzelhandel verzeichnet seit Jahren ein geringes, aber beständiges Wachstum. Der Distanzhandel, insbesondere der E-Commerce wächst hingegen deutlich und bietet zahlreiche Möglichkeiten für die Marktteilnehmer. Ohne die zielgruppenorientierte Nutzung neuer Vertriebsmodelle vergeben Händler mögliche Umsatzpotenziale und mindern ihre Marktchancen", so Carsten Lehberg, Partner bei Deloitte. So betrug das Gesamtvolumen des deutschen Bekleidungseinzelhandels 2013 rund 57,2 Milliarden Euro, das Wachstum verlief mit rund 1,2 Prozent jedoch nur sehr moderat. Dabei verzeichnet Deutschland mit 16 Prozent den größten Anteil am europäischen Bekleidungsmarkt, innerhalb des deutschen Markts führt Damenmode (55 Prozent) vor Herren- (31) und Kinderbekleidung (14 Prozent). Die jährlichen Bekleidungsausgaben pro Person liegen mit 800 Euro in Deutschland über dem europäischen Durchschnitt von 700 Euro.

Geändert hat sich vor allem die Kollektionsfrequenz. Statt der klassischen vier Kollektionen sind es heute bis zu zwölf Zyklen im Jahr. Der Umsatz pro Kunde und Einkauf sinkt zudem stetig. Der dennoch wachsende Markt entsteht durch häufigere, kleinere Einkäufe. Während die Nachfrage vor allem im unteren Preissegment zunimmt, wachsen die ethischen Ansprüche hochpreisiger Kundengruppen, was wiederum die Beschaffungskosten in die Höhe treibt.

Die Anzahl der Marktteilnehmer ist in Deutschland zwar immer noch hoch, verzeichnet jedoch einen abnehmenden Trend. Immer neue, auch international agierende, Händler treten in den attraktiven Markt ein. Den größten Marktanteil haben derzeit mit 28 Prozent noch unabhängige Modefachgeschäfte, deren Zahl jedoch stetig abnimmt, während die der Geschäftslokale steigt. Dieser Konzentrationsprozess wird sich wohl auch in Zukunft weiter fortsetzen und zu einem Markt mit wenigen großen Filialisten führen. Des Weiteren bedeutet eine sinkende Bevölkerung auch weniger potenzielle Kunden. Darauf müssen sich Händler ebenso einstellen wie auf zunehmend älter werdende Käufer. Zudem sind Bekleidungsausgaben stark von der Konjunktur abhängig, wodurch sich ständig Schwankungen in der Konsumbereitschaft ergeben.

Konzerne bestimmen die Branche

Ein weiteres Problem des stationären Handels ist das vermehrte Engagement der Bekleidungsproduzenten im Direktvertrieb durch Online-Shops und eigene Verkaufsflächen. Sie sichern sich so mehr Kontrolle über die Vertriebssteuerung und machen sich vom Zwischenhandel unabhängig, was wiederum den Konkurrenzkampf um innerstädtische 1A-Lagen forciert und die Attraktivität von B-Lagen weiter senkt. So werden immer größere Investitionen in Ladenlayout und Warenpräsentation nötig, um Kunden anzuziehen. Der Erfolg des Distanzhandels beweist hingegen, dass eine strategische und organisatorische Weiterentwicklung des Multichannelvertriebs große Potenziale birgt. Mittels Omnichannel-Handel hat nämlich vor allem der Marktanteil großer, international operierender Händler erheblich zugenommen. Gerade hier spielt die betriebswirtschaftliche „kritische Größe" eine wichtige Rolle. Die geringe Ertragskraft vieler Händler beschränkt aber ihre Möglichkeiten, notwendige Investitionen zu tätigen.

„Um sich im deutschen Markt behaupten zu können, müssen Bekleidungseinzelhändler ihre Chancen durch den Multichannelvertrieb erkennen. Dazu müssen sie ihre interne und externe Finanzierungskraft besser nutzen z.B. durch eine Cash Flow-Optimierung, die Realisierung von Kostensenkungspotenzialen oder die Ausnutzung alternativer Finanzinstrumente", so Deloitte-Mann Lehberg. Ob dies jedoch für den kleinen Modehändler an der Ecke umsetzbar sein wird, bleibt mehr als fraglich.

Foto: Tim Reckmann / pixelio.de

BEVH
BTE
Hdeeinzelhandel