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Tipps für Black-Friday Alternative „Green Friday“ ohne Greenwashing: „Werbung muss zu Werten passen“

Von Caitlyn Terra

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Einzelhandel |HINTERGRUND

Bei der Schweizer Marke Freitag können am Black/Green Friday Taschen nur gemietet, nicht gekauft werden. Bild: Freitag

Der Widerstand gegen die Schnäppchenjagd am Black Friday wächst. Obwohl es immer noch viele Marken und Einzelhandelsunternehmen gibt, die aus dem aufgebauschten amerikanischen Shopping-Spektakel Kapital schlagen, gibt es eine wachsende Zahl von Unternehmen, die den „Green Friday“ als Gegenpol nutzen wollen. Aber wie geht man den Green Friday richtig an und welche Möglichkeiten gibt es? Ein Gespräch mit der Soul Stores-Gründerin und Expertin für nachhaltiges Storytelling Talita Kalloe zeigt, dass vieles möglich ist. „Grundsätzlich können alle am Green Friday teilnehmen; man muss als Unternehmen nicht schon zu 100 Prozent nachhaltig sein. Die Hauptsache ist, dass man seinen Einfluss nutzt, um sich gegen den Massenkonsum auszusprechen. Wichtig ist aber, dass man das nur tut, wenn die Aktion auch mit den eigenen Unternehmenswerten übereinstimmt.“

Green Friday wird von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich gehandhabt. Einige entscheiden sich dafür, einen Teil ihres Umsatzes an diesem Tag, dem 24. November, für wohltätige Zwecke zu spenden, andere starten eine Kampagne zur Rücknahme von Secondhand-Kleidung im Austausch gegen einen Gutschein. Es gibt auch Marken, die ihre Geschäfte und Webshops radikal schließen oder sich stattdessen auf die Reparatur von Artikeln konzentrieren.

Kalloe weist darauf hin, dass es eigentlich kein Richtig oder Falsch gibt, sofern die Aktion aus einer reinen intrinsischen Motivation heraus initiiert wird: „Wenn man als Unternehmen den Rest des Jahres mit hohen Rabatten kokettiert und sonst wenig tut, um bewusstes Verhalten der Verbraucher:innen zu fördern, dann ist eine Green Friday-Aktion tendenziell Greenwashing“.

Wer übrigens glaubt, dass sich nachhaltigere Marken nie am Black Friday beteiligen, sieht sich getäuscht. Kalloe führt das Beispiel der Bettwäschemarke Yumeko an, die sich zwar 2022 am Black Friday beteiligte - und dabei auch den Begriff Black Friday verwendete -, aber sehr deutlich erklärte, warum. „Sie wollten gerade am Black Friday die nachhaltige Alternative zu nicht-nachhaltiger Bett- und Badwäsche anbieten können. Außerdem geht der Rabatt nur auf Kosten der eigenen Marge und nicht auf Kosten des Einkommens der indischen Bäuer:innen. Mit den Einnahmen aus dem Black-Friday-Sale 2022 konnten sie 49 indischen Bauernfamilien ein faires Einkommen ermöglichen. Dies wird auch jedes Jahr in ihrem Bericht über die Auswirkungen des Verkaufs erwähnt, der veröffentlicht wird.“

Es gibt also eine transparente Kommunikation darüber, warum eine nachhaltige Marke wie Yumeko überhaupt am Black Friday teilgenommen hat. Alles hat also eine Geschichte, so scheint es. „Man kann den Verbraucher:innen nicht vorwerfen, dass sie nach Rabatten suchen; schließlich können sich nicht alle alles leisten. Der Trick für eine Marke liegt vor allem darin, die Verbraucher:innen richtig darüber zu informieren, warum man diesen Rabatt anbietet und wozu sie beitragen, wenn sie bei Ihnen einkaufen.“

Green Friday: Tipps für einen authentischen Ansatz

Wie bereits erwähnt, gibt es auch Unternehmen, die Rücknahmeaktionen durchführen und Produkten und Gegenständen ein zweites Leben ermöglichen. Im Gegenzug erhalten die Verbraucher:innen einen Gutschein, den sie im Geschäft einlösen können. Hier können die Dinge etwas heikel werden, da ein Gutschein immer noch zum Konsum anregt. „Ich verstehe, was Sie meinen“, räumt Kalloe ein. „Aber auch hier geht es um Nuancen. Wenn es sich um eine nachhaltige Marke oder Einzelhandelsunternehmen handelt, landet der ausgegebene Betrag immer noch bei einem Unternehmen, das gut damit umgehen kann.“ Sie hat noch einen weiteren Tipp für Multimarkenhändler:innen: „Wenn Sie für den Green Friday eine Aktion einrichten, bei der Sie einen Gutschein ausgeben, lassen Sie diesen Gutschein zum Beispiel nur für die nachhaltigsten Marken in Ihrem Sortiment gelten.“

Die belgische Marke Xandres unternimmt in diesem Jahr einen mutigen Schritt.
 Sie wird auf Webshop und Läden verzichten und stattdessen einen anderen Weg einschlagen: Die Xandres-Teams werden alte oder beschädigte Kleidung kostenlos reparieren. Vom 1. bis 22. November können Verbraucher:innen ihre beschädigte Kleidung in einem der Xandres-Läden abgeben. Die Aktion wurde auch im Jahr 2022 durchgeführt; damals wurden 600 Kleidungsstücke repariert. In diesem Jahr wird zusätzlich zu den Reparaturen für jedes reparierte Kleidungsstück eine Anzahl von Bäumen in Madagaskar gepflanzt. Kalloe weiß die Aktion von Xandres zu schätzen. „Man sagt also: Lieber verdiene ich an diesem Tag kein Geld, als dass jemand anderes den Preis dafür zahlen muss. Dille & Kamille macht das auch schon seit einigen Jahren so, indem sie am Black Friday die Türen ihres Ladens und Webshops schließen.“

Der Einstieg in den Green Friday, das Gegenstück zum Black Friday

Die Taschenmarke Freitag zum Beispiel schließt ebenfalls die Türen ihre physischen und Onlineshops. An diesem Tag wird es nicht möglich sein, eine Tasche zu kaufen, aber man kann sich in den Freitag-Läden eine Tasche ausleihen. „Der Tag der exzessiven Rabatte passt einfach nicht zum Ziel von Freitag, bewusster und schonender mit Ressourcen umzugehen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Marke. Verbraucher:innen können sich stattdessen eine Tasche zwei Wochen lang kostenlos ausleihen.

Aber wie erklärt man Kund:innen, dass sie an diesem Tag überhaupt nichts kaufen können, egal wie sehr sie es vielleicht wollen? „Hier geht es vor allem darum, gut informiert zu sein und den Kontext klarzustellen. Als Unternehmen müssen Sie in der Lage sein zu erklären, warum Sie die Aktion ins Leben gerufen haben und warum sie wichtig ist. Welches Verhalten wollen Sie damit fördern? Sie müssen auch kritischen Fragen zuvorkommen. Auf diese Weise haben die Verbraucher:innen alle Informationen zur Hand und können selbst entscheiden, ob sie mitmachen wollen oder nicht.“

Green Friday ist nicht nur für nachhaltigere Marken gedacht - ganz und gar nicht so betont Kalloe. „Im Gegenteil: Ich fände es toll, wenn auch Unternehmen, die noch nicht ganz nachhaltig sind, ihren Einfluss nutzen, um ein starkes Statement gegen den Massenkonsum zu setzen. Beim nachhaltigen Storytelling geht es vor allem um Transparenz, Klarheit, Glaubwürdigkeit und Authentizität. Es ist nicht schlimm, wenn man als Unternehmen zugeben kann, dass man noch nicht alles hundertprozentig richtig macht, aber sein Bestes gibt und sich ständig verbessert. Wichtig ist, dass Sie einen Kontrapunkt setzen, der zu Ihren eigenen Werten passt. Wenn man zum Beispiel für Qualität bekannt ist, dann ist es eine Idee, am Green Friday Reparaturen anzubieten, die die Lebensdauer der Kleidung noch weiter verlängern, auch das ist nachhaltig“, so die Expertin für nachhaltiges Storytelling.

„Ihre Aussage muss sich mit Ihrer intrinsischen Motivation, Ihrem Zweck und Ihren Werte übereinstimmen. Egal wie gut Sie es meinen, wenn es sich nicht passt, kann es gegen Sie arbeiten. Um es noch einmal zu sagen: Sie machen ein Green-Friday-Statement ohne Greenwashing, indem Sie Ihren eigenen Werten und Ihrer Authentizität treu bleiben und in Ihrer Kommunikation transparent sind.“

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.nl. Übersetzt und bearbeitet von Simone Preuss.

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