Wie geht kreativer Modehandel während des Lockdowns?
Wird geladen...
Seit Mitte Dezember haben Bekleidungsgeschäfte zwangsweise geschlossen – in Deutschland wie in den Niederlanden. Was tun Unternehmer aus dem Nachbarland in dieser Zeit, um mit Kunden in Kontakt zu bleiben? FashionUnited sprach mit den Modehändlern Only for Men, Shoebaloo und Open32, die im vergangenen Monat tatkräftig und kreativ waren - mit originellen Initiativen als Ergebnis.
Only for Men: Anpassen zu Hause
Der Herrenmodekette Only for Men geht es gut, sagt Marketing- und E-Commerce-Manager Rens Drost. Das Unternehmen hat die Lockdown-Situation rechtzeitig vorhergesehen und seine Einkaufsstrategien angepasst. „Die Hälfte unseres Sortiments ist Freizeitkleidung. Wir haben versucht, das so gut wie möglich zu skalieren, indem wir die Lagerbestände erhöht und gut mit den Lieferanten zusammengearbeitet haben." Der Umsatz im Bereich der Anlass-Mode ist unter Druck geraten, so Drost. „Für Partys oder andere formelle Anlässe geht man normalerweise neue Kleidung kaufen, aber davon gibt es jetzt nicht mehr so viele."
Und doch wird auch während des Lockdowns manchmal ein gepflegter Anzug benötigt – zum Beispiel für einen neuen Job oder als Vorbereitung für eine Hochzeit. Um diesen Männern entgegenzukommen, bietet Only for Men vorübergehend Maßanzüge mit Anpassen zu Hause an. Das gilt insbesondere für Stammkunden, die auch einen festen Modeberater im Geschäft haben. „Kunden, zu denen man eine gute Beziehung hat, möchte man einen zusätzlichen Service bieten", sagt Drost. Für diese Kunden schickt der Männermodespezialist einen Berater mit Stoffmustern, Futterstoffen, Knöpfen, Kleidung zum Anprobieren und einen Laptop mit Beispielbildern los. Gemeinsam gehen Berater und Kunde alle Schritte durch, genau wie im Laden selbst. „Manchmal machen wir das auch für Gelegenheitskunden”, sagt Drost. „Normalerweise kennen wir ihre Größen schon, und statt Stoffmustern und Knöpfen legen wir dann ein paar Jeans ins Auto."
Das restliche Ladenpersonal sei in den Kundenservice gegangen, sagt er. „Mit ihrem fundierten Modewissen sind sie uns eine sehr große Hilfe." Die Logistikabteilung wird auch von den Mitarbeitern der Filialen unterstützt, und sie arbeiten hart an der Website und den Social-Media-Kanälen. Für die kommenden Monate hofft Drost auf Besserung. „Das erste Quartal wird zweifellos noch hart sein, aber in der zweiten Jahreshälfte wird es lockerer, denke ich. Ich sehe und höre überall Hinweise auf eine Art 'Roaring Twenties'-Zeit, darauf freue ich mich schon sehr."
Shoebaloo: Bestellung aus dem Schaufenster
Bei dem Schuhgeschäft Shoebaloo war der Gedanke: Wenn der Kunde nicht reingehen kann, dann gehen wir eben raus. Kurz vor Weihnachten waren die Schaufenster des Geschäfts am Amsterdamer Koningsplein mit großen Postern von weißen Schuhschränken mit den neuesten Modellen in den Regalen bedeckt. Jedes Paar Schuhe hat einen QR-Code. Scannt der Kunde diesen, gelangt er auf die Shoebaloo-Website – und kann sein Lieblingspaar direkt bestellen.
„Wir wollten den Kunden trotz der Ladenschließung unsere Produkte zeigen”, sagt Diek van Tol, E-Commerce-Manager bei Shoebaloo. Zusätzlich zu den Fenstern des Ladens am Koningsplein 1 durfte Shoebaloo auch die Fenster des angrenzenden Gebäudes nutzen, das derzeit leer steht. Abends und nachts werden die Plakate von hinten beleuchtet, so dass auch die Schuhe gut sichtbar sind. „Wir haben noch überlegt: Wird es wirklich funktionieren? Aber das tut es”, lacht Van Tol. Der Webshop lief in den letzten Monaten bereits “sehr gut”, aber die Poster geben dem Verkauf einen zusätzlichen Schub, sagt er. „Und lustigerweise kaufen viele Leute tatsächlich abends oder nachts ein.”
Die Schaufenster der Shoebaloo-Filiale in Rotterdam wurden nun auch mit Plakaten beklebt. Van Tol hat viele begeisterte Reaktionen auf die Initiative erhalten, sowohl von Passanten als auch von anderen Unternehmern. Er hofft, dass die Initiative andere Einzelhändler zu kreativen Ideen inspiriert. Wenn die Geschäfte wieder öffnen, müssen die Plakate abgenommen werden, aber sie können vorerst bleiben. „Persönlich würden wir gerne sehen, was wir sonst noch damit machen können."
Open32: Persönliche Einkaufs- und Lieferdienste
Auch der Webshop des Multibrandhändlers Open32 läuft gut, sagt Marketingchef Menno Dings. Aber online ist nicht alles. Im Dezember wurde eine Reihe von zusätzlichen Diensten gestartet. Die Kette mit Marken wie G-Star, Tommy Jeans und PME Legend im Sortiment bietet einen persönlichen Lieferservice im Umkreis von 32 Kilometern um den Hauptsitz in der niederländischen Stadt Arnhem an. „Wir wollten PostNL (Anm. der Red.: die niederländische Post) ein wenig entlasten, besonders um die Feiertage herum", sagt Dings. „Auf diese Weise bekommen die Kunden ihre Artikel schnell geliefert." Dieser Service wird "besonders geschätzt", sagt er. „Auch bekommen die Kunden von uns ein Lächeln geschenkt!" Im Logistikzentrum der Kette, ebenfalls in Arnhem, können die Kunden ihre Bestellungen in einem speziell eingerichteten Drive-In selbst abholen. Dings: „Dafür kommen die Kunden von viel weiter her als 32 Kilometer.“
Dann gibt es noch einen dritten Service: Videotelefonie mit einem Store-Mitarbeiter, der dem Kunden in einem der physischen Stores eine persönliche Stilberatung gibt. „Vielerorts sind wir ein Local Hero", erklärt Dings. „Deshalb wollen wir uns auch vor Ort zeigen können." Die Kunden können ihren bevorzugten Filialleiter anrufen, der den Kunden nach seinen Wünschen durch die Kollektion führt. Die Einkäufe werden kostenlos und kontaktlos nach Hause geliefert. „Aber die Leute können auch gerne mal einen Anruf wagen, um ein gutes Gespräch zu führen", sagt Dings. „Wir bleiben gerne in Kontakt mit unseren Kunden."
Kunden können ihre Einkäufe im Nachhinein über AfterPay bezahlen. Open32 ist der einzige Offline-Händler, der diesen Service in physischen Geschäften anbietet, so Dings. „In diesen Zeiten ist es wichtig, es dem Kunden so einfach wie möglich zu machen und alle Barrieren zu beseitigen."
Im Moment arbeitet Dings mit dem Open32-Team daran, in den kommenden Wochen weitere lokale Lieferdienste einzuführen. Dings: „Wir tun alles, was wir können, um weiterhin für Positivität zu sorgen."
Dieser übersetzte Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.nl.
Homepage-Bild: Open32