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Wie Schuh Mücke New Work mit Digitalisierung bündelt

Von Weixin Zha

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Einzelhandel

Kathrin Schmidt, Geschäftsführerin bei Schuh Mücke. Bild: Schuh Mücke

Durch die veränderten Arbeitsbedingungen während der Pandemie begannen viele Menschen ihr bestehendes Jobmodell zu hinterfragen. Der bayerische Händler Schuh Mücke setzt auf Digitalisierung für zufriedene Mitarbeitende in einem anspruchsvollen Arbeitsmarkt.

Der Arbeitsmarkt ist im Umbruch. Wie andere Unternehmen spürt auch Schuh Mücke den Fachkräftemangel – im Verkauf, in der Logistik und “ganz schwer” werde es bei IT und E-Commerce, beobachtet Kathrin Schmidt, Geschäftsführerin für die Bereiche HR, Digitalisierung und Accounting der Schuh- und Sport Mücke Gmbh. Ihre Angestellten äußerten im Zuge der Pandemie den Wunsch nach Stundenreduzierungen, entdeckten ein anderes Freizeitbewusstsein für sich.

Dieses gestiegene Bewusstsein für eine ausgewogene Balance zwischen Arbeit und Freizeit äußert sich derzeit in Deutschland und anderen westlichen Ländern auch in den Diskussionen um eine Vier-Tage-Woche und das Schlagwort New Work. Dabei gehe es nicht darum, ob alle Menschen 100 Prozent oder vier Tage arbeiten, sondern darum, dass Unternehmen stärker auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Angestellten eingehen, sagte Schmidt in einem Interview mit FashionUnited während des Handelskongresses in Berlin.

„Dieses Thema Individualisierung und dass es wirklich für die Mitarbeitenden individuell passt, ist eigentlich das, was wir unter New Work verstehen”, erklärt sie. „Soweit es geht, kommen wir den Bedürfnissen der Mitarbeitenden entgegen.”

Mitarbeitende im Store entscheiden selbst, wann sie arbeiten

Das gelingt Schuh Mücke mit Hilfe von digitalen Werkzeugen. Zum Beispiel können die Mitarbeitenden in den Filialen selbst mitentscheiden, wann sie arbeiten. Mithilfe eines intelligenten Systems kann das Handelsunternehmen auf ihre Bedürfnisse eingehen und sicherstellen, dass die passenden Mitarbeitenden mit den richtigen Qualifikationen zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind.

Für den Personaleinsatzplan gibt Schuh Mücke Bedarfstreiber wie Umsatz und Frequenz in den Filialen in eine Software ein, sowie die Nebentätigkeiten und Präferenzzeiten der Mitarbeitenden, erklärt Schmidt. Die Mitarbeitenden können selbst im Vorfeld noch bestimmte Zeiten eintragen, zu denen andere Pläne haben. Das Computerprogramm teilt dann Schichten nach diesen Parametern ein.

Über Schuh & Sport Mücke:

  • gegründet 1954 im bayerischen Kulmbach als die Inhaberfamilie Mücke Schuhe aus einem VW-Bus verkauft
  • 1968 eröffnet das erste Fachgeschäft verkehrsgünstig gelegen an einer Bundesstraße
  • 16 Filialen in Bayern mit durchschnittlich 6000 Quadratmetern
  • Sortiment mit 400 Marken: 60 Prozent Schuhe, 35 Prozent Textil, 5 Prozent Accessoires
  • 750 Mitarbeitende, davon arbeiten 550 auf den Verkaufsflächen
  • 39 Prozent der Mitarbeitenden sind in Vollzeit beschäftigt, 51 Prozent Teilzeit
  • ab 2014 im Besitz der Handelskooperation ANWR

Bei den Umfragen unter Mitarbeitenden und in Personalgesprächen stellte der Händler viel Unzufriedenheit über die Personaleinsatzplanung fest, es war das Top-1-Thema. Es war Schuh Mücke deshalb wichtig, die Angestellten hier zu beteiligen. Insgesamt schaut das Unternehmen auf die Jahresarbeitszeit der Mitarbeitenden; in welchen Perioden sie mehr oder weniger arbeiten möchten, entscheiden diese selbst.

Digtiale Tauschbörse

„Personaleinsatzplanung ist ein sehr emotionales und sensibles Thema im Handel, da können Sie ja fast nur verlieren”, erklärt Schmidt. Mitarbeitende achten da sehr viel auf Fairness bei der Zuteilung. „Die Arbeitszeit der Kollegin ist manchmal wichtiger als die eigene Arbeitszeit”, sagt sie während einer Präsentation in Berlin.

Mit dem jetzigen System müssen Filialmanager:innen nicht mehr andauernd abwägen, ob der Geburtstag der Großmutter oder ein ruhiger Nachmittag auf der Couch wichtiger zu genehmigen ist. Und im Zweifelsfall die Angestellten verärgern. Es spart auch Zeit für die Beteiligten. Die Genehmigungsquote für Anträge zu den Arbeitszeiten liegt mittlerweile bei 90 Prozent.

„Heute können wir selbstbewusst sagen: Unsere Mitarbeitenden können, müssen und dürfen zu jeder Zeit über ihren Personaleinsatz mitbestimmen”, sagt Schmidt. „Und es steht uns nicht zu, zu definieren, warum jemand eine Präferenzzeit hat und was das wichtigere Anliegen ist.”

Zum Jahreswechsel soll auch eine digitale Tauschbörse für Schichten eingeführt werden. Das soll auch die Storemanager:innen entlasten, die sonst bei Ausfällen rumtelefonieren müssen.

Digitaler arbeiten

„Ohne geht’s nicht. Vieles geht einfacher, besser und schneller”, sagt Schmidt über die Digitalisierung der Arbeitsorganisation, die noch mehr als die Personaleinsatzplanung in den Stores umfasst.

Vor neun Jahren fuhr noch eine HR-Mitarbeiterin, die Bewerbungen in ein Auto geladen hat, zu den Filialen, wo sie gesichtet wurden. Aber das war nicht effizient, 2013 führte der Schuhhändler das digitale Bewerbermanagement ein, Unterlagen waren so überall verfügbar. Das war der Beginn von Myjob, danach folgten noch andere digitale Applikationen im Bereich Human Resources.

Ein Jahr später kam die digitale Personalakte, die für das Unternehmen und Mitarbeitende einsichtbar ist. Hier sind auch Dokumente wie Lohnabrechnungen und Steuerbescheinigungen abrufbar. Das spart das Ausdrucken, Falten und Versenden von Lohnabrechnungen.

Danach wurden Schulungen digitalisiert, die App dafür heißt My Learnings. Für die eigene Mückepedia wurden in Eigenproduktion Videos zu Themen wie Warenkunde gedreht. Schulungsinhalte zu einem großen Sortiment, wie das von Schuh Mücke, können so schnell an Mitarbeitende weitergegeben werden. Bereits während den Lockdowns nach dem Ausbruch der Pandemie konnten Mitarbeitende digital erreicht und über Hygienekonzepte geschult werden.

Alle Tools sollen bald über die MückeApp für alle Mitarbeitenden zentral erreichbar sein. Das Digitalisieren der Prozesse habe geholfen, Effizienzen zu heben und Ressourcen zu schonen, sagt Schmidt. „Wir haben deutlich an Flexibilität gewonnen. Man kann jederzeit auf alle Informationen zugreifen.”

Mobiles Arbeiten

Nach der Rückkehr der Mitarbeitenden ins Büro wollte Schuh Mücke Modelle anbieten, die mit dem neuen Arbeitsalltag vereinbar sind. Mitarbeitende aus der Zentrale können mindestens 40 Prozent ihrer Arbeit mobil verrichten, teilweise bis zu 100 Prozent. Das hängt davon ab, wie das Team und die Projekte aufgestellt sind. Grundsätzlich vertraut das Unternehmen den Mitarbeitenden, dass sie sich so selbst organisieren können, dass mobiles Arbeiten von zuhause klappt.

„Dieses gegenseitige Vertrauen funktioniert bei uns sehr, sehr gut”, sagt Katja Iuras, Retail Operation Partner bei Schuh und Sport Mücke GmbH. „Es muss am Ende dem Team gut tun, und nur dann kann es am Ende auch funktionieren.”

Schuh Mücke behält sich dabei auch vor, Mitarbeitende mit einer Vorlaufzeit von acht Tagen in das Büro einzubestellen, beispielsweise, wenn es bestimmte Projekte gibt, und auch um das Teamgefüge zu stärken.

Inflationsängste

Mit den digitalen Hilfsmitteln arbeitet Schuh Mücke daran, auf die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden einzugehen. Aber nach den Lockdowns während der Hochphase der Pandemie stellen sich wieder auch immer neue Fragen.

„Wenn man mit den Mitarbeitenden spricht, spürt man eine große Belastung und Stress”, sagt Schmidt. Die anhaltend hohe Inflation und die hohen Energiepreise schüren Ängste, beobachtet sie. Viele fragen sich: „Kann ich meinen eigenen Lebensstandard halten?”

Gehalt ist jetzt ein großes Thema im Einzelhandel. „Da haben wir aber noch keine finale Lösung”, sagt sie. Das Unternehmen hebt jedes Jahr die Gehälter nach einem festen Zyklus an, aber wie hoch die Erhöhung dieses Jahr ausfallen wird, ist noch nicht beschlossen.

Für Unternehmen wie Schuh Mücke bleibt es auch weiterhin ein Thema unterschiedlichen Bedürfnisse und sehr individuellen Themen der Mitarbeiter:innen "irgendwie unter einen Hut zu bekommen", sagt Schmidt.

„Wir können gute Laune nicht digitalisieren, aber wir können für Mitarbeitende alle Tools zur Verfügung stellen, dass hohe Zufriedenheitswerte erreicht werden können und damit gute Laune eben auf unseren Verkaufsflächen, in unserer Logistik und unserer Zentrale erreichbar ist.”

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