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World Retail Congress 2023: die wichtigsten Erkenntnisse der Branche

Von Paula V.Pinuaga

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Einzelhandel|BERICHT
Die Homepage des World Retail Congress 2023. Bild: WRC.

Auch in diesem Jahr brachte der World Retail Congress (WRC) wieder einige der weltweit wichtigsten Führungskräfte der Mode- und Einzelhandelsbranche als Impulsgeber:innen für Verbrauchertrends und Repräsentant:innen des aktuellen Stands des Einzelhandels zusammen. Die diesjährige Ausgabe des WRC fand in Barcelona statt.

Expert:innen von Einzelhandelsunternehmen wie Mango, Primark, Zalando und Sephora sowie dem spanischen Modekonzern Tendam und dem spanischen Concept Store Wow gaben wichtige Einblicke in die Branche. Technologische Nachhaltigkeit, Verantwortung als neuer Maßstab, künstliche Intelligenz (KI) und die Rolle der Verbraucher:innen sind einige der wichtigsten Themen, die bei der jüngsten Ausgabe dieses internationalen Kongresses im Mittelpunkt standen.

Nachhaltigkeit als technologischer Schlüssel

Bislang war der Diskurs von Modeunternehmen zur Nachhaltigkeit weitgehend mit Begriffen wie Nähe, ökologische Stoffe, Kreislaufwirtschaft, CO2-Emissionen und Ähnlichem verbunden. Auf dem diesjährigen Kongress tauchte jedoch eine neue Variable auf: die Technologie. Der technologische Fortschritt spielt eine immer wichtigere Rolle, wenn es darum geht, auf die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen zu reagieren, denen Modeunternehmen gegenüberstehen.

In diesem Zusammenhang erstellte Deloitte zusammen mit dem World Retail Congress einen Bericht, in dem untersucht wird, wie die Modebranche Technologien einsetzt, um schnelle Erfolge im Bereich Nachhaltigkeit zu erzielen, die sowohl innerhalb als auch außerhalb der Branche zu langfristigen Vorteilen führen können.

„Es ist kein Geheimnis, dass die Einzelhandelsbranche seit langem für ihren Tribut am Planeten kritisiert wird, von den Produktionsprozessen bis hin zum Verhalten der Verbraucher:innen“, resümierte Karla Martin, Global Fashion and Luxury Leader bei Deloitte DTTL.

„Fortschritte bei der Einführung umweltfreundlicherer Praktiken wurden nicht schnell genug erzielt, was vielleicht zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass es an Instrumenten fehlt, die einen sinnvollen Wandel bewirken können. Neue Cloud-basierte Technologien helfen Einzelhändler:innen jedoch dabei, Nachhaltigkeit mit bewährten Praktiken und unter dem Strich zu fördern“, fügte Martin hinzu.

Burberry hat sich beispielsweise zum Ziel gesetzt, bis zum Geschäftsjahr 2025/26 100 Prozent seiner wichtigsten Rohstoffe rückverfolgbar zu machen, was größere Einblicke in die Risiken und Chancen in der Beschaffungsphase bedeutet. Im Deloitte-Bericht „Global Powers of Retailing 2023“ sagt Caroline Laurie, Burberrys Vizepräsidentin für Unternehmensverantwortung, dass es nicht mehr ausreiche, ehrgeizige Nachhaltigkeitsziele nur zu haben, sondern dass es an der Zeit sei, diese auch umzusetzen.

Es ist kein Geheimnis, dass Nachhaltigkeit ein wichtiges Anliegen von Verbraucher:innen ist, vor allem von jüngeren. Die „Savvy Consumer“-Studie der Samy Alliance bestätigt dies.

Diese wachsende Besorgnis hat Einzelhändler:innen dazu veranlasst, nach neuen Technologien zu suchen, die eine effizientere Datenerfassung, Verfolgung und Rückverfolgung sowie eine bessere Transparenz der Lieferkette ermöglichen. Darüber hinaus nutzt der Einzelhandel Technologie aber auch, um völlig neue zirkuläre Geschäftsmodelle voranzutreiben, zum Beispiel die Vermietung und den Wiederverkauf von Kleidung.

Luis Casacuberta, CEO von Mango Woman, Kids & Home, auf dem World Retail Congress 2023. Bild: Paula V. Pinagua / FashionUnited

Ein gutes Beispiel dafür, wie Technologie im Dienste der Nachhaltigkeit eingesetzt werden kann, ist Mangos „Nachhaltigkeitspass“. „Wir arbeiten an einem Pass, damit den Leuten die Rückverfolgbarkeit eines Produkts möglich ist“, erklärte Luis Casacuberta, CEO von Mango Woman, Kids & Home.

Laut eines aktuellen Berichts von Think zusammen mit Google geben 72 Prozent der britischen Verbraucher:innen an, dass sie beim Kauf eines Produkts darauf achten, ob die Werte einer Marke ihre eigenen Überzeugungen widerspiegeln. Für Unternehmen kann der Erfolg eines Verkaufs also davon abhängen, ob Verbraucher:innen den Aussagen ihres Unternehmens vertrauen können.

Verantwortung als Hauptpriorität

Während der drei Kongresstage betonten die verschiedenen Führungspersönlichkeiten, die an den Vorträgen und Interviews teilnahmen, die Verantwortung, die Unternehmen nicht nur gegenüber der Umwelt, sondern auch gegenüber der Gesellschaft haben.

Wenn Unternehmen einen Zweck verfolgen, der über den Profit hinausgeht, und nachhaltigen Maßnahmen, die gut für den Planeten und die Menschen sind, Vorrang einräumen, können sie mit ihren Kund:innen auf authentischere Weise in Kontakt treten und durch größere Transparenz Vertrauen aufbauen.

„Wir müssen Produkte vermenschlichen und uns in die Menschen einfühlen, die mit uns arbeiten“, sagte Selvane Mohandas du Ménil, Direktor des internationalen Kaufhausverbandes, bei einer der zahlreichen Podiumsdiskussionen des Kongresses.

Millennials und Generation Z erhöhen weiterhin ihre Kaufkraft und beeinflussen die Konsumlandschaft. Trotz der zunehmend Inflation entscheiden sich 47 Prozent der Verbraucher:innen weiterhin dafür, mehr für nachhaltige Waren und Dienstleistungen auszugeben, obwohl sie wissen, dass nachhaltige Alternativen oft teurer sind. Außerdem fordern sie inzwischen Transparenz in Bezug auf den CO2-Fußabdruck von Unternehmen.

„Verbraucher:innen erwarten heute von den Einzelhändler:innen und Marken, bei denen sie einkaufen, dass sie sich wirklich um Nachhaltigkeit und ihre Auswirkungen auf die Umwelt kümmern. Das wird jetzt zu einer nicht verhandelbaren Forderung. Einzelhändler:innen müssen auf Netto-Null-Emissionen hinarbeiten und ihre Lieferketten neu ausrichten, um nachhaltigere Produkte anbieten zu können“, bestätigte WRC-Präsident Ian McGarrigle.

Künstliche Intelligenz revolutioniert Lieferketten

Eine Auswahl an Roboterlösungen von Humanizing Technologies. Bild: Humanizing.com

Die künstliche Intelligenz (KI) befindet sich zwar schon seit einigen Jahren in der Entwicklung, aber ihre Umsetzung im Unternehmensalltag ist eine der revolutionärsten Veränderungen, die Unternehmen derzeit durchmachen.

Genau im Einklang mit diesen technologischen Fortschritten wird die Bedeutung der Anwendung von KI in der Lieferkette mit Algorithmen, die Prozesse durch datengesteuerte Entscheidungen verbessern, immer deutlicher.

KI ist in der Lage, die Lieferkette zu überwachen und wertvolle Informationen zu liefern, die es ermöglichen, schnell auf Probleme zu reagieren - eines der wichtigsten Themen für Dimas Gimeno, CEO des Concept Stores für Mode Wow.

KI kann Sendungen nachverfolgen und jedes Problem, das auftreten könnte, lokalisieren. Außerdem kann sie auf der Grundlage früherer Daten mögliche Probleme vorhersagen. Wenn es zum Beispiel ein Muster verspäteter Lieferungen gibt, kann KI das Problem erkennen und Maßnahmen ergreifen. Sie kann auch Daten sammeln und Vorhersagen über Nachfrage, Angebot und andere Faktoren treffen, die ein Unternehmen beeinflussen.

Bisher wurden Bestände im Lager aufbewahrt und verschiedenen Teams zugeteilt, die wiederum die Verteilung an das physische Geschäft, den Webshop und Großhändler:innen vornahmen. Aber dieser Ansatz passt nicht mehr in die Omnichannel-Welt. KI kann helfen, die Nachfrageprognose, die Preisgestaltung, die mehrstufige Bestandsoptimierung und die intelligente Zuweisung, Kontrolle und Auffüllung der Bestände zu verbessern.

Auf der Konferenz sagte Scott Galloway, Professor für Marketing an der NYU Stern Business School, dass die künstliche Intelligenz die große radikale Erneuerung in der globalen Wirtschaft und im Einzelhandel sei und dass Unternehmen, die ihr nicht folgen, zurückbleiben werden: „KI wird Ihnen nicht den Job wegnehmen, damit hat sie nichts zu tun. Die Realität ist, dass Sie, wenn Sie nicht bereits mit dem Potenzial dieser Technologie experimentieren, zurückbleiben werden“. Galloway sagte auch vorher, dass KI das Merchandising und die Ladengestaltung revolutionieren werde.

In diesem Sinne soll die künstliche Intelligenz im Modesektor laut The Insight Partners bis 2027 schätzungsweise mehr als 4,4 Milliarden US-Dollar (etwa 3,99 Milliarden Euro) wert sein.

KI wird auch eine Schlüsselrolle bei der Suche der Verbraucher:innen nach Informationen über Produkte und Dienstleistungen spielen und diesen Prozess beschleunigen und verbessern. Chat GPT stößt bei Nutzer:innen bereits auf zunehmendes Interesse und stellt ein Szenario dar, in dem jüngere Verbraucher:innen Google nicht mehr als einzige Quelle für die Informationssuche sehen, sondern in dem es mit anderen wie Chat GPT oder TikTok koexistiert.

„Das neue Einzelhandelsumfeld nach der Pandemie ist anspruchsvoller, komplexer und wettbewerbsintensiver als je zuvor“, erklärte BCG-Geschäftsführerin Tiffany Yeh. „Die große Mehrheit der Einzelhändler:innen übersieht die Chance, KI-gestützte Lösungen einzusetzen. Wir müssen heute handeln, um diesen Vorteil zu nutzen und den Handel in die Zukunft zu führen.“

Verbraucher:innen vor Technologie

Ein weiterer wichtiger Ansatzpunkt der Veranstaltung war die Bedeutung der Verbraucher:innen. Das Erlebnis der Kundschaft ist ein immaterieller Wert, der über den Kauf eines Produkts oder einer Dienstleistung hinausgeht und aus unzähligen Interaktionen, Momenten und Kontaktpunkten zwischen Verbraucher:innen und Marken besteht. Sie ist auch der Schlüssel zur Markentreue der Kundschaft.

Stuart Machin (CEO, Marks & Spencer), Ying Xu (CEO, Wumart), Jennifer Foyle (Präsidentin und Executive Creative Director, American Eagle & Aerie) und Marcella Warternberg (CEO, AWWG), waren sich bei einer Podiumsdiskussion einig und vertraten alle die folgende Auffassung: „Technologie ist ein wesentlicher Bestandteil des Erfolgs des heutigen Einzelhandels, aber sie kann nicht eingeführt werden, ohne zu prüfen, dass die Verbraucher:innen einer Marke dazu bereit sind“.

Den Markt und die Verbraucher:innen zu kennen ist für Unternehmen von entscheidender Bedeutung, denn Märkte verändern sich zunehmend und werden immer anspruchsvoller, und Verbraucher:innen haben unterschiedliche Präferenzen und vielfältige Wünsche. Daher wird das Anbieten von Wertvorschlägen, die disruptiv und innovativ sind, angesichts des immer härteren Wettbewerbs den Unterschied machen.

Eine weitere Variable, die diskutiert wurde, wenn es darum geht, ein größeres Engagement bei Verbraucher:innen zu erreichen, ist die Umsetzung spezifischer lokaler Maßnahmen, die auch nachhaltig sein können.

Vortragende der „Where Next for eCommerce“-Präsentation auf dem World Retail Congress 2023. Bild: Paula Pinuaga/FashionUnited.

In diesem Sinne erzählte Jumias ehemalige CEO Juliet Anammah der Branche, wie das E-Commerce-Unternehmen eine kleine, auf ein bestimmtes Verbraucher:innensegment ausgerichtete Kampagne testete, bei der es mit jedem Kauf am Black Friday Geld für die Pflanzung eines Baumes spendete. Das Ergebnis war spektakulär und die Umsätze stiegen exponentiell.

So bleiben Verbraucher:innen trotz Technologie die grundlegende Säule des Erfolgs. Es geht nicht länger nur um das Produkt. Einzelhändler:innen, die all ihre Bemühungen auf ein attraktives Produkt konzentrieren, ohne auf die Bedürfnisse ihrer Kundschaft einzughen, werden garantiert scheitern.

Dieser Artikel von Paula V.Pinuaga erschien ursprünglich auf FashionUnited.es. Übersetzt und bearbeitet von Simone Preuss.

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