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Changemakers in der Mode (Teil 6): Natascha van der Velden

‘Weniger, aber besser machen’
Hintergrund|Interview
Natascha van der Velden Bild: Pascal Raphael Photography
Von Esmee Blaazer

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Es gibt unzählige Nachhaltigkeitsinitiativen, aber wer in der Modeindustrie treibt den Wandel wirklich voran – unabhängig davon, ob die Bemühungen für die breite Öffentlichkeit sichtbar sind oder nicht? Wir interviewen Changemaker:innen, Berater:innen, Nachhaltigkeitsexpert:innen und Aktivist:innen in der Mode. Was können wir von ihrer Arbeit lernen?

In Teil 6: Dr. ir.Natascha van der Velden, unabhängige Forscherin und Beraterin im Bereich nachhaltige Mode und Textilien. Als Expertin kommentiert und deutet sie regelmäßig nachhaltige Mode in den Medien.

Doktorin, Industriedesignerin, Anm. d. Red.

Wer sind Sie und was ist Ihr Hintergrund sowie Fachgebiet?

Ich bin Natascha van der Velden und schon mein ganzes Leben lang von Textilien, Kleidung und Mode fasziniert. 1994 habe ich mein Studium an der TU Delft im Bereich nachhaltige Textilien abgeschlossen. Damit war ich eine der Ersten, die sich mit diesem Thema befasste. Das war echte Pionierarbeit.

Nach meinem Abschluss habe ich 15 Jahre in der Textilindustrie gearbeitet. Danach bin ich an die TU Delft zurückgekehrt, um in meiner Doktorarbeit zu untersuchen, wie Modedesigner:innen Nachhaltigkeit beeinflussen können. Ich habe mich darauf spezialisiert, die Auswirkungen verschiedener Materialien und Produktionsmethoden mithilfe von Lebenszyklusanalysen (LCA) zu berechnen. Seitdem arbeite ich an Forschungsprojekten, berate Unternehmen, schreibe Artikel und unterrichte über Nachhaltigkeit und LCA in der Textilbranche.

Woran arbeiten Sie zurzeit?

Ich arbeite an Projekten, die Unternehmen helfen, Nachhaltigkeit quantitativ zu messen und zu verbessern. So arbeite ich beispielsweise eng mit einem Unternehmen zusammen, das ein System für die On-Demand-Produktion aufbaut. Das bedeutet, dass Kleidung erst dann hergestellt wird, wenn eine Nachfrage besteht. Dies steht im krassen Gegensatz zur gängigen Praxis in der Mode. Dort werden Produkte erst entwickelt, produziert und dann den Konsument:innen präsentiert. Die nachfragegesteuerte Produktion ist ein vielversprechender Weg, um Überproduktion und die Vernichtung unverkaufter Kleidung zu bekämpfen.

Darüber hinaus konzentriere ich mich auf die Materialforschung. Dazu gehören die Verwendung von recycelten Stoffen und die Verarbeitung von Textilabfällen, um die Nachhaltigkeit von Produkten weiter zu verbessern.

Wie hat sich die Nachhaltigkeit seit Ihrer Doktorarbeit entwickelt? Welche Fortschritte wurden erzielt? Würden Sie es überhaupt als Fortschritt bezeichnen?

Letzteres ist ein guter Punkt. Aus der Perspektive der nachfragegesteuerten Produktion ist es schwer zu verstehen, warum der Großteil der Branche immer noch an der Massenproduktion und den endlosen Preisnachlässen für schlecht verkäufliche Artikel festhält.

Positiv ist, dass Nachhaltigkeit bei allen auf dem Schirm ist. Das gilt sowohl für Modefachleute als auch für Studierende in der Ausbildung. Dieses Bewusstsein ist entscheidend, denn wenn man nicht weiß, was los ist, kann man auch keine Lösungen entwickeln.

Negativ ist, dass die Zahlen, wie die gesamten Umweltauswirkungen, noch nicht wesentlich sinken. Das liegt vor allem daran, dass immer mehr produziert wird. Man kann Produkte zwar nachhaltiger machen, aber wenn die Gesamtmenge weiter zunimmt, bleibt die Auswirkung hoch. Ohne starke Anreize oder klare Vorschriften wird sich das nicht schnell ändern.

Leider ist es in einer Welt des freien Handels schwierig, wirksame Regeln aufzustellen. Wenn doch Gesetze in Vorbereitung sind, sieht man, dass Lobbys aus der Wirtschaft versuchen, diese abzuschwächen, wie es bei der CSDDD geschehen ist.

Das Erreichen der Klimaziele für 2030 ist kompliziert. Ein Beispiel ist die Reduzierung der CO₂-Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990. Die Branche produziert heute so viel mehr, dass selbst eine Halbierung der Emissionen pro Produkt nicht ausreicht. Das bereitet mir Sorgen.

Glücklicherweise sehe ich auch hoffnungsvolle Entwicklungen. Viele Unternehmen investieren in Innovationen und es entstehen schöne Kombinationen aus Technologie und Handwerk. Aber das erfordert einen langen Atem.

Darin steht die Textilbranche übrigens nicht allein: Viele Industrien kämpfen mit demselben Problem.

Welche Botschaft oder welchen Denkanstoß haben Sie für unsere Leser:innen?

Von den Konsument:innen wird erwartet, dass sie ‘die richtigen Entscheidungen’ treffen. Dabei ist es sehr verständlich, dass sie im Ausverkauf oder am Black Friday kaufen. Schließlich werden die Produkte zu niedrigen Preisen angeboten und der Kauf ist nicht verboten. Ich finde, dass die Unternehmen selbst mehr Verantwortung übernehmen müssen.

Dass Organisationen über alle Produktinformationen verfügen müssen, wird glücklicherweise immer wichtiger. Sorgen Sie dafür, dass Sie Antworten auf Fragen haben wie: Woher kommt mein Produkt? Welche Materialien sind darin enthalten? Wer stellt es her? Wie und von wem wird es verwendet? Und was kann am Ende seiner Lebensdauer damit geschehen - kann es wiederverwendet oder zu neuer Kleidung verarbeitet werden? Das ist nicht nur wegen der kommenden CSRD-Berichtspflicht und des digitalen Produktpasses wichtig. Auch die Konsument:innen erwarten das einfach.

Wer weit weg produziert, hat automatisch weniger Überblick und Kontrolle. Oft wird die arbeitsintensive Fertigung, ein großer Kostenfaktor, in Niedriglohnländer ausgelagert. Ich glaube fest an eine lokalere Wirtschaft. Je kürzer und überschaubarer die Kette, desto mehr Kontrolle hat man. Das kann sogar Kosten sparen.

Ich rate Unternehmen auch immer: ‘Weniger, aber besser machen’. Mit anderen Worten: intelligenter produzieren. Heutzutage gibt es dafür die Mittel. Digitale Systeme ermöglichen es, Materialbestände, Nachfrage und Produktion eng aufeinander abzustimmen, wie bei der On-Demand-Produktion.

Oder nehmen Sie Whole-Garment-Strickmaschinen, die ein Kleidungsstück in einem Arbeitsgang herstellen können. Das spart eine Menge Handarbeit. Das ist eine weitere Möglichkeit, die Kette zu verkürzen und die lokale Produktion realistischer zu machen.

Wie blicken Sie in die Zukunft der Modebranche?

Mode ist ein unglaublich spannendes Thema. Jeder hat eine Meinung dazu, weil es die Menschen direkt betrifft. Das sorgt dafür, dass Nachhaltigkeit auf der Tagesordnung steht und bleibt.

Gleichzeitig spüre ich, dass sich wirklich etwas ändern muss. Ich warte eigentlich schon seit 30 Jahren auf eine große Wende. Viele Initiativen, wie die im Bereich der Zirkularität, sind wertvoll. Sie sind aber noch recht klein im Verhältnis zu dem, was nötig ist: ein Systemwandel.

Welche Initiativen sind ein Schritt in die richtige Richtung?

Nehmen Sie die Entwicklungen im Bereich Recycling. Neue halbsynthetische Materialien aus alten Textilien, das bestehende Wollrecycling und die wachsende Aufmerksamkeit für das Baumwollrecycling. Das sind Schritte in die richtige Richtung.

Aber es gibt auch weniger gute Beispiele, wie recyceltes Polyester. Das schien anfangs positiv. Ein Etikett mit dem Hinweis ‘aus recyceltem Material hergestellt’ wirkt nachhaltig. Aber die Verwendung von Plastik-Getränkeflaschen für Polyesterkleidung ist es nicht. Es dauerte Jahre, bis das einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde.

Eine LCA für Textilien zeigt, dass neue, biobasierte oder recycelte Materialien nicht automatisch nachhaltiger sind. Die Umweltauswirkungen hängen von der spezifischen Anwendung ab. Um intelligenter mit Materialien umzugehen, ist mehr Grundlagenforschung nötig. Es muss untersucht werden, welche Materialien in welchem Kontext am besten funktionieren – etwas, das in dieser traditionellen Branche noch selten geschieht.

Wie sehen Sie neben der Innovation die Rolle der Zusammenarbeit in der Modebranche?

Früher war die Modebranche eher zögerlich, Wissen oder Assets zu teilen. Heute sind Unternehmen und Ausbildungseinrichtungen immer häufiger zur Zusammenarbeit bereit. Das ist positiv und wichtig, denn Zusammenarbeit bringt viel. Sie fördert Innovationen, macht Prozesse effizienter und hilft der Branche, nachhaltiger zu werden.

Die Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen wird ebenfalls immer wichtiger. Denken Sie zum Beispiel an Mathematiker:innen, die neue Techniken und Systeme modellieren können. Indem man über den eigenen Tellerrand hinausschaut, entstehen Lösungen, die einen echten fundamentalen Wandel ermöglichen.

Dieser Artikel wurde mithilfe von digitalen Tools übersetzt.

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