Modefestival FashionClash rückt den kreativen Prozess ins Rampenlicht
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Die Limburger Hauptstadt Maastricht wurde in eine wahre Modestadt verwandelt, als am Wochenende das Modefestival FashionClash stattfand - ein Modeevent, das jungen Designer:innen eine Bühne bietet, und das auf eine unbeschwerte Art und Weise. Das Publikum war eingeladen, im Rahmen von Ausstellungen, Workshops, Vorträgen, Filmen und Modenschauen an der Mode teilzunehmen.
Im Fokus der 15. Ausgabe steht nicht das Endergebnis, sondern die gemeinsamen Kreationen und der kreative Prozess. Bei der fünfzehnten Ausgabe geht es nicht um das Endergebnis, sondern um die gemeinsamen Kreationen und den kreativen Prozess. Deshalb haben die Veranstalter:innen Branko Popovic, Els Petit und Jessie Beurskens die Zügel in die Hand genommen und fünf junge Modemacher:innen eingeladen, "die neue Erzählung der Mode" zu entwerfen. Doch was bedeutet das? Und wer entscheidet, wie die neue Erzählweise der Mode aussieht?
Die fünf Modeschöpfer:innen, die vor dem Projekt nicht in Kontakt standen, steckten die Köpfe zusammen und waren sich einig, dass nicht das Endergebnis, sondern der Prozess im Mittelpunkt stehen sollte. „Das Endergebnis, sei es eine Kollektion in einem Geschäft oder Kreationen, die auf Ausstellungen gezeigt werden, wird oft unter dem Namen einer einzelnen Person gefeiert. Um zu diesem Endergebnis zu gelangen, sind jedoch ein Denkprozess und ein kollektiver Ansatz erforderlich. Wir sind der Meinung, dass dies eine größere Bühne verdient“, sagte Enzo Aït Kaci, einer der ernannten Kurator:innen, am Eröffnungsabend. Die Vision der fünf jungen Modeschaffenden resultiert in einer FashionClash-Ausgabe voller neuer Ausdrucksformen. FashionUnited war vor Ort und berichtet über die Highlights des modischen Wochenendes.
Neue Mode-Narrative
Die Botschaft des Modefestivals wurde direkt nach der Eröffnung des Programmes mit der Ausstellung New Fashion Narratives im Bureau Europa sichtbar. Die Ausstellung New Fashion Narratives zeigt Kreationen von 22 internationalen Modedesigner:innen, mit denen die fünf ernannten, jungen Kurator:innen die Ausstellung konzipiert haben. Darunter auch die Arbeiten des Designers Timothy Scholte/Mary-Ann, die auf Metallrahmen gezeigt wurden. Scholte fertigte in seinen Arbeiten Skizzen aus Stahl an. So beginnen viele seiner Werke mit geschweißten Metallrahmen, in denen er experimentiert und neue Formen erforscht. Das Ergebnis dieser Experimente zeigte sich in Form von ausgestellten Kleidungsstücken, die über Metallrahmen gespannt wurden. Sie unterstrichen die materiellen und taktilen Qualitäten seines kreativen Prozesses.
Die Kollektion lenkte das Augenmerk auf die Art und Weise, wie sich die Menschen kleiden, um sich begehrt zu fühlen. Scholte erforscht die Verwendung von Kleidung, die es ermöglicht, den Körper zu verwandeln. Dabei lässt er sich von der Motorradkultur inspirieren, denn Motorradkleidung dient nicht nur dem Schutz, sondern auch der Stärkung des Körpers.
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Eine weitere Designerin, die mit ihrer Arbeit hervorsticht, ist Chaewon Kong. Die Designerin lässt sich von ihren persönlichen Erfahrungen und Werten inspirieren und setzt sich in ihren Kreationen mit Themen auseinander, die ebenfalls häufig den Körper betreffen. Diesmal stellte sie "Dare to Wear" aus – drei Schaufensterpuppen, die Korsetts tragen. Es wurde schnell deutlich, dass die Korsetts nicht um den Körper der Puppen passen, was auf die mangelnde Vielfalt der Formen von Schaufensterpuppen hinweist.
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Das Projekt ‘Booklook’
Die Forscherin und Designerin Anouk Beckers setzt sich mit ihrem Projekt "Booklook" dafür ein, die Geschichte hinter dem Kleidungsstück wieder in den Vordergrund zu rücken. Beckers ist der Meinung, dass Kleidungsstücke wieder mehr Wertschätzung erfahren müssen. In einer Welt, in der die Zeitschriften jeden Monat ein neues Kleidungsstück in den Mittelpunkt stellen, sei das einfach schwierig, sagte sie bei einem Gespräch in einer kleinen Buchhandlung am Samstagmorgen. Also beschloss sie, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und aktuelle Zeitschriften zu "hacken", indem sie an einer Reihe von Zeitschriften arbeitete, die zu einem Kleidungsstück (z. B. einem Hemd, einer Hose oder einer Schürze) aufgefaltet und wieder zu einer Zeitschrift gefaltet werden können. Das Ziel von Booklook liegt darin, die vorherrschenden kommerziellen Narrative in der Mode zu hinterfragen und die Rolle der Mode in Kleidungsstücken in kulturellen, sozialen, politischen und wirtschaftlichen Kontexten neu zu definieren.
Die zweite Ausgabe des Projekts widmet sich unter anderem den Do-it-Yourself-Praktiken in der Mode. Beckers ist der Ansicht, dass handwerkliche Techniken wie Stricken, Sticken, Schnittmustererstellung und Nähen oft als Hobbys betrachtet und selten erforscht werden. Die Zeitschrift enthält den Aufsatz "Fragmente von Heimwerkergeschichten" der Forscherin Alessandra Varisco und kurze Kapitel, die sich beispielsweise mit der historischen Perspektive von Heimwerkerpraktiken und ihrer Funktion bei der Definition der Rolle der Frau und der Rechte von Bekleidungsarbeiter:innen sowie mit den Auswirkungen von Heimwerkermagazinen auf das Verbraucher:innenverhalten und die Beziehung zwischen Heimarbeit und industrieller Bekleidungsproduktion befassen. Das Magazin hat alles, was eine "normale" Zeitschrift auch hat – Bilder, Text, Seitenzahlen, eine Lesereihenfolge und die bekannte quadratische Form. Der einzige Unterschied: Es ist auf stoffähnlichem Papier gedruckt (was dafür sorgt, dass das Magazin in der Waschmaschine gewaschen werden kann) und es kann in ein Hemd verwandelt werden.
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Das ‘Clash House’
Am Samstagabend zog eine illustre Menschenmenge in den zweiten Stock des Studio Ranium, wo die Veranstaltung 'Clash House' stattfand. Teilnehmer:innen aus ganz Europa, unterstützt von professionellen Theaterschauspieler:innen, hatten in den letzten Monaten an Präsentationen geprobt, die sich von einer "normalen" Modenschau distanzierten. Der niederländische Designer Ruben Jurriën nahm diese Botschaft beispielsweise sehr ernst und verwandelte die Bühne in ein wahres Musikspektakel, während Jean Flogie versuchte, das Publikum mit der Präsentation seiner "Fake Oscars" zum Lachen zu bringen.
Jurriën zeigt seine Kollektion 'Super Femboyant', die für Weichheit und enorme Kraft steht. Während des Auftritts versuchten mehrere muskulöse Models, einen Block mit der Aufschrift "super f*cking heavy" zu heben. Als Jurriën selbst in einem rosafarbenen Kleid die Bühne betritt, wurde er von den Models ausgelacht. Der niederländische Designer ignorierte sie und bekämpfte das fiese Verhalten liebevoll, indem er ein Lied sang. Als sich herausstellte, dass "Sanftheit" mehr Macht hat als ein "starkes Auftreten", schlossen sich ihm die Models an und das Publikum begann zu jubeln. Die Botschaft war eindeutig.
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Jemand, der die Botschaft ebenfalls klar zu vermitteln wusste, allerdings auf eine ganz andere Art und Weise, war das Designer-Duo Maash mit der Eröffnungsnummer des Abends. Ein männliches Model, das nur mit einer beigen Strumpfhose bekleidet war, schritt um ein kreuzförmiges Gerüst herum, an dem mehrere Mäntel hingen. Bei jeder Runde legte er einen neuen Mantel an und warf ihn wieder auf den Boden. Im Laufe des Stücks sprintete das Model über die Bühne und konnte am Ende nicht mehr mit seinem eigenen Tempo mithalten. Maash spielte damit auf die Fast-Fashion-Industrie an, die sich nach Ansicht des Designer-Duos stark verändern muss.
Modefilme
In einer Welt, die heutzutage von der Digitalisierung dominiert wird, dürfen auch Modefilme bei FashionClash nicht fehlen. Am Freitagabend wurde das Publikum ins Lumière geführt, wo fünf ausgewählte Filme gezeigt wurden und die Chance hatten, den "FashionClash Festival Fashion Film Award" und den "Kaltblut Magazine Award - Fashion Film & Video" zu gewinnen. Der Designer Cristian Velasco gewann den ersten Preis mit seinem Film 'Retarzos'. Der Kaltblut Magazine Award ging an Ashim Ahluwalia, der mit seinem Film 'HUM' konzeptionelle Mode einsetzt, um die Ungleichheit zwischen Klasse und Geschlecht zu hinterfragen. Die Hauptfiguren des Films tragen Do-it-yourself-Outfits, die die Aufwertung von allem, was weggeworfen wurde, symbolisieren. So wurden ausrangierte Armbänder, Putzmittel, Müllsäcke und Teppiche in kunstvolle Outfits verwandelt.
Der Weg als Ziel sei auch ein Symbol für die Herangehensweise von FashionClash an die nächsten Editionen, so Popovic in einem kurzen Interview kurz nach der Eröffnung. „Das ist vielleicht wichtiger als das Endergebnis und stellt sicher, dass alle am Prozess Beteiligten zu Wort kommen, was für FashionClash sehr wichtig ist.“
Dieser übersetzte und bearbeitete Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.nl