CIFF: Die Deutschen sind da!
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Die Kopenhagener Modemesse CIFF wird von immer mehr deutschen Marken als Alternative zum heimischen Ödland genutzt, um bestehende Handelspartner:innen aus Deutschland zu treffen, aber auch sich neuen Märkten zu öffnen.
Neudeutsch bei der CIFF
In dieser Saison wird die deutsche Präsenz noch durch das Showcase-Konzept “Neudeutsch” untermauert, bei dem mehr als 35 Kreative aus den Bereichen Mode, Schmuck, Interieur, Objektdesign, Kunst, Ernährung und Beauty sich präsentieren. Auf der rund 800 Quadratmeter großen Fläche sind einige bekannte Gesichter zu sehen, die bereits bei der ersten Ausgabe des vom Trendexperten Julian Daynov kuratierten Projekts im Januar bei der Herrenmodemesse Pitti Uomo dabei waren, wie Marke, Avenir und Haderlump, aber auch einige “Neudeutsch”-Neulinge.
Annika Tibando war bereits bei der vorigen Ausgaben von “Neudeutsch” dabei. Sie nutzt nun die Gelegenheit, ihre Marke International Citizen in Kopenhagen zu präsentieren. Die Designerin, die für ihre nachhaltig-orientierte Luxusmarke auf Tailoring setzt und sich von verschiedenen spirituellen Ansätzen inspirieren lässt, hat keine direkten Ziele für die Messe. Entweder präsentiert sie sich “nur” einem neuen Publikum oder trifft im besten Fall einige Einkäufer:innen.
Der Druck, Händler:innen für sich zu gewinnen und mit Ordern aus der Messe zu gehen, scheint insgesamt nicht so hoch bei den jungen Designer:innen zu sein. Es gehe auch viel darum, bestehende Gespräche weiter zu vertiefen, erklärte Mario Keine von “Marke”. Der in Köln ansässige Designer präsentierte seine Kollektion bereits mit einer Modenschau und einem kleinen Showroom in Berlin. Nach Kopenhagen geht es für ihn dann zum Ende der Saison weiter nach Paris, um dort die Gespräche zu finalisieren. Bei der CIFF hatte er einen festen Termin mit dem Berliner Concept-Store-Betreiber Andreas Murkudis, freute sich aber über Händler:innen aus Japan und Portugal, die seinen Stand bereits am ersten Tag besuchten.
Angelika Kammann, die mit ihrem Label Société Angelique erstmals Teil von “Neudeutsch” ist, zählt aber auch bereits Händler:innen wie das Berliner Luxuskaufhaus KaDeWe, Hechler & Nickel in Darmstadt sowie Gallery Gazette in Tokio zu ihrer Kundschaft. Bei der CIFF präsentiert das in Mönchengladbach ansässige Label eine Kapsel mit Fokus auf Denim, für die alte Jeans des Bekleidungsanbieters C&A zum Einsatz kommen. Im Gepäck hat es Couture-orientiere Stücke, die auf Bestellung gefertigt werden, wie Denim-Mäntel mit verschiedenen Strukturen sowie eine Jacke die aus mehreren Hosenbünden bestehen, sowie auch einige Konfektionsstücke. Bei der Messe geht es auch für Kammann darum, sich internationaler aufzustellen. Aktuell ist sie außerdem auf der Suche nach einer Agentur, die sie bei ihrem Ziel unterstützt.
CIFF als Alternative zu ausbleibenden Messen
Auch abseits von “Neudeutsch” waren einige Marken mit ihren Ständen sowie längerfristigen Showrooms vertreten. Bekleidungs- und Schuhanbieter wie Falke und Tamaris sind in der ersten Etage des Kongresszentrums Bella Center im sogenannten “CIFF Village” mit ihren Showrooms angesiedelt. In einer leer stehenden Fläche ist dort auch noch die übergebliebene Logo-Beklebung des insolventen Modekonzerns Esprit zu erspähen.
Sehr präsent ist derweil Drykorn. Der deutsche Bekleidungsanbieter, der seit vergangenem Sommer bei der CIFF ausstellt, ist neben seinem Stand auch als Werbepartner großflächig über einer Foodbar erkennbar. Der Womenswear-Spezialist Marc Cain zeigt sich an mehreren Standorten und ist neben seinem Showroom im “CIFF Village” auch auf der Messefläche mit einer Showfläche mit mehreren Mannequins vertreten, die die Looks der aktuellen Kollektion präsentieren.
Der Hemden-Anbieter Seidensticker ist mit seiner Unisex-Linie Studio Seidensticker das erste Mal auf der CIFF, da bei dieser das Orderfenster noch bis Ende des Monats offen ist. Darüber hinaus will man sich auch hier präsentieren, da die Marken mit ihren minimalistischen Oversize-Style gut zwischen die dänischen Designenden passt, erklärt Kreativchef Marc Biggemann. Für ihn ist die CIFF eine klare Alternative zu den deutschen Messen, wo Seidensticker aktuell keine Möglichkeit sieht, sich zu präsentieren. Dafür habe man in Kopenhagen auch Termine mit den Buyern gemacht. Auch einige deutsche Einkäufer:innen seien vor Ort, die sicher auch am Stand vorbeischauen, so Biggemann.
Auch für die 2017 bei Wiesbaden gegründete Marke Kleinigkeit ist die CIFF eine wichtige Alternative zu den ausbleibenden deutschen Messen und war im Januar das erste Mal in Kopenhagen. Sie trifft hier ihre Kund:innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, hat aber auch schon am ersten Tag einige neue Besucher:innen aus Ländern wie der Türkei und Italien begrüßt, so Sales Managerin Vivien Hermann.
Die Berliner Marke Prohibited, die sich der schickeren Streetwear verschworen hat, nutzt die Messe ebenfalls um deutsche aber auch internationale Kund:innen zu treffen. So waren neben bestehenden Kund:innen auch bereits der schwedische Onlineshop Boozt sowie die britische Onlineplattform Asos am Stand, wo Prohibited ab Oktober erhältlich sein wird. Für die Berliner gibt es in Deutschland keine Alternative. Nach einem Versuch bei der Seek im vergangenen Jahr habe man sich dagegen entschieden, dort erneut auszustellen, weil die richtigen Einkäufer:innen ausblieben, so Mitgründer Patrick Reimann.
Die nachhaltig orientierte Marke Lanius aus Köln sucht derweil sogar per Schild mit QR-Code eine neue Agentur für Skandinavien. Obwohl man erst Angst vor den geringen Frequenzen gehabt habe, sei man eines besseren belehrt worden, so Yvonne Ley. Die Head of Sales bei Lanius verglich die Dynamik mit den Verhältnissen bei den Berliner Messen vor 20 Jahren. Hier werde noch richtig Mode gezeigt. Zwar könnte für sie der Termin auch etwas früher sein, aber dadurch, dass eine vergleichbare starke Messe in Deutschland fehlt, ist das die einzige Alternative für die Marke. Auch Lanius-CEO Claudia Lanius ist von der Stimmung auf der Messe und der Stadt insgesamt begeistert. In Kopenhagen spüre man die positive Energie, an der es in Deutschland aktuell fehlt.
„Deutschland ist ein Schlüsselmarkt für einen großen Teil der Marken, die bei uns auf der CIFF ausstellen, und die CIFF wird immer mehr zur bevorzugten Messe für deutsche Marken, die international expandieren wollen“, sagte CIFF-CEO Sofie Dolva in einer Pressemitteilung vor der Messe. Auch die Messeveranstaltenden wollen den deutschen Bekleidungsanbietenden und Händler:innen eine Plattform bieten. Daher freut es Dolva und ihr Team auch, dass immer mehr deutsche Marken und Händler:innen ihren Weg nach Kopenhagen finden, so die CIFF-Chefin am Mittwochabend.
Dieser Beitrag wird zu einem späteren Zeitpunkt mit aktuellen Zahlen zu deutschen Besucher:innen und Ausstellenden aktualisiert.
FashionUnited wurde von der CIFF nach Kopenhagen eingeladen.