Denim Première Vision stellt Jeans in den Mittelpunkt für Herbst/Winter 2024-2025
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Die Fachmesse Denim Première Vision in Berlin stellte vom 31. Mai bis 1. Juni 2023 die Arbeit der Jeans-Profis in den Mittelpunkt: Know-how, Herbst/Winter-Trends 2024-2025 und Umweltbewusstsein waren vereint, um den vielfältigen Anforderungen des Modemarktes gerecht zu werden.
Mittwoch, 31. Mai 2023, 10 Uhr morgens: Die von Première Vision (GL Events) organisierte Messe Denim Première Vision öffnet ihre Pforten. Diesmal findet die Wandermesse (die bereits in Paris, London, Mailand und Barcelona stattgefunden hat) in der Arena Berlin statt, nicht weit von der East Side Gallery entfernt. Die Veranstaltenden bezeichnen die Messe als “Denim-Community”, das heißt 67 Aussteller:innen, die sich auf Denimstoffe spezialisiert haben: 50 Prozent stellen Denim her, 20 Prozent verarbeiten ihn zu Kleidung, 20 Prozent entwerfen Accessoires (Knöpfe, Reißverschlüsse usw.). Die restlichen 10 Prozent sind im Recycling tätig, liefern Chemikalien zum Färben des Stoffes oder sind Dienstleistungsunternehmen.
Die Arena Berlin ist eine riesige Halle, die eine Mischung aus Industriearchitektur und schickem Gebäude darstellt. Die vom Showmanager von Denim PV, Fabio Adami Dalla Val, entworfene Szenografie entspricht dieser coolen Dimension, die dem Berliner Geist eigen ist: “Berlin ist eine Stadt voller Energie, in der sich die Menschen frei ausdrücken können”, sagt er uns bei einem Mittagessen. Das Ergebnis: keine Trennwände zwischen den Ständen, Hostessen in Jeans, Außenbereiche am Spree-Ufer, zahlreiche Veranstaltungen und ein Trendforum, in dem das Publikum die ausgestellten Stoffe fotografieren kann (was bei PV Villepinte nicht der Fall ist).
Selvedge-Tradition im Mittelpunkt des pädagogischen Anliegens der Denim Première Vision
Die erste Installation am Eingang ist eine Ausstellung von Kreationen für Männer, die von dem italienischen Designer Stefano Chiassai entworfen wurden. Sie sind das Ergebnis seines Buches “Blue Coloring”. Kombiniert mit anderen Materialien und veredelt durch ungewöhnliche Techniken, die zwischen Handwerk und neuen Technologien angesiedelt sind, entfaltet Denim hier sein ganzes Potenzial.
Weiter hinten lädt ein Workshop unter der Leitung von Alessio Berto Besucher:innen dazu ein, Schnittmuster aus Denim zu erstellen. Aber Achtung, nicht aus irgendeinem Stoff. Hier geht es um das unter Kenner:innen bekannte “Selvedge”-Gewebe, eine Kombination des englischen “Self Edge”, einer Abkürzung für “Self-finished edge”. Technisch gesehen bedeutet dies, dass ein und derselbe Schussfaden verwendet wird, um eine höhere Festigkeit zu erzielen. Optisch führt dies zu einer gleichmäßigen Verarbeitung, die sich in einer - manchmal roten - Umrandung äußert.
Nachdem japanische Hersteller in den 1950er Jahren die alten Webstühle, auf denen Selvedge-Leinen hergestellt wurden, aufgekauft hatten, wurden sie zu Spezialisten dieses hochwertigen Know-hows. Dies gilt auch für die Firma Kurabo, die auf der Messe vertreten ist. In diesem Workshop geht es darum zu zeigen, dass nach den italienischen Betrieben, wie dem Aussteller Berto, nun auch die türkischen durch die Firma Sharabati Denim sich mit diesem von Purist:innen geschätzten Stoff positionieren.
Das Denim-Geschäft wird mengenmäßig vor allem von der Türkei, Pakistan, Brasilien, Bangladesch und China dominiert, und Denim PV soll die Märkte für Streetwear, Casual Wear, Sportswear und Premium Luxury repräsentieren. Die Auswahl, die die Messeleitung getroffen hat, bezieht sich jedoch auf die Fähigkeit der vertretenen Unternehmen, “innovativ, kreativ, nachhaltig und transparent in Bezug auf ihre Lieferkette” zu sein.
“Adaptable”, der Denimtrend für Herbst/Winter 2024-2025, der auf Nachhaltigkeit setzt
Um der Nachhaltigkeitsdimension gerecht zu werden, wurde die Struktur des Trendforums, die in Zusammenarbeit mit Rikkert Pauuw entstand, aus recyceltem Holz aus Abfallstoffen gebaut. Die drei vorgeschlagenen Trends für den Herbst/Winter 2024-2025 lauten: “Adaptable”, “Digital Interference” und “High Contrast".
“Adaptable” konzentriert sich auf klassische Produkte, die der Zeit trotzen. Es gibt das berühmte Selvedge-Gewebe, aber auch Jeans aus 100 Prozent Baumwolle, das heißt ohne Stretch. Der Grund für die Rückkehr zu diesen steiferen Geweben ist, dass jedes Material mit Elasthan, auch wenn es nur einen geringen Anteil hat, nicht recycelbar ist. Die Herstellungsbetriebe bemühen sich daher um Flexibilität durch Polyester, das von Natur aus dehnbar ist, durch die Art und Weise, wie die Fasern gewebt werden, oder auch durch biobasierte Lösungen, etwa Lycra T 400. Auch Viskosetücher werden als Teil des Trends präsentiert.
Dennoch ist Baumwolle, auch wenn sie nachwachsend ist, das Grundmaterial für die Herstellung von Denim. Weil Indigo (heute chemisch) und Baumwolle keine Affinität zueinander haben, weist der Stoff Unregelmäßigkeiten auf (Ringspinnverfahren), die beim Waschen einen Vintage-Effekt bewirken. Dies steht im Gegensatz zum ‘flachen’ Aspekt von Stückfärbungen, die von denjenigen vorgenommen wird, die den Stoff erhalten, die Modelle nähen und sie anschließend färben (Pacific Jeans). Für den Herbst/Winter 2024/2025 ist die Präsenz von “Warm Denim” mit samtigen, verstärkten und gebürsteten Jeans und Wolle/Denim-Mischungen zu erwähnen.
“Digital Interference” zwischen Acid Dye, pflanzlichen Inspirationen und Recycling
Der Trend “Digital Interference”, also die digitale Einmischung, ist ein Zeichen dafür, dass die reale Welt auf die digitale trifft. Visuell zeigt sich dies in unregelmäßigen Webarten wie Bouclé, Mikroverwaschungen, um Strukturen, Risse oder Kratzer zu erzeugen, Mischformen zwischen Strick und Denim oder gesprenkelten Acid Dye-Effekten.
Bei den Farben wird im Herbst/Winter 2024-2025 das Gelb, das im Sommer 2023 zu sehen war, von Grün abgelöst, das sich von der Mineral- und Pflanzenwelt beeinflussen lässt. “Wir bewegen uns weg von der ‘schmutzigen', gelblichen Seite hin zu Flechten- und Dekonstruktionsfarben, zu staubigen Grüntönen”, erklärt Lorenza Martello, Verantwortliche für Trends bei der PV Denim.
Am auffälligsten ist jedoch die Vintage-Nostalgie, die mit dem Recycling-/Upcycling-Trend bei Denim einhergeht. Bisher scheint dies die Positionierung zu sein, die am besten mit der Umweltverantwortung der Mode in Einklang steht. Die Denim PV veranschaulicht dies durch den Nähworkshop “Therapy Recycling”, die Vorschläge junger Designer:innen, die von der Decke hängenden Skulpturen “Monkeys” der Designerin Michiko Koshino sowie einen kleinen Vintage-Markt, auf dem sich Stylist:innen Inspirationen holen können.
“High Contrast”: Wenn Denim durch Raffinesse zum Premium wird
“High Contrast” steht für 3D-Harz-, Glacé- und Laser-Effekte (die an Spitze erinnern), Rillen, beflockte, naive oder narrative Motive, Verzierungen, Lurexfäden und vieles mehr. Denn auch Denim entgeht nicht dem für die Modewelt typischen Wunsch: Innovationen, um aufzufallen.
Vom Barock inspirierte Jacquardgewebe (s. Bild) verkörpern die glamouröse Ästhetik von Y2K (2000er Jahre). Denimhersteller Outside by Fabritex aus Prato (Toskana) besitzt 24 Jacquard-Webstühle. Dank seiner bemerkenswerten technischen Fähigkeiten ist er in der Lage, die Anforderungen von Luxusmarken (Balmain, Louis Vuitton) zu erfüllen.
Und da die allgemeine Idee darin besteht, Denim eine Welt zu bieten, die ihn verführerisch macht, ist es nicht verwunderlich, dass die Pink Party, die am ersten Abend auf dem schwimmenden Pool vor der Arena veranstaltet wird, in eine Modenschau mündet, die von der Akademie für Mode und Design in Berlin initiiert wurde. Die ebenfalls auf der Messe ausgestellten Kreationen repräsentatieren das Angebot der Aussteller:innen und entsprechen den von den Organisator:innen vorgegebenen Richtlinien: “Eine Kollektion unter den Gesichtspunkten Transparenz, Nachhaltigkeit, Zusammenarbeit und Kreativität zu realisieren”.
Die mehr als 1.250 Besucher:innen, die hauptsächlich aus Deutschland, aber auch aus Europa, der Türkei und den USA kamen, erhielten einen Einblick in die Zukunft des Denims.
Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.fr. Übersetzt und bearbeitet von Simone Preuss.