„Die Messe ist das soziale Netzwerk von heute“ - Marie-Laure Bellon, Eurovet
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Vom 8. bis zum 10. Juli 2017 findet die Mode City, die führende Messe in den Bereichen Bade- und Wäschemoden, in Paris statt. Diese versteht sich mehr denn je als Business-Beschleuniger. Wir treffen Marie-Laure Bellon, die Vorsitzende des Eurovet-Vorstands.
Wie ist die Lage auf den französischen Märkten für Bademoden und Wäsche?
Im Jahr 2016 war der Markt für Wäsche recht stabil. Der für Bademoden hingegen war im Gegensatz zum Textilmarkt sehr dynamisch. Während der vergangenen fünf Jahre ist er übrigens um 55 Prozent gewachsen! Zweiteiler sind ebenso wie Einteiler sehr gefragt. Der Markt befindet sich in einem ständigen Wandel.
Wann begannen Sie Ihre Tätigkeit bei Eurovet?
Ich kam 2003 als stellvertretende Geschäftsführerin zu Eurovet und übernahm schließlich 2006 die Geschäftsführung. Zu dieser Zeit gab es nur zwei Messen in Frankreich: die Mode City/Interfilière und den Salon International de la Lingerie. Mein Ziel war es zunächst, international zu expandieren, angefangen mit Asien, wo es keinen französischen Veranstalter gab (Interfilière Shanghai). Anschließend führten wir unsere Entwicklung mit dem Kauf von Curvexpo fort, einem Veranstalter von Wäsche- und Bademodenmessen in New York und Las Vegas, bevor wir schließlich in den russischen Markt einstiegen (Mode Lingerie and Swim in Moskau). Worin bestehen die neuen Herausforderungen für Eurovet?
Unsere Überlegungen drehen sich zurzeit um das Instrument der Messe. Nachdem wir am Image gearbeitet haben, konzentrieren wir uns nun auf den digitalen Aspekt. Die Messe ist ein riesiges soziales Netzwerk, genauso wie LinkedIn oder Zalando. Im Gegensatz zu diesen beiden, die auf der Grundlage der digitalen Medien ihren realen „Event“ geschaffen haben, gehen wir genau umgekehrt vor und begeben uns nun in die digitale Welt. Wir haben eben erst eine Plattform online gestellt, auf der alle unsere Aussteller zusammengefasst sind; eine Art Google für Wäsche und Bademoden.
Wie sieht das konkret aus?
Wir haben auf der Seite von Mode City vor kurzem eine Plattform online gestellt, auf der alle unsere Aussteller zusammengefasst sind. Eine Art Google für Wäsche- und Bademoden, von Lieferanten bis hin zu Marken. Die Idee dabei war, wie eine Online-Suchmaschine vorzugehen. Jeder kann dort nach Informationen suchen, aber auch wie in einem Online-Showroom, vor oder zwischen zwei Messen Termine mit einem Aussteller vereinbaren.
Hat der Wäsche- und Bademodensektor, im Vergleich zur Mode, bei diesem Thema Aufholbedarf?
Unsere Strategie setzt vor allem auf die Bereicherung einer Fachveranstaltung, deren Akteure zum Großteil aus einem sehr industriellen Bereich kommen. Sie müssen ein positives Bild von sich vermitteln und lernen, zu kommunizieren und sich hervorzuheben. Wir möchten darin unterstützen und der Katalysator sein, der alle Akteure des Marktes in den Vordergrund rückt. Unser Geschäftsmodell unterscheidet sich nicht sehr von dem von Facebook!
Zwei Neuzugänge verstärken die Reihen von Eurovet, wer sind sie?
Das Mode-Team wird durch den Eintritt von Vanessa Causse verstärkt, die auch für Li Edelkoort vom Trendbüro Trend Union tätig ist. Ziel ist es, dem Image und der Kommunikation rund um die Messen mehr Style zu verleihen. Auch der Einkäufer Matthieu Pinet, Gründer der Seite The Shape of the Season, unterstützt uns, um zum zweiten Mal den Bereich „Exposed“ auf der Messe zu installieren. Es handelt sich dabei um einen Concept-Store, der dort die Form eines großen Kastens annimmt und eine Auswahl an Swimwear präsentiert, aber nicht nur das. Pinets geschultes Auge hilft uns dabei, das Angebot zu erweitern und individueller zu gestalten.
Spielen Trends eine wichtige Rolle auf der Messe?
Ja, und dies ist auch der Grund, warum wir diesen gesamten Bereich neu konzipiert haben. Es gibt zunächst einen Trend-Bereich, der unsere Auswahl mit den Marken der Aussteller präsentiert und der als unser Erkennungsmerkmal dient. Des Weiteren gibt es einen theoretischeren Trend-Bereich. Und nicht zuletzt die Retail Academy, deren Idee es ist, die Einzelhändler auf pragmatische Art und Weise an die Hand zu nehmen und ihnen Denkansätze und Merchandising-Ideen für ihre Boutiquen zu liefern. Der Schwerpunkt wird auf dem Spiegel liegen, dem wichtigsten Instrument für die Anprobe von Badeanzügen, und den Schaufensterfiguren, die wieder enorm an Bedeutung gewinnen. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, einen Berufsstand zu unterstützen, aber auch zusammenzuführen und ihnen dabei zu helfen, ihr Geschäft auszubauen.
Es sieht so aus, als würden Sie die Einzelhändler sehr umsorgen?
Voll und ganz, sie brauchen Unterstützung und fragen nach Kniffen, um ihr Geschäft auszubauen. Wir möchten noch weiter gehen, und nicht nur ein Veranstalter, sondern ein wichtiges Bindeglied sein. In diesem Sinne veranstalten wir seit drei Jahren ein großes Mittagessen mit ihnen. Waren es anfangs noch 20 Gäste, so sind wir heute bereits etwa hundert Personen, die sich mit Einzelhändlern aus aller Welt an einem Tisch versammeln. Sie tauschen sich untereinander über Neuheiten, ihre Schwierigkeiten und Tipps und Tricks aus. Wir haben sogar das Konzept der Einzelhändler-Botschafter ins Leben gerufen. Die dynamischsten unter ihnen betreiben eine Facebook-Seite mit dem Namen „Ma boutique bouge“ („Meine Boutique bewegt sich“). Die Modenschau am Samstagabend wird für die breite Öffentlichkeit geöffnet und live in den sozialen Netzwerken übertragen. Das wird ein echtes See-Now-Buy-Now-Erlebnis!
Seit kurzem bietet die Messe auch Öffnungszeiten für die breite Öffentlichkeit, warum?
Abgesehen vom Geschäftlichen ist es für uns wichtig, den Wert der Marken, die die Messe ausmachen, hervorzuheben. Unsere Aufgabe ist es, den Schleier über den großen Unternehmen des Marktes zu lüften. Aus diesem Grund erschien es uns wichtig, Konsumenten in die Veranstaltung miteinzubinden und somit als gemeinsames Kommunikationsinstrument zu dienen. Die Marken verlangen das von uns. Wir haben nicht die Marketingstärke einer Victoria’s Secret-Show, aber die Stärken aller Marken der Messe vereint bilden ebenfalls ein machtvolles Instrument, dessen Wert wir nutzen möchten. Daher wird die Modenschau am Samstagabend der breiten Öffentlichkeit (300 Plätze) offenstehen und ab 20 Uhr sogar live in den sozialen Netzwerken übertragen. Die präsentierten Stücke sind jene, die aktuell in den Boutiquen verkauft werden; es wird also ein echtes See-Now-Buy-Now-Erlebnis!
Schließlich wiederholen wir wie in Lyon mit 16 Marken den Sportiv-Bereich, der sich an aktive Frauen richtet. Dort zeigen wir den Fachleuten, wie sie diese Produkte, die Wäsche- und Bademoden mit einem Sport Performance-Angebot verbinden, verkaufen können und bieten darüber hinaus Einzelhandels- und Merchandisinglösungen. Vor allem aber wird dieser Bereich ab 13 Uhr der breiten Öffentlichkeit zugänglich sein (mit Reservierung). Vor Ort gibt es einen Verkaufsbereich und einen gemeinsamen Yoga-Kurs mit der Marke Lolë, die zum ersten Mal auf der Mode City vertreten ist.
Sie bieten also nicht nur eine Messe, sondern ein Kommunikationsinstrument?
Genau das wird immer mehr von uns verlangt. Ebenso wie der Sektor verlangt, Fachbesucher und die breite Öffentlichkeit miteinander zu verbinden. Es ist eine Möglichkeit, der Veranstaltung zu einer neuen Beachtung in der Presse und einer stärkeren Resonanz zu verhelfen.
Fotos: ©Mode City
This article was previously published on FashionUnited.fr. Translated and edited by: Simone Preuss.