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Düsseldorfer Ordertage: Stadt feiert Festival der Mode

Von Gastautor:in

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Messen

Foto: Gallery Fashion in der Schmiedehalle

Die NRW-Landeshauptstadt präsentierte sich am Wochenende als Verbindungsstelle zwischen Modebranche, Einzelhandel, Kunst- und Kreativszene, Gastronomie sowie Hotellerie. Die Stadtkämmerer schnürten ein 300.000 Euro-Förderpaket, um ein Endkunden-gerichtetes ‘Festival der Mode‘ mit 180 Akteuren sowie einem ‚Shopping Day’ auf die Beine zu stellen. Das Land unterstützte die Ausstellung ‘Strike a pose‘ im K21 Kunstmuseum, die während der Messelaufzeit Kooperationen von Design und Mode zeigte.

Gallery Fashion, Supreme und an die 700 Showrooms traten an, um Fachbesuchern die Kollektionen für Frühjahr/Sommer 2022 zu zeigen. „Düsseldorf wird der zentrale Orderstandort in Deutschland bleiben.“ Davon war Angelika Firnrohr, Geschäftsführerin des Düsseldorfer Vereins Fashion Net, schon vor Beginn der Düsseldorfer Fashion Days (DFD), die am heutigen Montag enden, überzeugt.

„Mit dem DFD-Festival wollen wir Düsseldorf als interessante Modestadt positionieren und viele Menschen nach Düsseldorf locken“, erklärt Wirtschaftsdezernent Michael Rauterkus. Das DFD Festival sei eine Chance, die Innenstadt und die unterschiedlichen Quartiere außerhalb der Kern-Innenstadt zu beleben. Evelyn Hammerström, Inhaberin des ortsansässigen Concept Stores Jades, ist begeistert, dass „wir mit Düsseldorf die Kraft gefunden haben, so ein wunderbares Projekt zu veranstalten. Gerade jetzt, wo die Frankfurt Fashion Week hauptsächlich digital stattfindet, setzen wir weltweit ein Zeichen.“ „Jeder ist froh, endlich wieder ausgiebig in Düsseldorf shoppen zu können“, freut sich Jan Schnatmann, Geschäftsführer des Einkaufszentrums Schadow-Arkaden.

Foto: Gallery Fashion

Als die Endkunden am Samstag vorm Düsseldorfer Breuninger-Haus Schlange standen und eine getanzte Modenschau von Marc Cain in der Fußgängerzone Begeisterung auslöste, mussten auch Skeptiker erkennen, dass der Endkundenrummel positiven Einfluss auf das Ordergeschäft haben kann. Alle Beteiligten schöpften Mut: Trotz Pandemie und Hochwasser-Katastrophe haben die Menschen Lust auf Shoppen, auf Selbstdarstellung und Mode.

Der persönliche Draht ist der Key

„Austausch und Inspiration sind wichtiger denn je. Kunden wollen mit Neuem überrascht und begeistert werden! Der direkte persönliche Draht ist ‚key‘: Ob zur Order neuer Kollektionen oder am POS selbst“, stellt Ulrike Kähler, Managing Director Igedo Company, klar, dass Geschäfte, unabhängig ob es sich um die B2B– oder die B2C-Ebene handelt, im Modebusiness von physischen Begegnungen geradezu beflügelt werden. 300 Marken gewann Kählers Team für einen Messeauftritt auf der Gallery Fashion im Böhler Areal.

Digitale Tools ergänzen die analoge Modewelt

„Stur weiterhin zu behaupten, dass man Mode anfassen müsse, ist ungefähr so hilfreich, wie bei jeder Gelegenheit zu erwähnen, dass eine Kugel Eis früher zehn Pfennige gekostet hat“, provoziert Gerd Müller-Thomkins vom Deutsches Mode Institut (DMI) in seinem Vortrag. Die Branche müsse sich viel stärker für digitale Möglichkeiten der Kommunikation, insbesondere im Design und der Produktion, öffnen. Dass die Endkunden sich recht schnell auf Online-Konsum umgestellt haben, belegen die Zahlen des Modehandelsverbands BTE. „Auf Endverbraucherseite hat es einen deutlichen Shift vom stationären zum Onlinehandel geben. Bei Bekleidung erreicht der Online-Handel etwa 40 Prozent, bei Schuhen 35 Prozent“, berichtet Siegfried Jacobs. Der stellvertretender Hauptgeschäftsführer des BTE forderte weitere staatliche Unterstützung für Modeunternehmen, den stationären Handel und die Innenstädte. Seit der weitgehenden Normalisierung des Geschäftsbetriebs ab Juni atme der Modehandel aber wieder auf. Doch ein Vor-Corona-Umsatzniveau sei noch in weiter Ferne, wenn überhaupt wieder erreichbar.

Die deutschen Modehersteller „sind vorsichtig optimistisch“, so Thomas Lange vom Modeverband GermanFashion. Im Durschnitt habe die Bekleidungsindustrie ein Minus von 20 Prozent, in einigen Sparten bis zu 60 Prozent, Umsatzrückgänge im vergangenen Jahr hinnehmen müssen. Der Export ziehe nun wieder an. Aber in der Beschaffung warten weitere Herausforderungen auf die Modebranche angesichts dramatisch steigender Transportkosten und fehlender europanaher Produktionskapazitäten.

Foto: John Cloppenburg, Pressekonferenz der deutschen Bekleidungbranche

John Cloppenburg, Mitinhaber P&C Düsseldorf, blickte auf der Pressekonferenz der deutschen Bekleidungsbranche noch einmal auf die prekäre Situation der stationären Händler zurück. „Es war schlimmer als alles, was man sich hätte ausmalen können. Der Modehandel war mit geringen Einnahmen und zugleich großem Investitionsbedarf in digitale Ein- und Verkaufstools konfrontiert.“ Gedanken müsse man sich auch um Nachhaltigkeitsansprüche mit Umwelt- und Klimaschutzgedanken machen, die nur halbwegs zum Hedonismus der Modebranche passen. „Dann steht uns noch das Lieferkettengesetz ins Haus, dass wahrscheinlich zu Verteuerungen in der Produktion und der Logistik führt…das ist alles komplex und muss mit dem Ziel des Einzelhandels, dem Kunden ein gutes, passendes Produkt zu verkaufen, unter einen Hut gebracht werden,“ zeigt der Modeunternehmer mit großflächigen, personalintensiven Weltstadthäusern in teuren Innenlagen, die Komplexität Gesamtlage auf.

New normal muss erst noch definiert werden

„Kein Ereignis in der Nachkriegsgeschichte hat unser tägliches Leben und damit auch die Art, wie Menschen sich kleiden, so komplett auf den Kopf gestellt. Je länger der Alltag der Menschen von den Einschränkungen geprägt ist, desto bleibender passen sie sich an“, gibt Gerd Müller-Thomkins zu Bedenken. Sein DMI-Kollege Carl Tillessen kann beruhigen: „Die Pandemie ist Brandbeschleuniger und Geburtshelfer. Unsere Bigdata-Analysen zeigen, dass die Menschen kaufen wollen. Die Umstände waren zuletzt nicht gut. Es ist nicht der konsumkritische Zeitgeist, der den Modehandel bremst.“ Er verweist auf gigantische Umsätze, die in asiatischen Luxustempeln nach dem Ende der Testpflichten erzielt wurden.

Patrick Stupp, Geschäftsführer Rich & Royal, präsentiert eine Kollektion, die den neuen Gewohnheiten der Menschen gerecht werden soll. „Unser Anspruch ist es, Looks zu kreieren, die so bequem sind, dass man mit ihnen auf der Couch liegen kann, aber so besonders, dass man damit auch ins Restaurant gehen kann.“ Der Crossover von Home- und Outdoor-Klamotte wird jedenfalls weiterentwickelt. Daneben darf es wieder ‘laut‘ werden, bei den Ausstellern im B1 sah man sehr farbenfrohe, stark gemusterte Kleider für den kommenden Sommer.

Leidenschaft für Mode

Aline Müller-Schade, Geschäftsführerin der The Supreme Group: „Schon der Saisonauftakt in Florenz anlässlich der Pitti Uomo hat gezeigt, wie wichtig das Netzwerken und der Austausch untereinander ist. Sicher stehen die Kollektionen im Mittelpunkt, aber das persönliche Aufeinandertreffen war mindestens genauso wichtig für die Branche und stimmt alle optimistisch.“ Mit einem breiten Spektrum an nationalen und internationalen Kollektionen und vielen neuen Kollektionen, die temporär im B1 am Bennigsen Platz präsentierten, wirkte die Supreme Women&Men mit den Zelten von Fashion Net Düsseldorf im direkten Umfeld sehr quirlig. Entspanntes Ambiente zum Netzwerken, gewürzt mit Trendvorträgen für Buyer von Karolina Landowski kam bei den Einkäufern gut an.

„Wir müssen wieder mutig werden, unsere Leidenschaft für die Mode leben“, erklärte Angelika Schindler-Obenhaus, designierte Gerry Weber Vorstandsvorsitzende auf dem ‘Future Female Fashion Forum‘. Damit rennt sie bei Einkäufern aus dem Premiumsegment offene Türen ein. „Wir sind auf der Suche nach Ware, mit der wir unsere Kunden im Frühjahr 2022 überraschen können. Es gibt viele guten Marken, mit denen wir partnerschaftlich zusammenarbeiten. Hier suchen wir das Besondere“, sagen Einkäuferinnen, die aus Osnabrück zum DFD angereist waren. Miriam Dietz, Pressefrontfrau der Supreme, fasst es so zusammen: „Der Lippenstift darf wieder aufgetragen werden. Die Sehnsucht nach Austausch, Events, Kultur, Reisen und kulinarischen Erlebnissen spiegelt sich auch im frohen Farbmix und Mustern in den SS-Kollektionen 2022.“

Foto: Showroom Better Rich – Geschäftsführer Wolfgang Lohe und Senior Sale Manager Ricarda Rabe zeigen die Kollektionserweiterungen

Hallen 29 und 30, die Showrooms

Der neue Showroom von S.Oliver in Halle 29 (2.500 Quadratmeter, auf denen alle Labels der Rottendorfer und Liebeskind präsentiert werden) beeindruckt mit großflächigen Bildschirmen und reichlich digitalem Equipment, dass nach dem physischen Erleben der Kollektion zur digitalen Order einlädt. Daniel Schmidt, S.Oliver Vertriebsdirektor Deutschland, stellt fest, „dass die Symbiose aus digitaler Order und persönlichem Gespräch“ den Wünschen der Einkäufer entspricht. Angespannte Eigenkapitalsituationen verzeichneten fünf bis zehn Prozent der Mono-Label-Franchisenehmer, die Mehrheit der Händler sei aber ohne allzu harte Einbußen durch das Corona-Jahr gekommen. Für die junge Kundin habe man ‘laute‘ Partymode kreiert, bediene aber ebenso den Kundenwunsch nach ‘grüner‘ Mode, guten Materialien und wertiger Verarbeitung.

Better Rich versteht sich als Premium-Speerspitze an der Schwelle zum Luxus. Geschäftsführer Wolfgang Lohe freut sich über ein „sattes Plus, selbst in den zuletzt schwierigen Pandemie-Saisons.“ Die Vororder SS22 verspreche ein neues Rekordplus. Das führt er auf stimmige Kollektionen, die im SS22 um Batik-Teile, Shirts und Kleider erweitert werden, und partnerschaftliche Zusammenarbeit beim Warenabbau in den Geschäften zurück. „Wir bieten den Kunden schon früh in der Saison Umtauschmöglichkeiten an. Gute Abverkäufe steigern die Freude an einer Zusammenarbeit mit uns“, sagt er mit einem Schmunzeln.

Neue Rahmenbedingungen für die Branche

Diana Brajkovic, Geschäftsführerin Marc Cain, sagt ebenfalls, dass die Order erfreulich gut laufe. „Auch die ersten Meldungen zu Abverkäufen der H/W-Ware 2021 stimmen uns sehr positiv. Die Leute wollen wieder Mode kaufen.“ Ausdrucksstarke Prints gehören ebenso zur DNA der Marke, wie aufwendige Strickverarbeitungen, die in der Fertigung in Bodelshausen mit Liebe und Akribie perfektioniert werden. Beispiel der Detailverliebtheit werden in der SS-Kollektion gefeiert.

Foto: Marc Cain Showroom

Selbstverständlich sei eine intensive Auseinandersetzung mit den Kostenstrukturen unerlässlich, umc Cain. Im Gespräch mit Erwin Licher, Geschäftsführer Herrlich im Markt etablierte Preisniveaus zu halten, erklärt auch Sonja Balodis, Geschäftsführerin für den Bereich Produkt bei Marer, streifen wir auch das Thema Beschaffung: „Für uns als kleinerer Player ist es manchmal schwieriger, die gewünschte Ware zu bekommen. Es gibt Engpässe bei den Zutaten und die Logistik kommt an Grenzen – das wird sich langfristig in den Preisen widerspiegeln müssen.“ Bleibt zu wünschen, dass die Modeindustrie für die gesamthaften Wirtschaftsfragen eine gute Lobby ins Rennen schicken kann, die dafür sorgt, dass Spielregeln und staatliche Rahmenbedingungen in der internationalen Beschaffung und Produktion allen gerecht wird: Der Kreativität der Branche, den Konsumwünschen der Modebegeisterten und der Näherin in Niedriglohnländern.

Kreativität und Individualismus

Im Hannes Roether Shoowroom treffen wir auf Detlev Bernert, Inhaber Borgarisvergleichbarkeit entzogen. „Ich führe Designer, zum Beispiel Hannes Roether. Aber meine eigenen, in der Türkeds Herrenladen in Kölns Mittelstraße. Was er dort sieht, gefällt ihm. Er will nicht klagen. Er hat einen eigenen Stil jenseits des Mainstreams kreiert und sich damit der Prei gefertigte Kollektion macht bereits 60 Prozent der Umsätze aus. Ich habe mir einen Ruf erworben. Meine Kunden wollen das Gesamtpaket von mir: Ein Outfit und ein tolles Einkaufserlebnis. Viele Kunden kommen zurück in den Laden, um mir Fotos zu zeigen, auf denen sie Bernert-Cölln-Outfits tragen.“

Foto: Showroom Hannes Roether

Im gehobenen Designer-Segment verstärkt sich offensichtlich die Tendenz einzelteiliger einzukaufen, eignen, auf die Kundschaft abgestimmte Outfits aus mehreren Kollektionen zusammenzustellen. Daneben werden im Premiumbereich die Baukastensysteme der Fashion-Anbieter, die vielfältige Optiken auf der Fläche entstehen lassen und unterschiedlichste Kundenwünsche bedienen, gut angenommen.

Von Planungssicherheit kann keine Rede sein. Es wird einmal mehr auf gelebte Partnerschaft zwischen Industrie und Handel ankommen. Trotz aller Unsicherheiten darf man nach Meinung der Experten davon ausgehen, dass Menschen sich kleiden wollen und dafür auch in die Tasche greifen. Digitale Ordermöglichkeiten sind nicht mehr weg zu denken, aber Messen und Showrooms, die persönlichen Austausch wird es auch weiterhin geben – das ist nach den DFD so sicher, wie das Amen in der Kirche.

Beitrag und Fotos von Katharina Meyer zu Altenschildesche für FashionUnited.
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