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Handel ist Wandel: Trends von der EuroShop 2017

Von Regina Henkel

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Messen

Das Wort „Zukunft“ gehörte wohl zu den am meisten benutzten Begriffen auf der EuroShop, der weltgrößten Handelsmesse, die nach fünf Tagen am 9. März in Düsseldorf zu Ende geht. Wie diese Zukunft aussehen wird, ist ungewiss. Klar ist nur, dass der Handel der Zukunft ganz anders aussehen wird als heute.

Die Grenzen verwischen - überall

Die Modebranche steht in den kommenden Jahren vor massiven Herausforderungen. Darüber ist sich die Branche einig. Die Verschiebungen, die mit der Digitalisierung einhergehen, werden die klassischen Stores in ihrer Gestaltung und ihrer Funktion grundlegend verändern. Die Saisons werden sich angleichen, angeregt durch den Klimawandel und die Reisefreudigkeit der Menschen. Aber auch deshalb, weil im Store jederzeit neue, frische Ware gezeigt werden muss. Gleichzeitig werden zunehmend gemischte, kreative Sortimente zusammengestellt, wo Bekleidung mit Food, Reparaturdiensten etc. Emotionen wecken.

Der klassische Verkäufer muss mehr denn je seiner Beratungs- und Inspirationsrolle gerecht werden. „Ich glaube, in ein paar Jahren sind nur noch Stylisten auf der Fläche, keine klassischen Verkäufer“, sagt Raul Sanchez von Interstore, der früher Head of Design bei Jelmoli war. Viel Beachtung wird deshalb die Umkleidekabine bekommen. Experten raten, ihrer Gestaltung in den kommenden Jahren immer mehr Beachtung zu schenken, denn dort wird die Kaufentscheidung getroffen! Bei Schweitzer und Interstore geht man so weit, dass der Store der Zukunft im Grunde nur noch Umkleidekabine sein muss. Der Kunde stellt sich vorab online zusammen, was ihn interessiert und probiert dann in angenehmer Wohlfühl-Atmosphäre die Teile an. Kleiner sollen die Stores der Zukunft werden, weil sie dank Webshop immer weniger die Funktion haben werden, tatsächlich die Kauftransaktion durchzuführen. Stattdessen sollen sie sich auf das reale Erlebnis fokussieren, Emotionen liefern und die Marke darstellen. Das heißt: Das Verhältnis von Warenflächen zu Convenience-Flächen für z.B. Umkleidekabinen, wird sich stark verändern.

Flexibilisierung: Der Store muss sich ständig verändern

Galt es früher als Gesetz, dass ein Store alle sieben Jahre neu gestaltet werden muss, so hat sich diese Frist drastisch verkürzt. Alle drei bis vier Jahre sei das heute nötig, so die Branche. Um das finanzieren zu können, arbeiten die Ladenbauer mit Hochdruck an modularen, flexiblen Ladenbauelementen, die nach Belieben immer wieder neu zusammengestellt oder erweitert werden können. Das geht so weit, dass z.B. Vizona sämtliche Warenträger an der Decke, in den dort ohnehin vorhandenen Lichtschienen befestigt. Damit sind gar keine aufwändigen Bauten mehr notwendig, die an Wänden oder Boden befestigt werden müssen. Von oben kommt dann auch die Elektrifizierung für schmale LED-Bänder, die in die Regale integriert sind und unterschiedliche Lichtstimmungen ermöglichen. Auch bei den Mannequins setzt sich der Trend zur Flexibilität fort, wo sich Gesichter z.B. mit anderen Augen und Lippen blitzschnell umgestalten lassen, wie bei Window aus Frankreich.

Licht: Auf die Zielgruppe kommt es an

Licht wird unbewusst wahrgenommen, gehört aber dennoch zu den Schlüsselkomponenten bei der Gestaltung eines Stores. Es hängt nämlich ganz maßgeblich von der Beleuchtung ab, ob ein Kunde sich in einem Geschäft wohlfühlt oder nicht. Und nur wenn er sich wohlfühlt, ist er bereit zu verweilen und nur dann kauft er und kommt wieder. Soweit alles klar. Aber unterschiedliche Zielgruppen haben unterschiedliche Erwartungen an Licht, so die neue Studie von Lichtspezialist Zumtobel. Die Ausrichtung des Lichts auf bestimmte Zielgruppenarten, das sogenannte Human Centric Lighting, gehörte zu den Innovationen im Lichtbereich. Bei der Erstellung des Lichtkonzepts für einen Store wird es deshalb immer wichtiger, die eigene Zielgruppe genau zu kennen.

Digitalisierung: Von Electronics zu Big Data

Die Digitalisierung im Handel gehörte zu den Hauptthemen der EuroShop. Der Kunde erwartet in Zukunft immer mehr die Verknüpfung aller Kanäle, ganz ungeachtet dessen, wie die Prozesse dahinter organisiert werden. ganzheitliche IT-Lösungen sind hierfür ein Muss. Die digitale Dimension ist kein „add on“, sondern bei allen Planungen integraler Bestandteil der jeweiligen Retail-Strategie und des Ladenbaus. Dazu gehört z.B. die Elektrifizierung von Warenträgern wie Regalen, um dort z.B. Tablets oder Screens anzubringen. Beim Ladendesign Spezialisten Vitra z.B. werden inzwischen alle Warenträger mit elektrischen Anschlüssen versehen. „Wir entwickeln gar keine Systeme mehr ohne Elektrifizierung“, sagt Sebastian Nisi von Vitra.

Auch Big Data hält Einzug in die stationären Stores. Bislang war es den Online-Playern vorbehalten, Daten zu ihrer Zielgruppe so zu generieren, dass daraus interessante Schlüsse für Marketing und Sortimentsgestaltung entwickelt werden konnten. Der stationäre Store hingegen war für viele eine Black Box. Mit der Verwendung von Wärmebildkameras und sogenannten Heatmaps können nun Store-Betreiber auch in ihren Läden Daten generieren und z.B. die Kundenfrequenz an verschiedenen Orten im Store zu unterschiedlichen Tageszeiten messen und immer wieder ausprobieren, welche Marketingmaßnahmen welche Wirkungen bei welcher Zielgruppe erzielen. Es geht so weit, dass diese Kameras inzwischen bereits erfassen können, welches Alter und welches Geschlecht die Personen haben. Auch Logos sollen identifiziert und Kleiderstile ermittelt werden, um möglichst genaue Informationen zur Zielgruppe zu bekommen.

Visual Merchandising: Individuell muss es sein

Optisches Highlight der EuroShop sind immer die Visual Merchandising Hallen mit all den Schaufensterpuppen und neuen Ideen zur Warenpräsentation. Metallischer Glanz war der Favorit bei den neuen Designs, gefolgt von grafischen Elementen in poppigen 80er Jahre Farben. Während sich der niederländische Mannequin-Hersteller Hans Boodt von der Eleganz der 20er Jahre inspirieren ließ, hat Window France aus Frankreich eine neue Methode entwickelt, ganz individuelle Mannequins so naturgetreu wie möglich zu entwickeln. Dabei wurde eine Technologie genutzt, wie sie im Animationsfilm heute zum Einsatz kommt, wo mithilfe von einer Vielzahl von Kameras ein menschlicher Körper sekundenschnell dreidimensional erfasst und mittels Robotik binnen weniger Tage nachgebaut wird. So kann sich eine Marke z.B. individualisierte, naturgetreue Mannequins anfertigen lassen. Ralph Hutchings, Art Director bei Window: „Die Marken geben sehr viel Geld aus für das richtige Model und für ihr eigenes Store Design - gerade im Luxus-Segment, warum sollten sie bei den Mannequins auf Ware von der Stange zurückgreifen?“

Hoher Informationsbedarf

Von einer klassischen Handelsmesse hat sich die Euroshop, die nur alle drei Jahre stattfindet, zu einer Innovationsplattform und einem Diskussionsforum für neue Handelsideen entwickelt. Das belegt auch das umfangreiche Vortragsprogramm. 2.367 Aussteller aus 61 Ländern präsentierten sich auf knapp 128.000 Quadratmetern in erstmals 18 statt 16 Hallen. Es war die größte EuroShop in ihrer 50-jährigen Geschichte.

Fotos: Regina Henkel, FashionUnited

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