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Menswear SS24: In Paris machen Ordern aus Asien Hoffnung

Von Florence Julienne

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Messen

Showroom No Season. Bild: Moddity

Die Ordern der Prêt-à-porter-Kollektionen für Herren für die Saison Frühjahr/Sommer 2024 gaben den Ton für eine Pariser Modewoche an, die einen Anstieg der ausstellenden Marken und die Rückkehr des asiatischen Publikums begrüßte.

Während die Laufstege auf das Showbusiness setzen, herrscht auf den Messen und in den Showrooms das Gesetz des Marktes. In Paris werden die meisten Geschäfte in den Showrooms, sei es Kollektiv, Multi- oder Monobrand, und auf den Fachmessen Tranoï und Man abgewickelt. Während das Pariser Viertel Marais lange Zeit der Vorzeigeort für diese Showrooms war, scheinen die Standorte sich dieses Mal ein wenig verstreut zu sein und einige haben sich auch in das achte Arrondissement verlagert. Die Mode überlässt das Zentrum von Paris den Tourist:innen.

Es gibt keine Zahlen, die das aktuelle Geschäftsvolumen quantifizieren, das von den Mode- und Luxusmarken, die anlässlich der Fashion Week Paris präsentiert werden, generiert wird. Die letzte Erhebung, die vom Institut Français de la Mode (IFM) und dem Datenanalysten Kantar durchgeführt wurde, stammt aus 2018. Angeblich wird derzeit an einer neuen Erhebung gearbeitet und das wird höchste Zeit, denn nach der Pandemie hat sich die Situation geändert. FashionUnited hat sich deshalb auf den Messen umgehört und die stichprobenartig erhobenen Aussagen von Fachleuten aus der Branche zusammengetragen.

Den Anfang macht der Showroom No Season in der Rue de Braque, im Marais, der für seine kuratierte Auswahl an Herrenmarken bekannt ist. Der Geschäftsführer, Benjamin Mazza, gibt zu, dass er weiterhin Designerherrenmodelabels anbietet, das „das meine DNA ist“, aber dass das Hauptgeschäft nun mit Damenkollektionen gemacht wird.

Bild: Steven Passaro / No Season

Unter dem Deckmantel von ‘Genderless’ präsentieren viele Marken während der Men’s Fashion-Week Damenmode auf dem Laufsteg. „Ich habe viele Anfragen von Frauen erhalten, die in meinen Silhouetten die Möglichkeit sahen, den Boyish/Working-Girl-Stil zu übernehmen“, sagt Designer Steven Passaro, der von No Season vertreten wird. Ich habe mich darauf eingelassen, weil der DOB-Markt dynamischer ist. ‘Genderfluid’ ist bisher noch eine Nische, in die nur wenige Concept Stores einsteigen. Eine Tatsache, die mit damit einhergeht, dass die Men’s Fashion Week sich auch auf die Ordern der Vorkollektionen der Frauen konzentriert.

Paris bleibt der Marktplatz, auf dem sich die internationalen Modeakteur:innen treffen

Die befragten Fachleute stellen einen zahlenmäßigen Anstieg der ausstellenden Marken, die Rückkehr ikonischer Showrooms wie Ryodan by Seiya Nakamura und den 247Showroom sowie die Ankunft neuer Formate fest, die das Interesse der Einkäufer:innen wecken können.

Bild: Showroom Plan 8 / Moddity

Paris hat also seine Anziehungskraft wiedererlangt, auch wenn sich diese Einzelhändler:innen über die gestiegenen Preise beschweren. Xavier Latapie und Giulietta Canu, Gründer:innen von Moddity, sind kategorisch: „Alle sind sich einig, die Pariser Preise verrückt geworden: der Preis für Showrooms, deren Leistungen nicht immer dem Standard entsprechen, keine Klimaanlage oder unfertige Arbeiten, und der Preis für Unterkünfte und Zimmer, die in der Nähe des Gare du Nord für 500 Euro pro Nacht vermietet werden. Das reduziert die Anzahl der Anreisenden und die vor Ort verbrachte Zeit“.

Trotz alledem scheint Paris weiterhin begehrt, trotz den vielen Umstände wie Demonstrationen, die Fête de la Musique und Pride-Umzüge, die den Verkehr in der Stadt während der Modewoche lahmlegen können. „Im Gegenteil, es vermittelt das Bild eines dynamischen, festlichen und von Freiheit geprägten Paris“, fügt das Duo hinzu.

„Die Anzahl der Accounts [sprich: Läden], die die Fashion Week Paris Mens besuchen, wird auf über 400 geschätzt“, sagt Christelle Cagi Nicolau, Leiterin der Abteilung für wirtschaftliche Unterstützung der FHCM-Marken und Lehrbeauftragte am IFM. Das Spektrum reicht von anspruchsvollen Designerboutiquen über Kaufhäuser bis hin zu großen Onlineshops. Etwa 100 von ihnen haben sowohl eine gute Imagepolitik als auch einen beachtlichen Umsatz. Die FHCM wird nächste Woche eine Bilanz der Verkäufe vorlegen, aber erst die Bestätigung der Ordner Ende Juli 2023 wird zeigen, ob die Einkäufer:innen wieder auf den Geschmack gekommen sind oder nicht.

Gäbe es Designermode ohne die Begeisterung der Japaner, Südkoreaner und Chinesen?

Auch wenn die chinesischen Einkäufer:innen seltener zu sein scheinen, denn viele gründen Multibrand-Stores und wollen eine schnelle Rentabilität, ohne sich die nötige Zeit für die Entwicklung einer Marke zu nehmen, lässt die Öffnung der Grenzen die Branche einen Seufzer der Erleichterung ausstoßen. Denn alle sind sich einig, dass die Asiat:innenen Neugier und Mut mitbringen und einen starken Teil im Nischenmarkt der Designermarken darstellen, die während der Fashion Week Paris ausstellen.

Mo Studio und Joah Kraus.Bild: Tranoï

„Wir haben den Concept Store Boon the Shop aus Seoul und Onion aus Bangkok willkommen geheißen“, verrät uns Boris Provost, der Leiter der Messe Tranoï Hommes. Mo Studio hat zwei Aufträge in Japan angenommen. Joah Kraus hat in Paris und Japan erfolgreich abgeschlossen. „Die Japaner:innen und Koreaner:innen sind sehr loyal. Wir haben koreanische Kundschaft empfangen, die Lust hat, zu konsumieren und neue Marken zu entdecken“, ergänzt Christelle Cagi Nicolau. Chinesische Konzerne besitzen mehrere Megastores. Die Japaner:innen bleiben schließlich führend, wenn es darum geht, mit kleineren Budgets etwas zu wagen. In dieser Saison hat sich eher der europäische und amerikanische Markt zurückgezogen“.

Sphere, Jeanne Friot. Bild: Florence Julienne

Die Arbeitsmethoden der Einkäufer:innen haben sich geändert

Laut Boris Provost hat sich der von Designer:innen beanspruchte Raum, der bislang auf 15 bis 18 Prozent der Verkaufsfläche geschätzt wurde, auf zehn Prozent reduziert. Gleichzeitig stellen die Fachleute fest, dass sich die Arbeitsweise im Zuge der Digitalisierung verändert hat. Es geht nicht mehr darum, vor Ort zu ordern. Die Einkäufer:innen reisen, um die Kollektion zu sehen, die Stoffe anzufassen, Fotos zu machen, Referenzen zu notieren. Zurück zu Hause finalisieren sie ihre Wahl und die entsprechenden Mengen.

De facto wird die Rolle der Kaufleute geschmälert und das Verkaufsvolumen tendiert dazu, zu sinken. „Wir sind zufrieden, wenn wir 4.000 Euro notieren, wo wir sonst 10.000 Euro hatten“, sagt man FashionUnited, ohne namentlich genannt werden zu wollen. Zumal die Preise aufgrund der Inflation in die Höhe geschossen sind. „Eine Order von Schuhen im Wert von 3.000 Euro ist auf 4.600 Euro gestiegen, einschließlich Transport und Steuern“, berichtet Bénédicte Collard vom Showroom No Season.

Bild: Tranoï

Das Produkt muss an die Realität seines Marktes angepasst werden

Mehr Konkurrenz, kurzlebige Boutiquen, eingeschränkte Ordern – ist das also das Fazit der Pariser Männermodewoche? Zum Glück nicht. Die zeitgenössische Mode bietet mit neuen Artikeln, die zweifellos einfacher sind, aber den kommerziellen Aspekt berücksichtigen, dem Markt eine Lösung. So nennen die Expert:innen von Moddity das Label Holzweiler, das in einem privaten Showroom im Marais ausstellte:„ein schwedisches Label mit sehr schönen Strickwaren, einem nachhaltigen Aspekt, die plant, bald eine gleichnamige Boutique zu eröffnen.“

„Die Alternative ist eine ‘instagrammable’ Mode, die nicht unbedingt der Realität des Marktes entspricht, da die Boutiquen bereits Schwierigkeiten haben, ihre Produkte zu vermarkten“, fügen sie hinzu. Eine weitere Möglichkeit, Umsätze zu machen, sind handwerkliche Details. Exklusive Stickereien, natürliche Materialien, ökologisch verantwortungsvolle Konzepte sind für viele der 700 Einkäufer:innen, die die Tranoï besuchten, die Hoffnungsträger.

Es liegt auf der Hand, dass die Endverbraucher:innen immer präsent sein werden, wenn die Marken wissen, wie sie sie finden können und was zu ihnen passt.

Dieser Artikel wurde auf FashionUnited.fr veröffentlicht. Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung: Barbara Russ

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