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Modemesse Scoop International London: Brexit, Einkaufsbudgets und die Wiederbelebung der Einkaufsstraßen

Von Rachel Douglass

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Messen

Scoop International, Feb 2024 edition. Credits: Scoop International.

"Wir sind keine Handelsmesse", erklärte Karen Radley, Direktorin von Scoop International, auf der alle zwei Jahre stattfindenden Londoner Modemesse, die gerade im Februar veranstaltet wurde. "Ich sehe Scoop als einen großen Showroom. Als Designerin habe ich selbst schon an Messen teilgenommen. Das hier ist anders als alle anderen Messen, auf denen ich je war. Deshalb habe ich sie ins Leben gerufen. Der Star der Messe sind die Kollektionen."

Nicht nur in dieser Hinsicht sticht Scoop wirklich hervor. Schon beim Eintreten wird Radleys einzigartiger Ansatz deutlich. Beim Betreten von Olympia London West werden die Gäste von Skulpturen des weißen Kaninchens aus Alice im Wunderland begrüßt, bevor sie das Gebäude zu den Klängen von "We're Painting the Roses Red" betreten. Als Krönung des Ganzen steht ein großer Rubinpantoffel inmitten eines bunten Blumenarrangements, neben dem einige exzentrisch gekleidete Mitarbeiter:innen die Gäste enthusiastisch willkommen heißen - für diejenigen unter uns, die sonst nur das übliche Messe-Prozedere kennen - ein ganz besonderes Erlebnis.

Die theatralischen Darbietungen spiegeln das übergreifende Thema der Saison wider: "A Return to Wonderment", eine Mischung aus typisch britischer Lebensart und Humor, die sich nicht auf die aktuelle Zeit bezieht, sondern Besucher:innen und Ausstellenden gleichermaßen ein Gefühl des dringend benötigten Eskapismus vermittelt. Das Thema setzt sich auch im Ausstellungsraum fort, mit Art-Déco-Möbeln und opulenten goldenen Kronleuchtern, die jeden Gang schmücken.

Scoop International, Feb 2024 edition. Credits: Scoop International.

Im Gegensatz zu den weitaus größeren Messen gibt es bei den 200 Ausstellenden eine klare Kuration, eine bewusste Entscheidung von Radley: "Das Wort 'Mode' verändert sich. Ich muss mich an die aktuellen Marktbedürfnisse anpassen, und ich denke, die Messe spiegelt das wider. Jeder würde gerne Premium-Kollektionen anbieten, aber das ist nicht das, was der Markt will. Bei Scoop versuche ich, das anzubieten, was die Einzelhändler:innen wollen."

Warum der physische Einzelhandel immer noch wichtig ist

Dieses kleinere Format war neu für die niederländische Marke Yaya, die bereits in 31 Ländern vertreten ist. Ihr ist es wichtiger, ihre Kund:innen zufrieden zu stellen als operative Ziele und finanzielle Aufgaben zu priorisieren. Die erstmalige Teilnahme an der Scoop markiert die allgemeine Rückkehr der Marke in die Messeszene, nachdem sie sich während der Pandemie absichtlich zurückgezogen hatte und sich stattdessen dafür entschied, ihr Geld in andere Wege der Kundenbetreuung zu investieren - insbesondere in den Bereich des physischen Einzelhandels.

Trotz aller Turbulenzen ist für Yaya der physische Einzelhandel nach wie vor der wichtigste Kanal und der einzige, den sie bei Scoop erreichen will. "Wir glauben wirklich an physische Läden, weil wir nicht nur ein Produkt verkaufen, sondern eine Geschichte erzählen", sagte Tamara Gitgel, die internationale Vertriebsleiterin der Marke. "Wenn man diese Entscheidung trifft, muss man stark sein. Wir sehen Websites als unlauteren Wettbewerb für bestehende Geschäfte. Wenn wir also mit Handelsgesprächen beginnen, sagen wir immer, dass die Händler:innen unsere Geschichte verkaufen sollen". Und obwohl Gitgel anfangs skeptisch war, an der Scoop teilzunehmen, sagte sie, dass sie von dem Ergebnis überrascht war. Viele neue Kund:innen aus dem britischen und irischen Mittelpreis-Segment, in dem Yaya zuhause ist, sind mit der Marke in Kontakt getreten, ebenso wie bestehende Kund:innen.

Diese Einschätzung des Einzelhandelsmarktes teilt auch Radley, die sagte, dass der Online-Handel zwar früher einen Boom erlebt habe, dieser aber inzwischen zu stagnieren scheine. "Wir sehen wieder Eröffnungen von Ladengeschäften. Die Leute gehen wieder in Kaufhäuser, besonders in London. Und wir sehen den Aufstieg der unabhängigen Geschäfte."

Scoop International, Feb 2024 edition. Credits: Scoop International.

Außerdem waren die Marken Blank und ihre kleinere Schwester Conditions Apply auf der Messe vertreten. Blank stellte bereits früher auf der Pure London aus, bevor die Brand zur Scoop wechselte, wo sie nun regelmäßig vertreten ist. Auslöser für den Wechsel war eine Verschiebung des Angebots auf der Pure, das mit der Zielgruppe der Marke nicht mehr übereinstimmte. Bei der Scoop sei man "mit offenen Armen empfangen" worden. So sehr, dass die Marke sogar die Mitarbeitenden der Messe für diese Saison mit ihren seidigen Kimonos einkleidete. Es ist diese physische Präsenz, die für die in Großbritannien ansässigen und in Indien produzierten Labels, für die der stationäre Handel die beliebteste Verkaufsform ist, von ungebrochener Bedeutung ist.

Auch wenn es hier eine klare Präferenz für den stationären Handel gibt, ist die allgemeine Unsicherheit dennoch wahrnehmbar. Zoe Baldock, Verkaufsleiterin für die Marken, sagte: "Es wird viel sicherer eingekauft. Vielleicht liegt es daran, dass die Einzelhändler:innen zu den Dingen zurückkehren, die sie kennen, oder sie sind einfach ein bisschen konservativer geworden. Wir haben festgestellt, dass die Leute, wenn sie zu den Dingen zurückkehren, die sie lieben, diese Dinge immer noch mit Vertrauen kaufen können, was für uns großartig ist, weil wir wissen, dass es etwas gibt, das für sie funktioniert."

Brexit bleibt ein heißes Thema

Während die Verschiebung hin zu einer positiveren Sichtweise des physischen Einzelhandels natürlich zu begrüßen ist und ein erfrischendes Gefühl der Erleichterung nach den letzten Jahren des Zweifels über den Zustand der britischen Einkaufsstraßen und der darauf folgenden Schließungen hervorruft, war der Zustand der britischen Wirtschaft für viele der ausstellenden Marken immer noch eine grundlegende Sorge. In diesem Zusammenhang sagte eine Vertreterin von Diega, einem Pariser Label aus dem Premiumsegment, dass Messen in England im Gegensatz zu anderen internationalen Messen Schwierigkeiten haben, ihr Modeangebot aufzuwerten, was vor allem auf die finanziellen Probleme kleinerer Einzelhändler:innen in der Region zurückzuführen sei.

Scoop International, Feb 2024 edition. Credits: Scoop International.

"Ich denke, die Veranstaltung ist schön und wichtig. Es ist genau das, was London gebraucht hat. Es ist ein guter Einblick, um Kollektionen zu sehen und zu erfahren, was andere Leute machen", sagte sie weiter über die Messe, bevor sie feststellte, dass, ähnlich wie bei Zoe Baldock, auch bei den Einkäufer:innen eine gewisse Scheu zu spüren war. "Wenn man zum Beispiel in einem Geschäft im Norden sitzt, kennt man seine Kund:innen und deren Grenzen. Im Moment geht es nur ums Überleben. Diese Messe ist großartig für kleinere Boutiquen, die es sich vielleicht nicht leisten können, zu tagelangen Terminen nach London zu kommen. Wenn man es mit einem Wort zusammenfassen könnte, wäre es "Realismus". Wenn wir eine High Street wollen, muss jeder realistisch sein."

Im Gegensatz zum Vereinigten Königreich, so die Vertreterin von Diega, unterstütze die französische Regierung ihre Marken und deren Entwicklung im Ausland finanziell viel besser. Sie ergänzt: "Die französische Regierung ist erstaunlich, denn sie unterstützt ihre Mode und trägt dazu bei, dass sie auf allen Messen vertreten ist. Der französische Modeverband hat viele französische Marken unterstützt, so dass sie Zugang zu verschiedenen Märkten haben. Es geht wirklich darum, mehr Anerkennung zu bekommen. Jeder muss seine kleine Lücke auf dem Markt finden."

Es wird auch deutlich, dass neben der Affinität zum physischen Einzelhandel eine der zentralen Herausforderungen nach wie vor der Brexit ist, dessen Prozess nun in sein viertes Jahr geht. Die Vertreterin von Diega bestätigt, dass dieses Thema die Gespräche mit Marken und Einkäufer:innen nach wie vor bestimme. Viele Diskussionen beginnen mit der Frage: "Sind Zölle inbegriffen?"

Die Hindernisse, die der Brexit mit sich bringt, sind selbst für Marken, die sich auf dem britischen Markt gut auskennen, ein großes Problem. Wie für Yaya, das seit 15 Jahren in der Region tätig ist. Trotzdem sagte Gitgel: "[Der Brexit] war wirklich kompliziert, um ehrlich zu sein. Wir beschäftigen uns ständig mit der Mehrwertsteuer und damit, mit wem wir am besten versenden können. Aber wir haben es durchgehalten. Wir haben einen Teil des Schmerzes durch die von den Kund:innen nicht gezahlte Mehrwertsteuer auf uns genommen und versuchen, einen Weg zu finden, wie wir den Kund:innen im Vereinigten Königreich behilflich sein können."

Scoop International, Feb 2024 edition. Credits: Scoop International.

Messe kehrt auf das Niveau vor dem Brexit zurück

Eine weitere Marke, die sich besorgt über die aktuellen Entwicklungen des Brexit äußerte, war das dänische Strickwarenlabel Americandreams, was die Macher:innen der Marke jedoch nicht davon abhielt, ihre Präsenz in Großbritannien weiter auszubauen. Obwohl das Label bereits mit Scoop vertraut ist, weil es bereits zuvor als Teil einer Agentur teilgenommen hat, war es das erste Mal, dass es allein ausstellte. Auf diese Weise will sich das Label ein festeres Standbein in Großbritannien und Irland sichern. Und im Zuge der Expansion in Überseemärkte legten die Macher:innen der Marke großen Wert darauf, eine Messe zu finden, die ihren Bedürfnissen entsprach.

Die Geschäftsführerin und Gründerin des Labels, Cecilie Villadsen, sagte: "Bei Scoop waren wir sehr beschäftigt. In Großbritannien wollen wir uns auf die gleiche Art und Weise wie in den USA aufbauen, was bedeutet, dass wir nach soliden Geschäften suchen, die unsere Marke genauso pflegen können wie wir. Es gab eine Mischung aus physischen und E-Commerce-Händler:innen, viele nette Geschäfte, die auch online sehr gut sind. Es sind vor allem Leute aus dem Vereinigten Königreich. Letztes Mal war es sehr international, aber dieses Mal ist es viel lokaler."

Die Besucher:innenzahlen erreichten das Niveau der Vor-Covid-Saison, doch während der Zustrom von Besucher:innen immer ein willkommener Anblick ist, legt Radley auch großen Wert auf die Auswahl der Besucher:innen. "Wir haben den Anstieg [der Besucher:innenzahlen] bereits im Juli bemerkt, aber diese Saison ist wirklich schon über dem Niveau von vor Covid, worüber ich sehr froh bin. Wir sind sehr vorsichtig. Wir könnten die Besucher:innenzahl verdoppeln, aber das wird stark kontrolliert. Wir stoppen die Leute, von denen wir glauben, dass sie nicht zum Scoop-Publikum passen, und die Designer:innen wissen das wirklich zu schätzen." So waren unter anderem Einkäufer:innen von Liberty London, Fenwicks, Harvey Nichols und Stanwells anwesend, aber auch internationale Kaufhäuser wie Galeries Lafayette, Le Printemps und Le Bon Marché.

Die Messe richtet sich nach wie vor in erster Linie an britische und irische Einzelhändler:innen, doch ihre internationale Reichweite nimmt zu und liegt inzwischen bei etwa 25 Prozent der Besucher:innenzahlen. Besonders das Interesse von Ausstellenden und Einkäufer:innen aus Nord- und Südamerika hat zugenommen, Regionen, zu denen Radley nach eigenen Angaben stärkere Verbindungen aufbauen möchte. Auf die Frage, was für die nächste Ausgabe zu erwarten sei, sagte Radley, die dafür bekannt ist, dass sie alle Details der Scoop bis wenige Tage vor ihren Veranstaltungen unter Verschluss hält, Folgendes: "Es gibt nur zwei von uns, die das Thema kennen. Ich möchte, dass die Show größer wird, und ich habe eine Menge Ideen für die nächste Saison, die ziemlich aufregend sind. Man darf gespannt sein."

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Dieser übersetzte und bearbeitete Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.uk.

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