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Tranoï-Chef: „Die neue Inkarnation der Messe hat einen Platz bei Aussteller:innen und Einkäufer:innen gefunden“

Von Florence Julienne

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Messen |Interview

Boris Provost Crédits: Tranoï

Innerhalb von zwei Jahren, seit der Übernahme durch GL Events, ist die Fachmesse Tranoï von 50 internationalen Damenkonfektionsmarken auf 170 angewachsen, was 195 SS24-Kollektionen auf der Ausgabe im Oktober 2023 bedeutete. Was ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Strategie? FashionUnited sprach mit Geschäftsführer Boris Provost über diese und andere Themen.

Sind Sie mit der Oktober 2023-Ausgabe der Tranoï zufrieden?

Boris Provost: Mit einer kommunikativen Energie, einer ausgezeichneten Zufriedenheit der Kundschaft, neuartigen Modevorschlägen und positivem Feedback hat die Tranoï einen wichtigen Meilenstein für ihre zukünftige Entwicklung erreicht. Dank einer neu positionierten Basis und der Zusammenarbeit mit Première Vision haben wir unseren Wert unter Beweis gestellt, das Vertrauen der GL Events Group gewonnen und gezeigt, dass wir auch weiterhin gemeinsam Projekte entwickeln können.

Die etablierten Kund:innen von Tranoï (In bed with you, Rosa Maria, Hannoh, Utzon) sagen „Tranoï is back“; [die Messe ist] anders, verjüngt, aufgepeppt, mit neuer Energie und viel Geselligkeit dank unserer Aperitifabende, unseres Networking das ganze Jahr über.

Was ist der Schlüssel zu diesem Erfolg?

Es kommen mehrere Faktoren zusammen. Der erste ist die redaktionelle Linie, auch die Zusammenstellung und die Tatsache, dass man eine Geschichte erzählen kann. Von den 195 präsentierten Kollektionen (gegenüber 50 bei der ersten Ausgabe im September 2021), können mein Team und ich sagen, warum sie ausgewählt wurden, woher sie kommen, was sie ausdrücken, in welcher Preisklasse sie liegen, welches Ziel sie verfolgen und so weiter. Wir sind also in der Lage, eine Geschichte zu erzählen.

Im Auswahlkomitee, das aus dem Verkaufs- und Marketingteam, Marylin Fitoussi für diese Saison und mir besteht, insgesamt acht Personen, diskutieren wir, sind nicht immer einer Meinung, bauen das Angebot auf und am Ende ist das Ergebnis eine kollegiale Entscheidung. Marylin Fitoussi hat uns ihre Vision von Mode und eine Möglichkeit der Sichtbarkeit für unsere jungen Designer:innen gebracht, da sie viele ihrer Kleidungsstücke in der Serie „Emily in Paris“ verwendete. Das ist auch eine kommerzielle Realität für sie.

Crédits: Tranoï

Was sind die Säulen Ihrer neuen Ästhetik?

Die Messe wurde jahrelang von einem Einzelhändler verkörpert, Armand Hadida, Leiter der Boutique L'Éclaireur, der seine eigene Ästhetik hatte. Es wird viel über den Einfluss von Schwarz auf seine Entscheidungen gesprochen, aber es gab auch den italienischen Stil, Leder, Monoprodukte, mehr Material als Design und Ähnliches.

Partner der Paris Fashion Week zu sein, war nach der Covid-Krise sehr wichtig, um die Messe in Bezug auf die Kreationen zu positionieren. Heute ist der Kernmarkt von Tranoï Damenmode, jedoch zeitgenössischer Luxus.

In jeder Saison betrachten wir Trends, die gerade in Mode sind. In dieser Saison war es „Quiet Luxury“. Wir haben nichts erfunden. Aus den erhaltenen Anfragen, den Umfragen, die wir durchführen, und den Artikeln, die wir auswählen, haben wir diese minimalistische, japanisch inspirierte Ästhetik mit sehr schönen Produkten wiedergefunden. Wir haben einen speziellen limitierten Raum geschaffen.

Die anderen Bereiche sind der Saisonalität (Vacation Edit, dem ehemaligen Resort) und Modeaccessoires gewidmet. Schließlich sind fast 25 Prozent unseres Angebots mit jungen Kreationen verbunden. Im Hinblick auf die kommerzielle Dynamik ist es für wenige interessant, zu viele junge Designer:innen zu haben. Wir wären keine Anlaufstelle mehr; sie verkaufen selten in der ersten Saison.

Crédits: Tranoï

Wie betreuen Sie die ausländischen Institutionen, die Ihnen vertrauen?

Kollaborationen machen 20 bis 25 Prozent unseres Angebots aus und werden von mit ihnen beauftragten Personen betreut. Ihre Aufgabe ist es, drei Wochen vor der Messe per Videokonferenz eine Analyse und eine Auswahl aller Kollektionen vorzunehmen, Preislisten zu prüfen, etc. Sie haben die Aufgabe, uns bei der Auswahl der Partner:innen zu helfen. Anschließend führen sie mit Hilfe unserer Agenturen in Japan, Taiwan und Südkorea eine Akquise bei einer von uns festgelegten Zielgruppe durch. Auf der Messe empfangen sie die Einkäufer:innen und erstellen Follow-up-Material, das sie jeder Marke übergeben.

Diese Betreuung wird in Rechnung gestellt. Unser Geschäftsmodell basiert zu 80 Prozent auf dem Verkauf von Ausstellungsflächen und zu 20 Prozent auf Coaching, Beratung und Veranstaltungen. Ich bin ziemlich froh, dass wir unser Geschäft diversifizieren können, denn der Flächenverkauf allein reicht nicht aus, damit Designer:innen hervorstechen können. Eine junge Marke braucht mehr als nur eine Präsentationsfläche.

Was kostet ein Stand auf der Tranoi ?

1.000 Euro pro Quadratmeter, alles inklusive, mit einer Mindestgröße von zwei Metern. Es gibt keine Bearbeitungsgebühren mehr. Wir haben einen obligatorischen Rundgang eingeführt, damit alle gesehen werden. Wie sonst ist es zu erklären, dass vier von sechs ausstellenden Marken aus China, die zum ersten Mal dabei waren, Aufträge erhalten haben? Einkäufer:innen, die nur einen Termin und eine halbe Stunde Zeit haben, können mit den Aussteller:innen über das Erdgeschoss in die Messe zurückkehren.

Crédits: Tranoï

Setzt die neue Generation von Concept Stores weniger auf Kollektionen?

Isetan in Japan, Galeries Lafayette in Paris, ein Multibrand-Einzelhändler in Toulouse, ein italienischer Concept Store oder ein Online-Pure-Player - sie alle haben so unterschiedliche Anforderungen, dass es keine allgemeinen Richtlinien gibt. Die einzige Lehre, die man daraus ziehen kann, ist, dass der Konsum von zeitgenössischem Luxus herausfordernder und komplizierter wird.

Bei den Kaufhäusern führt der Geschäftstrend dazu, dass die Einkäufer:innen auf den Messen weniger nach neuen Marken Ausschau halten. Das liegt daran, dass sie bereits etablierte Marken im Programm haben und seit der Covid-Krise immer weniger neue Marken aufnehmen.

Was macht Sie dann so zuversichtlich?

Im März haben wir die Rückkehr der japanischen Einkäufer:innen bemerkt. Für die Frühjahr/Sommer-Kollektionen 2024 kamen sie in größerer Zahl, blieben drei Stunden auf der Messe und gaben Bestellungen auf (was vorher nicht der Fall war). Sie kamen mit Kaufambitionen zurück, und das veränderte alles.

In dieser Saison haben wir im Vergleich zum September 2021 einen Anstieg der Besucher:innenzahlen um 35 Prozent verzeichnet. Man muss sich auch die vor Ort verbrachte Zeit, das Engagement und die Anzahl der ausgewählten Stände ansehen. Das ist der positive Aspekt dieser Ausgabe.

Crédits: Tranoï

Was ist Ihre beste Erfolgsgeschichte aus der Oktober-Ausgabe?

Die Luxusmarke Vanhu Vamwe, die zu dem von Canex geführten afrikanischen Kollektiv gehört, stellt Makramee-Taschen her, die über die Boutique Etoile in Dubai erhältlich sind. Die Einkäuferin kam zurück, weil sie ausverkauft waren. Dass eine Designerin, die von Gemeinschaften im tiefsten Afrika herstellen lässt, in einer der ersten, von der Chaloub-Gruppe betrieben Verkaufsstellen der Vereinigten Arabischen Emirate - einer der größten Importeure der Branche - ausverkauft ist, gibt meinem Beruf einen Sinn.

Welche Strategie verfolgen Sie für Tranoï 2024?

Bei der Damenmode werden wir im März 2024 rund 200 Kollektionen präsentieren. Wir müssen dieses Volumen und diese Größe der Messe etablieren, damit sich die Einkäufer:innen darin wiederfinden. Es ist an der Zeit, unsere Positionierung zu stabilisieren.

Wir planen, die Tranoï Men, die vom 18. bis 20. Januar 2024 im Gaîté Lyrique in Paris stattfindet, weiterzuentwickeln. Sie ist im Bezug auf die kommerzielle Dynamik noch etwas zu zurückhaltend. Wir haben zwei Möglichkeiten zur Diversifizierung: Wir wollen sie in Richtung zeitgenössischer Luxus-Produkte weiterentwickeln und/oder Vorkollektionen der Damenmode einführen.

Darüber hinaus arbeiten wir an internationalen Auftritten während der Fashion Weeks in den jeweiligen Ländern. Ich werde dies in der ersten Jahreshälfte 2024 ankündigen.

Was erwarten Sie für das Jahr 2024?

Die Olympischen Spiele werden eine Herausforderung für Paris sein, und wir müssen vorausschauend handeln. Wir verhandeln über Partnerschaften mit Hotels, um die günstigsten Preise zu erzielen. Es ist jedoch wichtig, daran zu erinnern, dass die Pariser Modewochen nicht während der Olympischen Spiele stattfinden.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.fr. Übersetzt und bearbeitet von Simone Preuss.

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