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Wird Fast Fashion nachhaltiger? Ein Besuch in Marokko

Von Weixin Zha

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Messen|REPORTAGE

Nach Jahren öffentlicher Kritik scheint die Fast Fashion Branche auf die Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit zu reagieren. Das grüne Mantra ertönt nicht nur in den Vorstandsetagen der Modekonzerne, sondern auch immer lauter in den Ländern, wo Kleidung hergestellt wird. Ein Besuch bei der Sourcing-Messe Maroc in Mode im Oktober zeigt, wie auf Worte Taten folgen.

Ein Mantel der Marke Pull & Bear hängt neben einem mit Pailletten besetzten Abendkleid von Zara, beides Marken des spanischen Fast Fashion Konzerns Inditex, daneben an der Stange ein Pullover des Konkurrenten Mango. Mit diesen Mustern an ihren Ständen demonstrieren die marokkanischen Textilunternehmen den Einkäufern von Modekonzernen auf der Beschaffungsmesse, dass sie schnelle Mode können.

Aufgrund der geographischen Nähe zu Europa können Kleidungsstücke aus Marokko innerhalb von 72 Stunden bereits in den europäischen Läden hängen. Ein Grund, warum die Textilbranche des Landes vorwiegend Bekleidungsmarken aus Frankreich und Spanien beliefert liegt auch in der kolonialen Vergangenheit der Länder. Vor allem Inditex wird oft als Auftraggeber von Nähereien oder Stoffherstellern genannt. Diese Zulieferbetriebe investieren verstärkt in eine nachhaltigere Produktion – um mit dem Gesinnungswandel in der Branche mitzuhalten, aber auch in der Hoffnung sich neue Kunden zu erschließen.

Das Fast Fashion Model wird verantwortungsvoller

Auf nachhaltige Bekleidung entfallen nur fünf Prozent der derzeitigen Bekleidungsproduktion, aber es muss nicht so bleiben, sagte Mohamed Tazi, Geschäftsführer des marokkanischen Textilverbandes Association Marocain des Industries du Textile et de Habillement (Amith), auf einer Pressekonferenz der Messe, die vom 11. bis 12. Oktober in Marrakesch stattfand. “Das Fast Fashion Modell erlebt einen Wandel. Es ist im Begriff verantwortungsvoller zu werden.”

Große Modekonzerne, wie die schwedische Hennes & Mauritz AB oder die niederländische C&A, bemühen sich stärker um Nachhaltigkeit, weil Konsumenten zusehends die schädlichen Umwelteinflüsse der Bekleidungsindustrie erkennen. Eine Umfrage des Beratungsunternehmens McKinsey und des Sourcing Journals im September ergab, dass 78 Prozent der befragten Führungskräfte aus der Branche glauben, dass Nachhaltigkeit bis 2025 “in gewissem Maße oder sehr wahrscheinlich” ein entscheidender Faktor bei der Kaufentscheidung für Bekleidung werden wird.

Marokkos Bekleidungsindustrie, der größte Arbeitsgeber des Landes:

  • 1.600 Unternehmen
  • 200.000 Arbeitsstellen
  • Exporte von 2,65 Milliarden Euro 2017
  • Ziele: Schaffung von 100.000 weiteren Arbeitsstellen, Erhöhung des Exportvolumens auf 4 Milliarden Euro

Obwohl die Bewegung zu einer ressourcenschonenden Zukunft in der Modeindustrie noch in ihren Kinderschuhen steckt, mehren sich die Initiativen, die die Nachhaltigkeit in der Lieferkette steigern wollen.

“Für uns ist es eine äußerst wichtige Angelegenheit”, sagte Xevi Mans, Chief Operating Officer von Apparel Mills aus Tangier, auf der Messe. Das zum spanischen Textilhersteller Hallotex gehörende Unternehmen produziert seit 2002 in Marokko. In diesem Jahr hat Apparel Mills eine Nachhaltigkeitsabteilung aufgesetzt um das Thema mit zehn Mitarbeitern in seiner Strickerei, Färberei, Druckerei und Näherei verstärkt anzugehen. Das Unternehmen investiert zur Zeit in die Wasseraufbereitung seiner Färberei Tintcolor und Textil-Druckerei Salsaprint um weniger Wasser zu verbrauchen. Zudem arbeitet Hallotex auch an einer Spinnerei in Tangier, die Abfälle aus der Textilproduktion wiederaufbereiten kann. Weitere Projekte werden nach laufenden Analysen folgen, sagte Elharit Gordioui, Nachhaltigkeits-Manager bei Hallotex, auf der Messe.

Foto: Stand von Platform & Design

”Wir wollen weiter investieren, wir müssen nur herausfinden in welchen Bereichen wir investieren sollen, was Priorität hat”, sagte er.

“Vor allem in Marokko deutet die Zukunft daraufhin, dass wir uns mehr als alles andere auf Nachhaltigkeit konzentrieren müssen”, sagte Ismail Lemtouni, Projekt Manager beim Bekleidungshersteller Platform & Design aus Tangier, der H&M und Inditex zu seinen Kunden zählt. “Sie wissen, wie jeder umweltbewusster wird, und die Brands sind sich dessen wirklich bewusst. Es geht hier definitiv einen Schritt vorwärts.” Sein Unternehmen achtet beim Einkauf von Stoffen und anderen Materialien, die es zu Kleidungstücken näht, auf die wachsenden Nachhaltigkeitsbemühungen seiner Kunden.

Foto: Nähraum bei Souvetmaille

Schnelligkeit bleibt entscheidend

“Der Hauptvorteil von Marokko liegt in seiner Nähe zu Europa. Am Freitag fertiggestellte Bestellungen können schon am Montag im Pariser Laden liegen”, sagte Salima El Ouafi,Geschäftsführerin bei Souvetmaille. Ihre Textilfabrik produziert für die französischen Marken Lacoste, Petit Bateau und Eminence. Rund 450 Mitarbeiter stellen etwa 68.000 Kleidungsstücke pro Woche für die genannten Marken her.

Das Wummern der Nähmaschinen und die atemberaubend mechanische Präzision mit der die Näherinnen immer wieder Säume, Ärmel und Kragen unter den Nähfüßen durchziehen, lässt keinen Zweifel an der Zahl der hergestellten Kleidung zu. Diese schnell gefertigten und vor allen immensen Mengen an Kleidung, zeigen aber auch, dass die Bemühungen um eine umweltgerechte Produktion den grundlegenden Widerspruch zwischen Nachhaltigkeit und schneller Mode noch nicht lösen kann. Der Weg hin zu einer nachhaltigen Modebranche ist noch lang.

Auch die marokkanische Regierung hat das Zeichen der Zeit erkannt und vergibt das Label “Fibre Citoyenne” seit einigen Jahren, das nicht nur festgelegte Arbeitsbedingungen in Textilbetrieben garantiert, sondern auch Umweltstandards. Die Regierung fördert auch Investitionen in nachhaltige Projekte um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Foto: Stand der Gillmann Group

Von dieser finanziellen Unterstützung hat der Knopf- und Bordüren-Hersteller Gillmann Group bei seiner jüngsten Investition profitiert: Das Unternehmen hat 1,2 Millionen US-Dollar ausgegeben um Wasser und Elektrizität im Produktionsprozess einzusparen - eine Investition, die es über die kommenden fünf Jahre zurückzahlen muss. Gleichzeitig testet es auch die Nutzung von Solarenergie um zu ermitteln, ob es in seiner Produktion auf erneuerbare Energien umsteigen soll.

“Es ist wie eine neuer Trend, bei dem es nicht nur darum geht hübsche Sachen zu tragen, sondern auch etwas Gutes”, sagte Ali Filali el Garchi, Vertriebsmanager bei der Gillmann Group, auf der Messe. “Grün zu sein, ist die neue Mode.”

Messe Maroc in Mode - Maroc Sourcing:

  • 128 Aussteller aus 9 Ländern
  • 1.179 Besucher aus Marokko und 674 aus dem Rest der Welt, davon 32 Prozent aus Frankreich, 8,5 Prozent aus Italien, 8 Prozent aus Großbritannien, 7 Prozent aus Portugal,7 Prozent aus Spanien, 6,5 Prozent aus Deutschland

FashionUnited besuchte die Messe auf Einladung des Veranstalters.

Fotos: Maroc in Mode
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