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Zurückhaltende Frequenzen bei den Düsseldorfer Messen

Von Ole Spötter

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Messen

Leer Gänge bei den Fashn Rooms am Samstag Bild: Ole Spötter für FashionUnited

Es nieselt am Samstag immer wieder in Düsseldorf. Wie eine Erinnerung an die Schwierigkeiten, die das Wetter dem Handel macht, präsentierte es sich zum Orderwochenede auch nicht von seiner besten Seite. Doch was beschäftigt die Bekleidungsanbieter neben dem ausbleibenden Sommer? Das beantworten lokale sowie internationale Marken bei den Modemessen Fashn Rooms, Neonyt und Supreme Women & Men.

Fashn Rooms: Kompakteres Format und ausbleibende Frequenzen

Bei den Fashn Rooms, die für diese Saison auf dem Veranstaltungsgelände Areal Böhler in die benachbarte ‘Kaltstahlhalle’ mit einer kompakteren Fläche gezogen sind, war am Samstagmittag recht wenig los. Die Ausstellenden zeigten sich aber nicht beunruhigt und hofften auf mehr Frequenz an den bekanntlich stärkeren Tagen Sonntag und Montag.

Thanh Minh sei schon seit mehr als 20 Jahren auf den Messeformaten der Igedo in Düsseldorf dabei und damit auch seit Beginn bei den Fashn Rooms. Der Gründer der gleichnamigen Kölner Marke ist der Meinung, dass sich die Messen insgesamt verkleinern müssen. Deshalb empfindet er auch das kompaktere Konzept der Fashn Rooms richtig. Minh habe seinen Messestand deutlich verkleinert sowie seine Kollektion, die auf Mikrofaser-Produkte spezialisiert ist. Er lässt nur noch produzieren – 90 Prozent in Portugal – , was seine Boutique-Kund:innen ordern und hat dadurch auch keine Probleme mit den Lagerbeständen.

Bezüglich der Frequenz auf der Messe mache sich Minh keine großen Gedanken, auch wenn an seinem Stand nicht viel los ist. Zuvor sei er auf einer Messe in Wiesbaden gewesen, wo sein wandelbarer Mantel sehr gut angenommen wurde. Dabei überzeugten mit 99 Euro besonders der Preis, aber auch die Anpassungsfähigkeit des Stücks. So verfügt der Coat über Reißverschlüsse auf Höhe der Ellenbeuge, durch die die Arme an wärmeren Tagen gesteckt werden können, erklärt Minh. Zusätzliche Riemen in der Innenseite ermöglichen es, ihn wie einen Rucksack auf dem Rücken zu tragen.

Thanh Minh präsentiert seine wandelbare Jacke, die auf dem Rücken getragen werden kann Credits: Ole Spötter für FashionUnited

Auch für Tanja Wiesent, Area Manager für Mittel-, Nord- und Osteuropa bei Desigual, ist es nicht das erste Mal bei den Fashn Rooms. Die Messe ist für die spanische Marke weiterhin sehr wichtig, da sie ihren eigenen Showroom in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt nicht mehr haben und nur so ihre Kollektion in Düsseldorf, neben den Showrooms in Berlin und München, präsentieren können. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Victoria Heise, Sales Manager Germany, habe sie viele feste Termine und daher auch keine Sorge über den äußerst ruhigen ersten Tag. Sie sei sich sicher, dass die beiden anderen Tage Sonntag und Montag wie üblich die aktiveren Frequenzen haben werden. Aber sie habe auch am Samstag schon einen potentiellen Neukunden gesprochen.

Bei bestehenden sowie neuen Handelspartner:innen stünden Themen wie Nachhaltigkeit und eine enge Zusammenarbeit hoch im Kurs, bestätigt Heise. Auf akute Themen wie Lagerbestände reagiert Desigual mit seiner eigenen Sales-Plattform, wodurch Händler:innen In-Season die Ware nachordern können. Dennoch merken die beiden auch, dass durch das unbeständige Wetter die Abverkäufe gerade bei ihrer Spezialität, den sommerlichen Kleidern, schwierig sind. Die Kundinnen tendieren mehr zu “Übergangsmode” mit Hose, leichtem Strick und Pullover. Aber auch der Denim-Print, den die Marke auf einfachen Tops sowie Kleidern zeigt, sei sehr beliebt. Ansonsten setzt die Marke weiterhin auf viele strahlende Farben wie Apricot, Türkis und Coral.

Denim-Prints und strahlende Farben bestimmen die Kollektion von Desigual Bild: Ole Spötter für FashionUnited

Caroline Raffauf ist das erste Mal mit ihrer Marke Raffauf bei der von Igedo veranstalteten Messe. Beim Anblick der leeren Gänge hofft sie auf mehr Laufkundschaft in den kommenden Tagen. Sie konnte mit ihrer design-orientierten Outerwear-Marke keine Termine machen. Viele Händler:innen würden ihr Produkt mehr als Zusatz zur Kollektion sehen und sich daher in erster Linie auf ihre Termine bei den anderen Marken konzentrieren. In München ist sie bei der Messe Supreme vertreten, die am übernächsten Wochenende wieder an den Start geht. In Düsseldorf, wo die Supreme in zentraler Lage zwischen den Showrooms auf der Kaiserswerther Straße vertreten ist, habe Raffauf sich aber für die Fashn Rooms entschieden, weil sie dort besser zu den Marken passe.

Messeneuling Raffauf setzt auf Bienenwachs bei Outerwear Bild: Ole Spötter für FashionUnited

Branche trifft sich auf der Kaiserswerther Straße

Bei der Supreme Women & Men scheint auch am Samstag, dem zweiten Tag der Messe, schon mehr los zu sein. „Es kristallisiert sich immer stärker heraus, dass wir mit unserer Lage an der Kaiserswerther Straße einen der wichtigsten Anlaufpunkte für die Protagonist:innen darstellen“, sagte eine Sprecherin des Messeveranstalters. Die Frequenzen seien am ganzen Wochenende “sehr gut” gewesen. Am Freitag und Samstag habe man hochkarätige Kund:innen auf der Messe zum Ordern und Sichten vernommen. Dabei stellten die Veranstaltenden auch fest, dass vermehrt Kund:innen aus Österreich und dem süddeutschen Raum nach Düsseldorf reisten. Insgesamt sieht sich die Messe mehr und mehr als Vernetzerin. So lockten lockere Aussteller:innen-‘Get-Togethers’ an den ersten beiden Messetagen auch Betreiber:innen und Agenturen von den umliegenden Showrooms sowie Buyer an.

Für Michiel van Dercruyssen von der Dropout Agency ist es das erste Mal bei der Supreme. Er vertritt dort die US-amerikanische Sneaker-Marke Etonic, die gerade erst auf dem deutschen Markt mit Sneaker-Händlern wie Asphaltgold, Afew und BSTN im Menswear-Bereich gestartet ist. Jetzt will der Schuhanbieter auch seine Damenmodelle in Deutschland etablieren. Womenswear machte in der vergangenen Saison noch 80 Prozent des Sortiment der Marke aus, in dieser sind es nur noch 60 Prozent. Für Etonic, die bereits in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg (BeNeLux) sowie im Vereinigten Königreich, Spanien, Italien und den Nordics vertreten ist, geht es beim ersten Mal in Düsseldorf darum, Sichtbarkeit zu schaffen und nicht direkt viele Ordern zu schreiben. Deswegen seien die eher ruhigen Tage Freitag und Samstag, wie sie Van Dercruyssen beschreibt, auch kein Problem.

„Wir kommen einfach die nächste und übernächste Saison wieder, bis es klappt”, erklärt er die Strategie. So habe es auch beim Start im französischen Markt funktioniert. In Van Dercruyssens Fokusmarkt BeNeLux, wo die Marke ihren Umsatz in den letzten fünf Jahren von 5.000 Euro auf eine Millionen Euro steigern konnte, stellt der Marken-Vertreter aktuell eine Zurückhaltung bei den Händler:innen fest. Dort seien die Auswirkungen der Pandemie jetzt so richtig zu spüren. Etonic versucht dort aber im engen Austausch mit den Handelspartner:innen zu sein und bietet ihnen auch an, eine Saison bei der Order auszusetzen, was bei den großen Konkurrenten wie New Balance und Nike überhaupt nicht denkbar sei. Dadurch, dass Etonic in seinen eigenen chinesischen Produktionsstätten auch nur herstellt, was die Händler:innen geordert haben, hat die Marke kein Problem mit ihren Lagerbeständen.

Etonic lockt mit Archiv-Stücken und exklusiven Modellen für Damen am Messestand Bild: Ole Spötter für FashionUnited

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch die Marke Von&Zu, erklärt Eva-Maria Czerny, die den Vertrieb des Familienunternehmens Czerny Manufaktur GmbH hinter der Premium-Marke verantwortet. Der Womenswear-Spezialist setzt auf limitierte Kollektionen, dessen genaue Stückzahl bei jedem Artikel anhand eines Labels einsehbar ist, und produziert nur, was vorgeordert wurde. Sollte es dann doch mal weiteren Bedarf bei den Handelspartner:innen geben, würde man diese auch untereinander vernetzen, sodass die Nachfrage durch den Lagerbestand eines anderen Stores gedeckt wird.

Das Unternehmen, das nur zwei Liefertermine im Jahr anbietet, habe trotz der wetterbedingten Schwierigkeiten ein gutes Feedback vom Handel bekommen, unterstreicht aber auch, dass die Kollektionen insgesamt transsaisonaler werden müssen. Von&Zu setzt dafür auf neue Schnitte und andere Materialien, sodass Baumwoll-Strick im Sommer eine Rolle spielt. Auch Stücke wie ein leichter Leder-Blazer gehören für Czerny dazu. Damit die Marke ihre Preise halten kann und den diesbezüglich sensiblen Markt nicht verschreckt, passt Von&Zu seine Verarbeitung an. So würde laut Czerny statt einer französischen eine simplere Naht zum Einsatz kommen – Einsparungen, die nicht unbedingt die Qualität beeinflussen.

Von&Zu-Stand bei der Supreme Bild: Ole Spötter für FashionUnited

Herrlicher-Gründer Erwin Licher ist derweil zufrieden mit der Präsenz seiner Marke bei der Supreme. Die Frequenz sei soweit gut gewesen, es gehe aber auch mehr um die Präsenz auf der Messe, als die Order. Dafür sollen die bestehenden Kund:innen in die zwei Showrooms gehen, wobei die Menswear-Fläche nur wenige Türen weiter von der Supreme auf der Kaiserswerther Straße ist. Auch bei Herrlicher läuft das Thema Strick gut, auch mit einem Hauch von Glitzer, den die Marke nun seit einigen Saisons im Sortiment hat. Neben Bekleidung gibt es seit der vorherigen Saison nun auch Schuhe der Marke, die die Kollektion abrunden.

B2C-Fokus bei Neonyt

Präsenz scheint auch das Stichwort der nachhaltig-orientierten Messe Neonyt zu sein, die für SS25 nicht mehr zusammen mit den Fashn Rooms auf einer Fläche, sondern an einem eigenen Standort, dem Bilker Bunker präsentierte. Die Eventfläche im ehemaligen Luftschutzbunker ist mit seinem Standort im südlicheren Stadtteil Bilk ein weiterer Anlaufpunkt für die Besuchenden, der sich nicht in unmittelbarer Nähe zu anderen Showrooms und Formaten befindet.

'Dead End'-Beschilderungen verweisen auf keinen Durchgang beim neuen Konzept der Neonyt. Bild: Ole Spötter für FashionUnited

Auf drei Etagen der recht kleinen, verwinkelten Location verteilt sich das neue Konzept der Messe, das am späten Nachmittag auch für Endkonsument:innen zugänglich ist. Einer der wenigen bekannten Namen auf der Liste der rund 50 Ausstellenden ist die lokale Marke Wunderwerk, die mit ihrem Stand im Eingangsbereich noch einen der größeren hat. Heiko Wunder, Geschäftsführer der Rheinstoff E-Commerce GmbH, sieht den Auftritt auf der Messe eher als “Infostand”, um über seine nachhaltig-orientierte Marke zu informieren. Die Marke, die sich aktuell auf das Business-to-Consumer-Geschäft konzentriert und sonst nur bei Mode Weber in der Schweiz sowie Woggon in Göttingen gelistet ist, will auf der Neonyt gar keine Ordern schreiben. Dafür biete der Stand auch gar nicht die Kapazitäten, erklärt Wunder.

Aus einer Wholesale-Perspektive sei der Umzug vom Areal Böhler, wo Händler:innen auch ausreichende Parkmöglichkeiten hatten, fast schon traurig. Dennoch lobte er die Organisation des Veranstalters Igedo, der die Messe als Lizenz betreibt. Der Wunderwerk-Chef, der seine Marke im vergangenen Jahr selbst aus der Insolvenz rettete, ist immer noch auf der Suche nach Investor:innen, die sich dem Großhandelsgeschäft der Marke annehmen. Dazu sei er noch in einigen Gesprächen mit verschiedenen Bekleidungsanbietern. Ihn beschäftigen aktuell mehr die Probleme in der Lieferkette und dass er bei seinen Stoff-Lieferant:innen in Vorkasse gehen und damit teilweise 10.000 Meter Stoff direkt bezahlen muss.

Neonyt präsentiert sich erstmals im verwinkelten Bilker Bunker Bild: Ole Spötter für FashionUnited

Neben den wenigen etablierten Marken waren auch viele Upcycling-Labels und nachhaltig-orientierte Start-ups bei der Neonyt. Darunter auch das Münchner Label Frijda Jun. Für Gründerin Claudia Frühholz ist es nicht nur die erste Messe, sondern auch der Start in den Wholesale. Sie hoffte am Samstagnachmittag auf mehr Besuchende, da sie im Vorhinein keinen Erfolg hatte, Termine zu machen. Mit ihrer minimalistischen Marke, die im hochpreisigeren Segment angesiedelt ist, will sie Boutiquen aus dem DACH-Markt erreichen. Allerdings tue sich die Branche aktuell etwas schwer, so Frühholz. Sie würden bei ihren bestehenden Partner:innen bleiben und wenig Risikobereitschaft zeigen.

Claudia Frühholz mit ihrer Marke Frijda Jun Bild: Ole Spötter für FashionUnited

Insgesamt schienen auch besonders internationale Besuchende von den drei Formaten angezogen worden zu sein. So hörte man auf den Gängen der Fashn Rooms am Samstag, an dem wohl noch viele deutsche Einzelhändler:innen in ihren Boutiquen arbeiteten, unter anderem Französisch und Niederländisch. Auch ein kroatisches Buyer-Duo machte sich vom Areal Böhler auf den Weg zur Neonyt und dann weiter auf die Kaiserswerther Straße, um die verschiedenen Silhouetten der Ordertage bei ihrem ersten Besuch zu erkunden. Die Supreme freute sich derweil über wachsende Besuchendenzahlen ausländischer Einkäufer:innen und Distributor:innen, so die Sprecherin. So seien Besuchende aus den USA, Kanada, Japan, Taiwan und “ganz stark fühlbar” aus der Ukraine vor Ort gewesen.

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