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Angestellt oder Selbständig? Zwei Designer geben Karriereratschläge

Von Jackie Mallon

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Mode

Der Brite Ben Stubbington und der in Deutschland geborene Robert Geller, zwei erfolgreiche Designer aus den USA, gaben im Rahmen der ersten Joe's Blackbook Session 2021 einen aufschlussreichen Einblick in die unterschiedlichen Karrierewege als Designer. Sie sprachen über ihre kreative Vision, ihre berufliche Entwicklung und darüber, welche Ratschläge sie angehenden Modedesignern heute geben würden.

Ben Stubbington ist Senior Vice President of Design and Concept bei Lululemon und hat eine beeindruckende Designkarriere im Angestelltenverhältnis hingelegt. Er hat für eine Liste internationaler Marken gearbeitet, deren Umsatzzahlen allesamt unter seiner Riege gewachsen sind: American Eagle Outfitters, Banana Republic, Theory, Calvin Klein.

Robert Geller hingegen ist stets sein eigener Chef geblieben, seit er den Modeschöpfer Alexandre Plokhov kennenlernte, mit dem er das Label Cloak gründete. Cloak fand in den frühen 00er Jahren eine große Fangemeinde und wurde von der Vogue und dem CFDA gefördert sowie mit einem Ecco Domani Award ausgezeichnet. Geller debütierte 2007 unter seinem eigenen Namen eine Herrenmode-Linie bei der New York Fashion Week und gewann daraufhin 2009 den GQ Best New Menswear Designer Award und 2011 den CFDA Swarovski Award for Menswear.

Die Karriere eines unabhängigen Designers gegen die Arbeit für eine Unternehmensmarke

Zu sehen, wie andere Menschen etwas tragen, das er entworfen hat, ist das, was Stubbington am befriedigendsten findet und vielleicht der Grund, warum seine Mode immer so gefragt war. Er vergleicht ein Kleidungsstück mit einem Musikstück oder einem Kunstwerk und sagt: „Wenn man es der Interpretation eines anderen überlässt, bekommt es ein Eigenleben“, und fügt hinzu, dass er es vorziehe, „die Persönlichkeit des Trägers zu betonen, anstatt sie zu kreieren, damit sich die Menschen besser fühlen können.“

Die gute Zusammenarbeit mit anderen ist jedoch ein Merkmal der Karrieren beider Designer gewesen, und Alleingänge bedeuten keinen Mangel an professionellen Partnerschaften, besonders in dieser Ära der Kollaborationen. Trotz der Tatsache, dass Gellers Laufstegkollektionen eine ganz eigene Ästhetik aufweisen – romantisches Layering, gedeckte Farben und mühelose Coolness – hat er eine Vielzahl erfolgreicher Kollaborationen arrangiert. Er schätzt die Erfahrung, sich mit gleichgesinnten Kreativen zusammenzutun, wie in seiner langjährigen Partnerschaft mit Common Projects und einer neueren mit Stubbington und Lululemon.

„Sie sind ein Segen“, sagt Stubbington über die Menschen, mit denen er täglich zu tun hat. „Die Teams, mit denen ich gearbeitet habe, haben meine Labels zu dem Erfolg gemacht, der sie sind“. Er bezeichnet seine früheren Chefs als Mentoren und Freunde, und jetzt, wo er sich in ihrer Position befindet, strebt er danach, den gleichen Einfluss auf die unter ihm Arbeitenden zu haben. „Es ist eine geteilte Verantwortung, wenn man eine Führungskraft ist. Ich habe eine feste Vision, aber ich muss sie mit den Visionen der anderen ausbalancieren. So entsteht ein besseres Produkt. Ich versuche, ein Lehrer, Schüler und Mentor zu sein. Es ist ein Yin und Yang, ein Streben nach Gleichgewicht.“

Die richtigen Finanzierungspartner zu gewinnen, musste Stubbington nie kümmern. Das japanische Unternehmen So Inc. finanzierte Gellers Herrenmode-Launch. Seitdem haben sich ihre Wege getrennt, und derzeit ist Onward Global Fashion sein Partner. Aber Stubbington sagt, dass Finanzsorgen auch seine Karriereentscheidungen beeinflusst haben. „Die Angst, nicht alle zwei Wochen einen Gehaltsscheck zu bekommen, gehört auch dazu.“ Sein Vater war Kunstlehrer und Kreativität erfüllte seine Kindheit, aber er erkennt an, dass sein arbeitender Mittelklasse-Hintergrund ihm den Wert von beständiger Arbeit eingeflößt hat. „So bin ich aufgewachsen“, sagt er.

Es liegt eine gewisse Freiheit darin, seine eigene persönliche Vision zu verwirklichen, und Geller trägt einen Teil seines unverwechselbaren und wiedererkennbaren Geschmacks zum Herrenbekleidungsmarkt bei. Wohingegen ein Element der Abkopplung vom Produkt in Stubbingtons Job wichtig ist. Er gibt zu, dass er zwar die Kreativität einschalten muss, sie aber nicht zu sehr personalisieren kann. Er sieht seine Rolle in erster Linie darin, sich um den Endkunden zu kümmern, benutzt Wörter wie „Kurator“ und „Editor“, um sich selbst zu definieren, und betrachtet Flexibilität als einen seiner größten Vorteile. „Jede Saison, jedes Jahr muss ich mich neu aufstellen.“

Während die Schwierigkeiten eines unabhängigen Kreativen, der versucht, in einer von Konzernmarken dominierten Welt zu überleben und zu florieren, ziemlich offensichtlich sind, warnt Stubbington, dass eine Karriere auf der anderen Seite nicht weniger schwierig sein kann. Das Ausmaß der Dysfunktion und der toxischen Kultur innerhalb eines Unternehmens erwies sich als so schädlich, dass er an Burn-out litt. Er wünscht sich, dass er Meditation und Yoga viel früher entdeckt hätte, und nennt als Vorteile Bewusstheit, Selbstvertrauen und den Blick auf das, was im Leben wirklich wichtig ist. Den Stress im Job kompensiert er auch mit Malen.

Der Einstieg als Designer ist in der Social-Media-Welt viel schwieriger

Beide Männer glauben, dass junge Designer, die heute anfangen, mit Hürden konfrontiert werden, die sie nie zu überwinden hatten, ganz gleich, welchen Karriereweg sie planen, ob in einem Unternehmen oder selbstständig. „Heutzutage ist es so viel verwirrender“, sagt Geller. „So viel Eigenwerbung und Lärm. Wer will schon ständig schreien?“ Stubbington findet das Bild der Perfektion, das jeder in den sozialen Medien postet, problematisch und meint, dass Designer sich darauf konzentrieren sollten, ihren Beitrag zu leisten, hart zu arbeiten und ihr Ziel zu erreichen, anstatt so zu tun, als hätten sie es bereits geschafft. „Man muss sein eigener Held sein“, sagt er, „aber man muss auch bescheiden sein.“

Als bekennende Minimalisten beklagen sowohl Geller als auch Stubbington die schiere Menge an Dingen, die im Umlauf sind, und die Überschwemmung mit Logos und Branding, die das Zeitalter der sozialen Medien mit sich bringt. Stubbington ist jedoch der Meinung, dass soziale Medien für angehende Designer nützlich sein können, vor allem wenn sie die Art von Karriere anstreben, die er genossen hat. „Man sollte Leute, die man bewundert, auf Instagram anschreiben. Viele Leute, wenn sie gut sind, wollen dir helfen, besonders wenn sie schon eine Weile in dieser abgestumpften Branche sind."

Geller nickt, fügt aber folgenden Vorbehalt hinzu: „Sie sollten lernen und gut werden. Die Leute werden es durchschauen, wenn man nur so tut, als wäre man gut in etwas.”

Dies ist eine Übersetzung eines englischen Beitrags von Jackie Mallon. Jackie Mallon lehrt Mode in New York und ist die Autorin des Buches ‚Silk for the Feed Dogs’, ein Roman, der in der internationalen Modeindustrie spielt. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

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