Antoinette: „Wir investieren viel Zeit in Feinheiten”
Wird geladen...
München hat ein neues Damenmodelabel namens ‘Antoinette’. Das kommt einem doch irgendwie bekannt vor? – Fast! Antoinette wurde erst im März 2014 von Janine Fichna, Robert Hübner und Franz-Xaver Haushofer gegründet, letzterer ist jedoch der älteste Sohn der Münchner Modefamilie Haushofer, die von 1975 bis 2007 unter dem Markennamen ‘Miss Antonette’ luxuriöse Damenoberbekleidung herstellte. Das neue Label hat mit dem alten jedoch nichts gemein, es klingt nur so ähnlich. FashionUnited hat sich mit Janine Fichna und Christine Lebsack, die als Designerin fungiert, über die Gründung, den Stil, die Ambitionen des Labels sowie das kritische Thema Pelzmode unterhalten.
Frau Fichna, wen soll das Label ansprechen? Was für ein Mensch ist die typische Antoinette-Kundin?
Wie bereits bei Herrn Haushofers früherem Label ‘Miss Antonette’, wollen wir Mode für “erwachsene Frauen” machen. Unser Label soll also Frauen im Alter 30 plus ansprechen, die besonders viel Wert auf zeitlose, elegante Mode legen, die aber auch Qualität sowie eine gute Passform besonders schätzen. Aufgrund der edlen und teuren Materialien, die wir verwenden, befinden wir uns automatisch im gehobenen Preissegment und gehören damit schon zur Luxuspreisklasse.
Sie beide erstellen die Designs gemeinsam, worauf achten Sie besonders?
Frau Lebsack: Für uns ist besonders wichtig, dass die Schnitte sehr feminin und gleichzeitig figurschmeichelnd sowie bequem sind. Die Antoinette-Frau soll sich in ihrer Mode gut fühlen. Wir verwenden traumhafte Stoffe, achten auf feine Details und möchten alles möglichst elegant gestalten. Zudem soll die Mode zeitlos sein – nicht zu exotisch. Es ist durchaus immer ein Touch Raffinesse und etwas Verspieltes dabei – Details spielen bei uns wirklich eine große Rolle. Erst heute haben wir ewig diskutiert, welcher Blazer welchen Knopf bekommt. Wir haben ungefähr zehn verschiedene ausprobiert, bis endlich der perfekte gefunden wurde. Wir investieren viel Zeit in Feinheiten.
Frau Lebsack, wie sind Sie ins Modebusiness gekommen?
Ich habe tatsächlich schon mit fünf Jahren begonnen, meine Barbie-Puppen zu verkleiden, weil mir die Standard-Outfits zu langweilig waren. Ich habe aus bunten Servietten Kleidchen zusammengeklebt, weil die Nähmaschine natürlich viel zu groß für mich war. Mit elf Jahren habe ich bereits fest beschlossen, dass ich Modedesignerin werden möchte. Wobei ich ein bisschen dafür kämpfen musste, weil meine Eltern anfangs dagegen waren. Aber ich habe mich durchgesetzt, mein Studium an der ESMOD in München absolviert und zusätzlich einige Kurse am Saint Martins College of Art and Design in London belegt. Meine erste richtige Berufserfahrung habe ich in Moskau im Couture-Haus Slava Zaitsev gesammelt, der auch als “der Rote Dior” bezeichnet wird und sehr couturig arbeitet. Die praktische Erfahrung dort hat mich total fasziniert, weil ich mich für Volants und Rüschen schon immer sehr begeistern konnte. Anschließend hatte ich eine kleine Zwischenstation bei Philipp Plein, war aber auch als freie Designerin für mehrere andere Labels, wie zum Beispiel Escada, tätig. Zuletzt war ich zusätzlich an meiner ehemaligen Universität, der ESMOD München, als Dozentin für Stilismus aktiv bis ich vor einem Jahr Mutter einer kleinen Tochter wurde.
Als mir meine Freundin Janine ihre Vision und das Konzept von Antoinette vorstellte, war ich begeistert und beschloss meine Babypause vorzeitig zu beenden. Seit September bin ich nun ein Mitglied im Antoinette Team. Die Freiheit, auch von zu Hause aus Designs für Antoinette zu kreieren und damit den Antoinette Stil maßgeblich zu entwickeln, ist eine schöne Herausforderung.
Aus wie vielen Mitarbeitern besteht das komplette Antoinette-Team?
Frau Fichna: Zusätzlich zu unserem Investor, sitzen wir zu viert im Büro. Franz Haushofer ist derjenige, der unsere Historie ins Label gebracht hat und dank dem wir über erstklassige Lieferantenkontakte verfügen. Wenn man 50 Jahre im Modebusiness tätig war, dann hat man wirklich die besten Kontakte. Daher ist Herr Haushofer bei uns für die Bereiche Produktion und Vertrieb zuständig. Ich selbst bin in erster Linie für die Organisation und den Markenaufbau zuständig. Christine Lebsack ist, wie schon erzählt, für das Design verantwortlich. Und seit einem Monat haben wir eine neue Mitarbeiterin, Laura Görgens, die ebenfalls Design-Absolventin der ESMOD ist, sich aber eher im Vertrieb sieht, und daher mit Herrn Haushofer den Vertrieb aufbaut. Ebenfalls Teil des Teams sind unsere zwei Bürohunde, Juan und Luna.
Wo können Kundinnen Antoinette-Mode kaufen?
Frau Fichna: Wir werden das Label ab Januar 2015 auf den Messen in Berlin (Panorama), Düsseldorf und München (Supreme) vorstellen. Anschließend planen wir auch noch in New York und Paris auszustellen. Wir wollten im Februar eigentlich auf der CPM in Moskau ausstellen, aber die derzeitige wirtschaftliche und politische Situation ist uns zu unsicher. Ab August oder September 2015 können Kunden unsere Kollektion dann bei gehobenen Händlern, stationär sowie online, kaufen. Die erste Auslieferung wird durch Anzeigen-Kampagnen in Fashion Magazinen on- und offline begleitet werden. Wir selber haben jedoch keinen direkten Onlinevertrieb geplant. Vielleicht werden wir irgendwann Shop-in-Shop-Systeme eröffnen, aber das ist noch Zukunftsmusik. Unsere erste Herbst / Winter Kollektion ist um die 80 Teile stark und wir müssen uns und die Marke erst mal entwickeln. Unser momentanes kleines Büro ähnelt auch eher einer Kreativschmiede als einem normalen Büro, es erinnert sogar ein wenig an die Microsoft Garage.
Gibt es bereits Pläne für Expansionen in andere Länder?
Frau Fichna: Durch unsere Messebesuche in Deutschland ist die DACH-Region vorerst abgedeckt. Vielleicht schaffen wir es sogar noch mit dieser Kollektion nach New York und Paris. Das Bewerbungsverfahren dauert allerdings noch an. Generell wollen wir Antoinette sofort breit aufstellen und auch internationale Märkte mit unserer Damenmode bedienen.
Wo lassen Sie die Mode produzieren?
Frau Lebsack: Wir produzieren unsere Sachen in Deutschland und Kroatien – uns ist die erreichbare Nähe wichtig, dadurch haben wir mehr Einfluss auf die Entwicklung der Passform und der Verarbeitung. Außerdem bin ich ab und zu gerne persönlich vor Ort und überprüfe einzelne Produktionsschritte, passe sie an, veränderte oder entwickele die Modelle weiter.
Sie wollen im 21. Jahrhundert nicht auf die Verwendung von Echtpelz verzichten. Würde eine moderne Marie Antoinette das gutheißen können? Ist das kein Deal-Breaker für das, was ihr Label verkörpern will? Pelz ist schließlich nicht besonders “innovativ”.
Frau Fichna: Wie schon gesagt, wir sind alle Tierfreunde, aber der Mensch hat sich schon immer in Pelz oder allgemein in tierische Produkte gekleidet und von Tieren gelebt. Ich sehe das nicht als Deal-Breaker, ich denke, ab einem gewissen Preissegment wird Echtpelz einfach erwartet. Das ist nicht nur bei uns so, sondern auch bei anderen Labels. Ich muss aber auch dazu sagen, dass wir kein reines Pelz-Label sind, wir haben einen Nerzmantel und drei Lammfellmäntel sowie Teile mit Fuchspelzkragen in unserer aktuellen Kollektion. Ich wurde schon während meiner Zeit bei Philipp Plein immer wieder damit konfrontiert, wo die Pelze herkommen und welche Zertifikate sie auszeichnen. Natürlich gibt es bei den Pelzfarmen schwarze Schafe, aber wir haben uns vorab auf einer Pelzmesse informiert, welche Pelze tatsächlich von zertifizierten Farmen kommen, Farmen die regelmäßig geprüft werden, mit dem Tierschutz zusammenarbeiten und sich an die Auflagen halten. Daher sind die Pelze, die wir anbieten auch nicht gerade günstig – wir achten sehr auf hochwertige Qualität.
Zertifikate gibt es viele, haben Sie schon mal eine dieser Farmen besichtigt? Auf einem Papier kann schließlich viel stehen, mit der Realität hat das jedoch oft nichts zu tun.
Frau Fichna: Natürlich, das ist mir bewusst. Ich war zwar schon, ebenfalls während meiner Zeit bei Philipp Plein, auf einer Schlangenleder-Farm in Italien, aber eine der Pelzfarmen, von denen wir Pelze beziehen, habe ich mir noch nicht angeschaut.
Einer der Hersteller, mit dem wir arbeiten, ist selbst eine große Marke in der Pelzmodeindustrie und beliefert eigentlich alle großen Labels. Wir verlassen uns also gewissermaßen auf den Händler. Aber natürlich – sich eine Pelzfarm selbst anzuschauen, wäre sicherlich eine wichtige Sache, die es gilt im nächsten Jahr umzusetzen.
Der deutsche Markt gilt allgemein als sehr anspruchsvoll und tough, was ist Ihre Strategie, um trotzdem zu bestehen?
Frau Fichna: Das frühere traditionsreiche Label von Herrn Haushofer ist vielen Händlern und Endkunden noch bekannt, was uns einen gewissen Vorteil verschafft. Wir wollen aber auch mit der Zeit gehen, mit Bloggern kooperieren und auf Multi-Channel-Ebene arbeiten. Wir verlassen uns zudem auf unsere gute Qualität und unsere Mode, mit der wir wachsen wollen – das ist im Grunde unser Hauptkonzept. Wir setzen auf die Entwicklung unserer Produkte und unserer Lieferanten.
Fotos: Frau Lebsack, Janine Fichna, Franz Haushofer, Laura Goergens; Antoinette-Kollektion Herbst / Winter 2015