Ariane Ernst: „Mein Ziel ist es, etwas langfristiges aufzubauen, kein Hype-Ding.“
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„Ich habe nie einen Businessplan geschrieben,“ sagt Ariane Ernst beim Interviewtermin in ihrem im vergangenen Jahr neu bezogenen Hauptsitz in einem lichtdurchfluteten Loft in Düsseldorf. Zwischen Kunst, Designklassikern und Parfümflakons sitzend, reicht sie Wasser im bunten Murano-Glas. „Ich mache das, was sich richtig anfühlt und vertraue darauf, dass es schon irgendwie schiefgehen wird“. Und auch wenn einiges schief gegangen ist - das meiste scheint gut gegangen zu sein, für das Schmuck- und Modelabel aus Düsseldorf, das mittlerweile 20 Angestellte beschäftigt.
Auf Instagram versammelt Ariane Ernst knapp 70.000 Fans – und das, obwohl sie keine klassische Werbung betreibt. „Ich bin kein Fan von Werbeanzeigen“, sagt sie. Influencer – „damals nannte man sie noch Blogger“ halfen ihrem Label, bekannt zu werden. „Seit der Gründung 2013 hat sich das Business jedes Jahr etwa verdoppelt“, schätzt sie – genau könne sie es nicht sagen. Die Zahlen seien „gut“, das reiche ihr. 2020, im ersten Corona-Jahr sei das Label „sogar um etwas mehr als das Doppelte“ gewachsen. Es war ein gutes Jahr für Schmuck. Auch wenn sich die Badenerin offenbar sehr erfolgreich um das Geschäft kümmert, ihr Steckenpferd ist das Gestalterische.
Intuitiv im Business, aber konzeptionell, wenn es um das Schmuckdesign selbst geht, so lässt sich das Geschäftsgeheimnis von Ariane Ernst vielleicht zusammenfassen. Und mit einem starken handwerklichen Unterbau. Ingesamt neun Jahre Ausbildung durchlief sie – verschiedene Praktika bei einem Hofjuwelier in Brüssel, bei einer Schmuckgalerie in New York und bei H&M in Stockholm als Designerin im Schmuckbereich. Außerdem absolvierte sie eine Goldschmiedeausbildung in Wien und ein Schmuck- und Produktdesignstudium in Düsseldorf. „Meine Herangehensweise ist immer konzeptionell, so wie zeitgenössische Künstler:innen arbeiten. Ich habe ein Thema und beschäftige mich damit. Daraus entsteht dann eine Gestaltung. Ich würde sagen, es ist ein Remix aus dem Approach von Donald Judd, Sol Levitt, Eva Hesse und Jeff Koons. Und dann versuche ich das ins Tragbare zu Übersetzen, sei es im Schmuck oder in der Mode.“
Lokale Produktion und Handwerk
Für Ariane Ernst war es immer selbstverständlich, dass sie lokal produzieren will. „Durch meine Zeit bei H&M hatte ich den Kontakt nach Fernost, und habe da gelernt, welche Stolpersteine es gibt und wie kompliziert das sein kann mit der Kommunikation. Es geht einfach, trotz technischer Zeichnung, noch zu vieles schief.“ Deswegen, und aufgrund ihrer der Liebe zum Handwerk, hat es für sie nur Sinn ergeben, in Deutschland fertigen zu lassen. „Und kurze Produktionswege sind natürlich auch am nachhaltigsten.“
Die Schmuckstücke werden deshalb vor Ort in Düsseldorf gefertigt, die Schmuckboxen von Hand in Süddeutschland. „Ich habe einen sehr persönlichen Kontakt mit allen Bezugsquellen und arbeite gerne mit kleinen Familienbetrieben in Deutschland zusammen“, sagt sie. „Ich lebe einfach dafür, tolle Sachen zu machen. Zum Beispiel beim Packaging. Dafür gebe ich viel zu viel Geld aus, aber ich liebe es einfach, mit schönen Dingen zu arbeiten.“
Neue Märkte und Shops
Nach Stationen in Wien, New York und Stockholm kam Ariane Ernst also, zuerst widerwillig, nach Düsseldorf, wo sie studierte. Mittlerweile ist die Stadt zu ihrer Heimat geworden. Hier, im Stadtteil Unterbilk, etwas abseits der Düsseldorfer Shopping-Strassen, liegt auch der bisher einzige Shop des Labels. Die Lage sei bewusst gewählt, sagt sie. „Ich möchte nicht verkaufen, ich möchte anbieten.“ Wenn man seinen Laden in einer Innenstadt-Lage hat, müsse man verkaufen, erklären, überzeugen. „Das Verkaufsgespräch ist ein ganz anderes. Darauf habe ich keine Lust.“ Stattdessen kommen die Kund:innen gezielt zu ihr, häufig kennen sie die Produkte schon von Instagram und wollen sie vor Ort anprobieren, bevor sie sie kaufen. „Mein Ziel ist es, etwas langfristiges aufzubauen, kein Hype-Ding“, sagt sie.
Ihre Hauptmärkte sind Deutschland und Österreich. „Die Schweiz ist sehr interessiert und interessant, aber schwierig mit dem Zoll“, erklärt sie. Es sei in jedem Land anders, wie Edelmetalle deklariert sein müssten. „Das ist echt tricky.“ Auch weitere Shops sind ins Auge gefasst. „München würde sehr viel Sinn machen.“ Aktuell verkauft sie ihren Schmuck auch bei Breuninger online, und eine Kooperation mit der KaDeWe Gruppe für Pop-up-Stores ist bereits angelaufen.
Auf Abwegen: Mode und Möbel
„Zum Geburtstag des Labels im Juli machen wir immer irgendetwas Besonderes“, sagt sie. Anlässlich des vergangenen, achten Jubiläums hat sie sich entschlossen, eine Strickkollektion herauszubringen. „Mit der Helmut Petersheim Strickwaren GmbH haben wir einen tollen Partner gefunden,“ erzählt Ariane Ernst. Das Familienunternehmen sitzt in Mühlhausen, Thüringen, zufälligerweise in dem Elternhaus von Arianes Ururopa. Die Kollektion ist mit dem höchsten Anspruch an Qualität und faire Arbeitsbedingungen entstanden und limitiert, um Überproduktion zu vermeiden. Durch die Lokalität der Produktion ist es möglich, auf erhöhte Nachfrage zu reagieren. Neutrale Farbtöne sollen dafür sorgen, dass die Produktlebensspanne möglichst lang ist.
Was als nächstes kommt für Ariane Ernst? „Möbelstücke“, kündigt sie an. Genaueres dazu will sie aber noch nicht verraten. „Aber wer schon mal einen Vorgeschmack haben will, kann im Laden vorbei kommen, alle Möbel dort sind von mir designt.“
Bilder: Irina Bittner