Baumwolle in Frankreich anbauen? Die verrückte Wette von drei Landwirten aus Gers
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Aus der Ferne sieht es aus wie Schnee: Die Zeit der Ernte naht auf dem einzigen Baumwollfeld Frankreichs – ein verrücktes, aber erfolgreiches Wagnis von drei Landwirten aus der Region Gers, im Südwesten Frankreichs, die die Watte dann zu Polohemden weben lassen und sie unter ihrer eigenen Marke verkaufen.
„Mehr ‘Made in France’ geht nicht, denn wir kontrollieren die Lieferkette vom Anfang bis zum Ende, vom Anbau bis zum fertigen Produkt. Aber wir haben schon einiges erlebt, seit wir sechs kleine Baumwollpflanzen im Garten gepflanzt haben, um zu sehen, was daraus wird“, erzählt Yohan de Wit.
2017 ergab die allererste Ernte, die auf dem Land der Familienfarm in Montréal im Gers ausgesät wurde, 100 Kilo Baumwolle: „Wir hatten uns gesagt: 'Wenn es nicht klappt, dann eben nicht'. In diesem Jahr haben wir uns sehr bemüht, wir haben sogar von Hand gepflückt, weil wir noch keine Maschine hatten! Es war hart, aber dann konnten wir nicht mehr aufhören“, erzählt Médéric Cardeillac, einer der drei Projektpartner zusammen mit seinem Bruder Samuel, gegenüber AFP.
Von ihrem Schuppen aus überblicken die drei Mitstreiter das zwölf Hektar große Baumwollfeld, das den Hang hinunter zu einem kleinen Teich ausläuft, und zwischen Weinstöcken und einem Sorghumhirsefeld liegt. Die im Frühjahr gesäten, kniehohen Pflanzen tragen große, fluffige Bälle, die in der Sonne weiß glänzen und sich von den Blättern farblich abheben, die nach dem ersten Frost erfroren sind. „Dieses Jahr ist die Ernte um mehr als einen Monat verspätet, es war im Sommer nicht heiß genug und wir hatten Gewitter im Mai, die das Wachstum der Pflanzen verzögert haben. Und jetzt warten wir auf bessere Wetterbedingungen, um zu ernten“, erklärt Yohan de Wit.
„Als wir vor fünf Jahren angefangen haben, war es eindeutig eine Wette, ja sogar Wahnsinn, Baumwolle in Frankreich anbauen zu wollen, sie an das hiesige Klima anzupassen und sie vor allem zur Reife zu bringen. Wir sind die Einzigen, die das machen, auch wenn wir herausgefunden haben, dass ein Landwirt aus Gers es in den 1980er Jahren schon einmal versucht hat – aber es hat nicht funktioniert, weil es damals nicht die gleichen Absatzmärkte für Textilien gab“, sagt er.
Weißes Gold
Yohan de Wit möchte „das Vorurteil bekämpfen, dass Baumwolle viel Wasser benötigt, weil sie in heißen Ländern wächst: Wir bewässern unsere Baumwolle überhaupt nicht! Es regnet genug, sogar zu viel, und unsere ton- und kalkhaltige Erde speichert das Wasser. Bisher haben wir auch keine Pestizide eingesetzt, es gibt zwar Schädlinge wie Wanzen, aber wir nehmen Verluste in Kauf“, sagt er. Innerhalb weniger Tage werden die drei Landwirte ihr weißes Gold mithilfe einer „Erntemaschine“ - einer Art Mähdrescher, den sie gebraucht im Baumwoll-Anbauland Spanien gekauft haben – ernten, „die die Pflanze mit rotierenden Fingern kämmt“.
Nach dem Trocknen und Entkernen wird die zu Ballen verdichtete Faser in eine Spinnerei in den Vogesen (im Osten des Landes, in der Region Grand Es) geschickt, bevor sie nach Troyes (im Nordosten Frankreichs) gelangt, wo sie gestrickt und gefärbt wird. Der letzte Schritt der Konfektionierung erfolgt in Mont-de-Marsan (Region Landes, ebenfalls im Südwesten Frankreichs). Danach werden fertigen die Poloshirts (120 Euro) und T-Shirts (50 Euro) für Herren mit dem Stempel „100 Prozent französische Baumwolle“ im Internet unter der Marke Jean Fil zum Verkauf angeboten, die von den drei Landwirten eingeführt wurde, die im Jahr 2020 etwa 2 000 Poloshirts produziert haben.
„Unsere Baumwolle legt innerhalb Frankreichs etwa 2.400 Kilometer zurück, um zu einem Poloshirt zu werden, während ein normales T-Shirt heute im Durchschnitt 65.000 Kilometer zurücklegt, bevor es in den Kleiderschränken der Verbraucher:innen landet", unterstreicht Yohan de Wit. Er berichtet, dass er regelmäßig von französischen Textilmarken angesprochen wird, die diese einzigartige französische Baumwolle gerne kaufen würden, „aber im Moment wollen wir das noch nicht, auch wenn wir anfangen, über Partnerschaften nachzudenken.“ Yohan de Wits „ultimativer Traum“ wäre es, alle Herstellungsschritte im Departement Gers durchzuführen, „mit einem Hangar in unmittelbarer Nähe des Feldes, in den die Baumwolle auf der einen Seite hinein und ein Polohemd auf der anderen Seite wieder herauskommt.“ (AFP)
Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.fr veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ