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Bergfreunde-Chefeinkäufer: Das sind die Outdoor-Trends für SS24

Von Regina Henkel

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Salewa SS24 Kollektion. Foto: Salewa

Der Outdoor-Markt wächst und gehört zu den Gewinner:innen im Einzelhandel der letzten Jahre. Aber auf welche Trends genau setzt der Outdoor-Handel für die Frühjahr-/Sommersaison 2024? Welche Aktivitäten und Sportarten stehen gerade hoch im Kurs, welche Zielgruppen gibt es und welche Veränderungen bringt das Wachstum der letzten Jahre für den Markt mit sich?

Wir haben ein Unternehmen gefragt, das es wissen muss. Die Bergfreunde GmbH stellt Jahr für Jahr neue Umsatzrekorde auf und steigerte erst 2022 seine Erlöse um 19 Prozent auf 242 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Michael Vieweger, Head of Buying bei Bergfreunde, spricht mit uns über die aktuelle Situation im Outdoormarkt, den ausgebliebenen Frühling, neue Zielgruppen, mehr Konsequenz beim Thema Nachhaltigkeit und warum die aktuelle Situation trotz des positiven Ausblicks dennoch auch herausfordernd ist.

Gerade startet die Ordersaison im Outdoormarkt. Wie weit sind Sie mit Ihrer Planung?

Die Strategie steht. Das war uns wichtig. Aufgrund der aktuellen Marktsituation ist es mehr denn je wichtig, einen klaren Plan zu haben für die kommenden Jahre, wofür man im Bereich des Sortiments stehen will und vor allen Dingen auch, welche Zielgruppe man detailliert ansprechen will. Das heißt, unser erster Step war es, die bisherige Sortimentsstrategie zu hinterfragen, sie weiterzuentwickeln und ein klares Bild vor Augen zu haben, damit auch die Mitarbeiter:innen und Einkäufer:innen einen klaren Fahrplan bekommen, mit dem sie arbeiten können. Das heißt, die Gesamtplanung ist fertig, jetzt zurren wir die Budgets fest.

Michael Vieweger, Head of Buying Bergfreunde. Foto: Bergfreunde

Gibt es schon konkrete Trends? Was verrät Ihnen der aktuelle Frühling über die Saison SS24?

Die bisherige Saison ist für uns relativ undurchsichtig oder zumindest verschoben. Aufgrund des späten Frühlings und der vielen externen Marktflüsse, die momentan draußen herrschen, und die nichts mit Outdoor oder Sport zu tun haben, können wir aktuell wenig aussagekräftige Trends rausziehen. Was wir auf jeden Fall sagen können, ist, dass Jacken unglaublich stark sind, viel stärker als die Saisons davor, was aber auch logisch ist aufgrund der kalten Witterung. Wir merken auch, dass Schuhe erneut stark funktionieren. Schuhe sind ein sehr guter Wachstumstreiber für uns in allen Segmenten.

Aber vieles bleibt für uns durch die aktuelle Marktsituation schwierig lesbar. Nichtsdestotrotz ist die Outdoor-Branche eine sehr krisenresistente Branche, und das hilft uns natürlich. Die Kund:innen zieht es raus, die Menschen wollen draußen Zeit verbringen.

Und am Ende des Tages ist das unser Ansatzpunkt, warum wir damit rechnen können, dass der Outdoor-Boom weiter stattfinden wird in allen Formen und Facetten, von Wandern über Klettern bis hin zu Camping und so weiter. Wir sind zuversichtlich, dass wir im Vergleich zu vielen anderen Branchen auch in Zukunft sicher und stabil wachsen können.

Dennoch hat auch die Outdoor-Branche gerade mit Überhängen zu kämpfen.

Wir sehen aber in Summe, dass der Outdoor-Markt mit all seinen Facetten gute Chancen hat, sich weiter zu entwickeln, auch wenn Bereiche wie zum Beispiel Bike – was für uns auch enorm wichtig ist – immer noch sehr überhitzt ist, mit zu viel Ware im Markt und daher sehr preisgetrieben ist. Auch dort gehen wir davon aus, dass sich nächstes Jahr der Markt einpendeln wird, und dass dann wieder ein sinnvolles, stabiles Wachstum möglich ist. In der aktuellen Situation profitieren wir auch von unserem sehr guten Lager- und Stockmanagement und das wird auch in Zukunft den Unterschied machen.

Bike liegt voll im Trend, genauso wie die Marke Patagonia. Foto: Patagonia / Leslie Hittmeier

Was ist bei Bike gerade überhitzt? Die Hardware oder die Ausrüstung?

Tatsächlich beides. Zum einen ist es die Hardware, also wir haben zu viele Fahrräder im Markt, weil tatsächlich die Ware, die bestellt wurde, geliefert wurde. Das hat zur Folge, dass große Budgets gebunden sind, was großen Druck ausübt auf die Händler:innen. Das muss sich erst wieder einpendeln. Und das gleiche Phänomen gibt es in etwas abgeschwächter Form im Textilsegment. Aber auch hier glauben wir daran, dass Bike weiterhin boomen wird – es zahlt ja beispielsweise auch auf das Thema Nachhaltigkeit ein und ist schon deshalb relevant für viele Zielgruppen. Wir bleiben unserer Strategie aber weiterhin treu und führen keine Bikes in unserem Sortiment.

Wie steht es aktuell um die Lieferketten? Funktioniert die Auslieferung überall wieder?

Man merkt deutlich Entspannung draußen im Markt, und ich hoffe, dass das weiterhin anhält. Wir haben die Ware deutlich pünktlicher bekommen als die letzten Saisons, wieder nah am ursprünglich vereinbarten Liefertermin. Das brauchen wir auch als Absprunghöhe für den Winter. Laut unseren Lieferant:innen scheint die Ware auch im Winter wieder pünktlicher zu kommen und näher am ursprünglich vereinbarten Liefertermin. Das ist schön zu sehen. Der späte Saisonstart im Sommer ist natürlich ein Problem, aber damit müssen wir alle zurechtkommen.

Die Outdoorbranche will seit Jahren schneller werden – gibt es da Verbesserungen?

Tatsächlich ist die Situation, dass wir von Saison zu Saison eher noch früher die Orders abgeben müssen, gerade bei den großen Marken. Wir starten also jetzt in die Orderrunde, aber Fakt ist, dass der Frühling noch nicht einmal losgelegt hat, und das Zahlenmaterial ist dadurch nicht gerade besser geworden. Hier gibt es also noch Luft nach oben.

Mit welchen Preissteigerungen rechnen Sie? Haben Sie schon Informationen von Ihren Lieferant:innen?

Es gibt leider kein klares Bild. Es gibt tatsächlich Marken, die nochmals erhöhen müssen, im einstelligen Bereich allerdings. Es gibt aber auch Marken, die signalisieren, dass sie sogar den Weg zurückgehen und wieder günstiger werden, weil die Lieferketten wieder funktionieren und die Energiekosten wieder gefallen sind. Was wir natürlich noch nicht wissen und auch nicht hoffen, ist, ob das auf Kosten von Qualität oder Nachhaltigkeit geschieht. Da werden die Einkäufer:innen natürlich genau hinschauen müssen.

Salewa Kollektion SS24. Foto: Salewa

Wie hat die Pandemie Ihre Zielgruppe verändert?

Wir sehen, dass es mehr Menschen gibt, die neu einsteigen, die die Outdoor-Welt für sich entdecken wollen. Es hat sich eine neue Zielgruppe gebildet, die sich selbst nicht unbedingt als Trekking- oder Wanderspezialist:innen sieht, sondern Microadventures am Wochenende erleben will. Auch das ist ein Thema, das immer mehr kommt, und das wir in unserem Sortiment berücksichtigen müssen. Gleichzeitig sehen wir Leute, die früher vielleicht Hotelurlaube gemacht haben, und die jetzt zum Beispiel Weitwanderwege gehen. Parallel dazu gibt es weiterhin den Camping Boom. Es gibt wirklich viele Themen, die man ausspielen kann.

Was heißt das konkret für Bekleidung? Beispielsweise fällt mir auf, dass Multifunktionalität ein großes Thema im Markt ist, nachdem man Jahre versucht hat, sich immer stärker zu spezialisieren.

Wir sprechen ja eine relativ breite Zielgruppe an. Das heißt, wir haben auf der einen Seite die leistungsorientierten Sportler:innen, und die brauchen natürlich spezielle Ware und Funktionen für ihren Sport. Da werden wir auch weiterhin Vollgas geben. Aber natürlich haben wir jetzt auch viele Einsteiger:innen, die selbst vielleicht noch gar nicht wissen, in welchem Sport in der Outdoorwelt sie landen werden. Für diese Kund:innen braucht man Multifunktionsbekleidung, die man für unterschiedliche Sportarten verwenden kann, und dann reden wir auch von ganz anderen Preispunkten. Einsteiger:innen achten in der Regel stärker auf den Preis oder eine Preissenkung und sind nicht so Marken-verliebt wie Spezialist:innen. Als Marktführer müssen und wollen wir beide Segmente bedienen, denn schließlich findet keine Verschiebung bei den Zielgruppen statt, sondern eine Ergänzung.

Welche Marken oder Styles funktionieren denn gut?

Wenn ich jetzt auf das aktuelle Jahr schaue, dann sind unsere Top Brands weiterhin Marken wie Patagonia, Ortovox, Fjällräven oder auch Lowa und Salomon. Diese Marken funktionieren schon seit vielen Jahren sehr gut. Im Bereich der Produkte sind es aktuell, wie gesagt, vor allem die Jacken, auch Softshell Jacken, aufgrund der Witterung. Dieser Boom geht momentan aber zu Lasten von T-Shirts, Shorts und generell dünneren Produkten, die letztes Jahr sehr gut liefen. Sehr gut funktionieren auch Schuhe, egal ob es jetzt Wanderschuhe sind, Multifunktionsschuhe, Laufschuhe oder Trailrunningschuhe. Hier erwarten die Kund:innen eine gewisse Qualität und sind auch bereit, dafür Geld auszugeben.

Gibt es auch Veränderungen, auf die Sie gezielt reagieren?

Wir stellen fest, dass diese neuen Zielgruppen auch mit neuen modischen Erwartungen kommen. Kletterer beispielsweise hatten bisher ja eher einen klassischen Stil, der relativ baumwollastig war und eine eigene Optik hatte. Tatsächlich findet in den Kletterhallen jetzt ein Change statt, und es kommen auch Leute dazu, die Fitness-Bekleidung und Leggings tragen, weil sie sich auch nicht als Hardcore-Kletterer und -Klettererinnen sehen. Diese Zielgruppe wird modischer und bunter und auch lauter, weil sie einen anderen Fashion Hintergrund haben. Wir sind jetzt sehr gespannt, was wir in den neuen Kollektionen sehen werden. Natürlich erwarten wir weiterhin die klassischen Farben, da wird das Rad nicht neu erfunden. Es sind aber sicher tolle neue Grüntöne dabei und auch neue Brauntöne. Aber der Rest ist immer noch recht klassisch.

Devold of Norway SS24. Foto: Devold of Norway

In der Outdoorbranche gibt es kaum die schnellen Trends und neuen In-Marken. Welche Rolle spielen Newcomer für Sie? Suchen Sie neue Marken?

Mit fast 900 aktiven Marken sind wir schon sehr breit aufgestellt, aber wir sind durchaus offen für neue Marken. Nicht nur wegen der neuen Zielgruppe, von der wir gerade gesprochen haben, sondern auch in einzelnen Segmenten, wie im Bike-Bereich, spielen kleine junge Brands eine wichtige Rolle. Wir haben sogar ein eigenes Budget für solche neuen Marken, weil die Kund:innen ja auch immer wieder überrascht werden wollen.

Nachhaltigkeit wird bei Bergfreunde großgeschrieben. Wie setzen Sie das im Einkauf um?

Wir sind der erste Outdoor-Händler, der sich der Initiative „Science Based Targets“ angeschlossen hat, um Klimaziele zu erreichen. Jetzt sind wir an dem Punkt, dass wir auch versuchen wollen, unsere Lieferanten mit ins Boot zu nehmen und zu schauen, wie können wir gemeinschaftlich dieses Ziel erreichen? Das heißt, in jedem Strategietermin sprechen wir gezielt mit unseren Lieferant:innen darüber, wie das aussehen könnte. Und das wird so weit gehen, dass wir dieses Thema in den nächsten Jahren tatsächlich auch als budgetrelevant umsetzen und gegebenenfalls auch Budgets oder Leistungen hinterfragen werden. Das soll keine Drohung sein, aber es ist natürlich schwierig, wenn man einerseits Klimaziele erreichen will und andererseits einfach alles akzeptieren würde, was der Markt anbietet. Da gehört auch eine gewisse Konsequenz dahinter. Deshalb versuchen wir ja jetzt schon gemeinsam mit unseren Lieferant:innen Maßnahmen zu entwickeln. Also, der Zeitpunkt wird kommen. Nicht sofort, nicht nächstes Jahr, aber in den nächsten Jahren. Und natürlich versuchen wir schon heute, eine möglichst hohe Anzahl an nachhaltigeren Produkten ins Sortiment aufzunehmen. Auch hier haben wir klare Anforderungen an unsere Buyer und Lieferant:innen.

Das heißt also, wir setzen das Thema auf zwei Arten um: Einmal mit Blick auf unsere Klimaziele und unser Commitment zur Science Based Targets Initiative, und zum anderen über die Nachhaltigkeit unserer Produkte – also gibt es neue Materialitäten wie beispielsweise Hanf oder andere Innovationen, oder Siegel und so weiter.

Wie interessiert sind die Kund:innen denn tatsächlich an dem Thema Nachhaltigkeit?

Es ist definitiv so, dass die Kund:innen gezielt danach suchen und es bei einer Firma wie Bergfreunde auch erwarten – was natürlich ein hohes Gut ist, das man verteidigen und sicherstellen muss. Wir merken es daran, wie gefiltert und gesucht wird, welche Fragen im Kund:innenservice gestellt werden. Gerade auch bei Kinderprodukten wird das Thema immer wichtiger.

Ortovox Farben im SS23. Foto Ortovox / MaxDraeger MedRes

Im letzten Jahr hat Gore-Tex eine neue, nachhaltigere Membran herausgebracht. Wie erfolgreich sie sein wird, entscheiden auch Sie als Händler und Ihre Kund:innen. Wie kam die neue Membran bei Ihnen an?

Die Membran ist zunächst nur von wenigen Marken verwendet worden. Aber wir haben nichts Negatives gehört, also auch keine Reklamationen oder Ähnliches – was grundsätzlich eine gute Nachricht ist. Aber es ist auch nicht so, dass man dann das Gefühl hat, die Kund:innen suchen gezielt danach.

Noch ein Aspekt zum Thema Nachhaltigkeit: PFCs oder PFAS. Diese Stoffe waren Anfang des Jahres stark in den Medien. Sind Sie schon PFC-frei?

Nein, wir sind noch nicht PFC-frei, es gibt noch Marken, die damit arbeiten. Das heißt, auch hier müssen wir versuchen, die Lieferant:innen dorthin zu bewegen, dass sie Alternativen finden.

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