Bonprix-Chefin über Konsumentinnen: Individualität wichtiger als Trends hinterher zu laufen
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Der zum Hamburger Handelskonzern Otto Group gehörende Womenswear-Anbieter Bonprix hat kürzlich seinen aktuellen Fashion-Report veröffentlicht, für den er zusammen mit dem Marktforschungsinstitut Ipsos Frauen in Deutschland zu ihrem Shopping-Verhalten und modischen Präferenzen befragt hat.
Was der Bekleidungsanbieter aus der Umfrage mitnimmt, wie der aktuelle Marken-Relaunch verläuft und welche Entwicklungen Bonprix bei Trends festgestellt hat, erklärt Carolin Klar, Geschäftsführerin für die Bereiche Einkauf, Beschaffung und Corporate Responsibility.
Sie haben gerade Ihren Fashion-Report vorgestellt. Was nehmen Sie von den Ergebnissen mit?
Für uns ist der Fashion Report ganz wesentlich, weil Mode ein Ausdruck der Persönlichkeit ist. Es ist eine tolle Möglichkeit, das Ohr am Markt zu haben. Als wir die Ergebnisse gesehen haben, hat sich ziemlich schnell herauskristallisiert, dass wir die Studie “Das neue ModeBewusstSein” nennen. Wir haben tausend Frauen in Deutschland zu Mode und ihren Erwartungen befragt und es zeigt sich ein Trend zur Individualisierung.
Was bedeutet diese Tendenz zur Individualisierung?
Durch den Individualisierungstrend ist schon sehr stark spürbar, dass die Frauen sehr genau wissen, was sie haben wollen und nicht einfach jedem Trend folgen. Es gab nur einen sehr kleinen Teil, der Trends “blind kauft”. Individualität steht im Vordergrund.
Die Konsumentinnen sind sich sehr bewusst, was sie tragen können und sehen, was Mode mit ihrem Selbstbewusstsein macht – über 80 Prozent der befragten Frauen sagen, sie empfinden mehr Selbstvertrauen, wenn sie sich gut gekleidet fühlen.
Spielen Trends also keine Rolle mehr für Frauen in Deutschland?
Es heißt nicht, dass Frauen keine Trends mehr wollen, sie folgen ihnen einfach nicht mehr ohne Weiteres. Wichtiger wird es also zu verstehen, was sie wollen, darauf einzugehen und ihnen dann auch zu erklären, um was es in der Kollektion geht und welche Story wir erzählen.
Kaufen Konsumentinnen also bewusster ein?
Es scheint zumindest eine Neigung zu Lieblingsstücken zu geben.
Erstaunlich ist, dass ein Drittel der Stücke in den Kleiderschränken unberührt bleibt und dennoch sechs von zehn Frauen sagen, dass sie noch nicht überall etwas Passendes finden können. Und da frage ich mich, warum das so ist, bei der Masse an Stücken, Anbieter:innen und Kanälen.
Das passt dann auch wieder ganz gut zum Thema Individualisierung, dass viele Frauen sagen, dass die Inszenierung oder die Models, noch nicht zu diesem individuellen Zeitgeist passen und sich 90 Prozent der Befragten eine realistische Darstellung und mehr Diversity bei der Mode-Inszenierung wünschen. Das ist für mich ein ganz klarer Auftrag.
Bonprix durchläuft gerade einen Marken-Relaunch mit neuem Logo und Slogan. Weitere Schritte sollen folgen.
Wir arbeiten an einer stetigen Verbesserung und natürlich ist das Thema Marke ganz, ganz wichtig für uns. Dabei geht es auch um mehr, als nur um ein Logo – es geht um unseren Gesamtauftritt. Hier haben wir das Thema Individualisierung schon gut getroffen. Wir haben unsere Inszenierung sehr stark auf Diversity, auf wirkliche Natürlichkeit und Authentizität gesetzt.
Es ist wichtig, seine Markenwerte zu kennen und da weiter daran zu arbeiten. Im Produktmanagement ist für mich ein ganz zentraler Punkt die Markenerwartung für Produkt, Qualität, Fits trendgerecht für unsere Kundinnen umzusetzen und beständig zu liefern.
Seit kurzem gibt es auch einen eigenen Tiktok-Account, auf dem Influencerinnen verschiedener Altersklassen ihre Styles präsentieren. Welche Zielgruppe will Bonprix erreichen?
Unsere Zielgruppe ist die „Smart-Fashion-Shopperin“, die Ende 30 ist. Ich will jetzt nicht sagen, dass sie nicht sehr TikTok-affin ist, aber es ist nicht die 20-Jährige, wo wir ein Match in den sozialen Medien haben. Natürlich wollen wir aber auch die Kundin erreichen, die auf Tiktok ist, und die Zielgruppe nicht zu sehr eingrenzen. Social Media steht auch bei den Befragten nicht an erster Stelle. Sie lassen sich mehr von Kolleginnen, Freundinnen oder dem Straßenbild inspirieren.
Bonprix ist in mehr als 25 Märkten aktiv. Wie erreichen Sie diese teilweise so unterschiedlichen Regionen?
Neben Deutschland haben wir unsere Befragung auch in unseren anderen Kernmärkten durchgeführt, die Daten werden gerade ausgewertet. Wir werden also nochmal neue Ergebnisse präsentieren, um so auch einen stärkeren Fokus auf internationale Frauen zu bieten. Es zeichnet sich schon jetzt ab, dass es einige Unterschiede zwischen den Ländern gibt. Für uns heißt das, es ist wichtig, dass wir Stilvielfalt spielen.
Natürlich haben wir eine Kern-Stilistik, die wir nach außen tragen, aber darunter öffnet sich, wie ich es gerne sage, eine Blume mit verschiedenen Alternativen für individuelle Stilistiken, die trotzdem etwas miteinander zu tun haben und zur Kundin passt.
Menswear ist zwar Teil ihres Sortimentes, spielt in dem Report sowie auf ihren Social-Media-Kanälen keine Rolle...
Die Hauptzielgruppe von Bonprix sind Frauen – und die haben möglicherweise auch einen Partner und Kinder, die wir so erreichen.
Dreiviertel der Befragten finden das Thema Nachhaltigkeit kompliziert. Wie wollen Sie ihnen entgegenkommen?
Wir müssen es besser transportieren. Auch wenn wir schon viel kommunizieren, werden wir es für die Kund:in noch greifbarer machen – und erklären, warum ein Produkt recycelfähig ist. Bei unserer Circular Collection wollen wir verdeutlichen, dass sie nach zirkulären Designprinzipien entwickelt wurde, Knöpfe abschraubbar und wenig Mischfasern drin sind.
Bei Ihrer ‘Circular Collection’ spielt zirkuläres Design eine Rolle. Soll der Kreislauf zukünftig auch mit Rücknahmesystemen und Dienstleistungen wie Mietmode erweitert werden?
Rücknahmesysteme wären ein erster Schritt für uns, weil es auch eine starke Tendenz in Richtung einer Regulatorik gibt. Wer Produkte auf den Markt bringt, sollte auch dafür sorgen, dass sie zurückgenommen werden können. Da arbeiten wir gerade an Konzepten und glauben, dass wir durch unser Geschäftsmodell, mit einer sehr guten Infrastruktur bezüglich der Logistik, dies gut hinbekommen.
Mietmodelle sehen wir bei uns im Moment noch nicht, schließen es aber auch nicht aus – je wichtiger es für den Modemarkt wird, desto mehr müssen wir uns damit beschäftigen.
Im vergangenen Jahr verzeichnete Bonprix einen Umsatzrückgang. Wie verlief das aktuelle Geschäftsjahr bisher?
Wir hatten eine sehr starke Corona-Zeit. In Summe ist das Geschäft anspruchsvoll, doch wir haben ein gesundes Geschäftsmodell. Wir arbeiten an den richtigen Maßnahmen, um auch mit den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen weiterhin erfolgreich zu sein.
Bonprix hat FashionUnited zum Launch-Event eingeladen.