Christian Rugen, Einkaufschef CJ Schmidt: „Die Kunden haben Lust auf Marke“
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CJ Schmidt in Husum ist eine Institution im Norden und eine Instanz in der Branche. Quasi schon eine Destination für sich, ist das Modehaus für die ganze Familie erste Anlaufstelle für Kunden aus ganz Schleswig-Holstein und gern angesteuerter Zwischenstopp für Reisende Richtung Sylt & Co.
Christian Rugen, der 2015 von Dodenhof kommend als Einkaufsleiter zu CJ Schmidt stieß, ist seit 2018 als Mitglied der Geschäftsführung für den Bereich Einkauf, Verkauf und Marketing verantwortlich. Im Interview spricht er darüber, wie er den Saisonstart gestaltet und welche Themen die Herbstorder 2022 bestimmen.
Wie haben Sie das Jahr 2021 abgeschlossen?
Insgesamt natürlich mit einem Minus. Die Wintersaison lief dann aber doch recht ordentlich. Das lag daran, dass wir hier im Norden bis vor Kurzem eine niedrigere Inzidenz hatten als die meisten anderen Bundesländer; folglich gab es bei uns nicht so viele Einschränkungen wie anderswo.
Nun aber gilt auch in Schleswig-Holstein die 2G Verordnung. Wie hat sich die Umsetzung bei Ihnen ausgewirkt?
Wir konnten in den letzten zwei Jahren das immer gleiche Phänomen beobachten: Eine neue Verordnung wirkt erst einmal wie ein Dämpfer, der dafür sorgt, dass es zwei, drei Tage lang sehr ruhig bei uns wird. Dann ist es, als ob alle sich schütteln – und dann haben sie sich an die Neuerung gewöhnt und die Frequenz normalisiert sich. So war es auch diesmal wieder. Mittlerweile ist das wie eine immer wiederkehrende Wellenbewegung. Dennoch haben wir im Schnitt 30 bis 35 Prozent weniger Besucher:innen im Haus.
Haben Sie als Unternehmen mit den meisten Angestellten in Husum eigentlich einen direkten Draht zur Politik?
Wir sind im engen Austausch. Das ist auch sehr wichtig, denn ohne einen zügigen Informationstransfer wäre es uns unmöglich, schnell genug auf neue Verordnungen zu reagieren. Als jetzt beispielsweise 2G umgesetzt werden sollte, gingen am Freitagabend die offiziellen Informationen über die neuen Auflagen raus, die am Samstagmorgen bei Geschäftsöffnung in Kraft treten sollten. Die entsprechenden organisatorischen Maßnahmen in so kurzer Zeit umzusetzen, ist für ein Haus unserer Größenordnung natürlich eine Herausforderung.
Welche Stimmung nehmen Sie aktuell bei Ihren Kundinnen und Kunden wahr?
Es ist ganz offensichtlich, dass die Kund:innen Lust auf Mode haben, Lust auf Neues, Lust auf Farbe und – das ist vielleicht besonders bemerkenswert – auch Lust auf Marke! Das ist insbesondere im Premiumbereich ganz signifikant.
Gibt es überraschende Aufsteiger oder sind es die bewährten Leistungsträger, die positiv auffallen?
Der komplette Premiumbereich mit Marken wie Closed, Luisa Cerano oder Marc Cain hat deutlich an Anziehungskraft gewonnen. Im Mainstream performed insbesondere Marc O’Polo extrem gut. Aber man kann sicher sagen, dass die Begehrlichkeit insgesamt angezogen hat. Ich beobachte auch, dass die Kund:innen bewusster konsumieren.
Wird die geringere Frequenz durch diese Entwicklung kompensiert?
Sie wird vor allem dadurch aufgefangen, dass die Kund:innen, die jetzt zu uns kommen, meist wirklich eine Kaufabsicht haben. In normalen Zeiten ist es ja so, dass viele einfach nur durchs Haus bummeln, ohne etwas kaufen zu wollen. Das ist nun völlig anders. Daher haben wir die Conversion Rate erheblich steigern können.
Wie hat sich Ihre Arbeit auf der Fläche dadurch verändert?
Früher mussten sich unsere Modeberater:innen mitunter um drei, vier Kund:innen gleichzeitig kümmern. Nun aber haben wir deutlich mehr Zeit für unsere Kund:innen und können uns viel intensiver mit einzelnen Personen befassen. Entsprechend schulen wir unsere Mitarbeitenden und sagen ihnen: Lasst Euch bei der Beratung Zeit, es drängt auch niemand! Schließlich geht es darum, unserer Kundschaft einen noch individuelleren Service, noch mehr Beratung und somit ein noch eindrucksvolleres Einkaufserlebnis zu bieten.
Wirkt sich die neue „Luftigkeit“ im Haus auch auf die Inszenierung der Modethemen aus?
Natürlich, wir können nun noch mehr neue Looks zeigen als in der Vergangenheit.
Ist denn genug neue Ware da? Die Liefersituation scheint ja teilweise recht angespannt zu sein...
Stimmt, die Lage ist angespannt, aber nicht zum Verzweifeln. Es gab ja im Herbst/ Winter schon Verzögerungen, was insbesondere im Jackenbereich nicht unproblematisch war. Insgesamt gesehen war die Situation jedoch zufriedenstellend. Allerdings haben wir von einigen Lieferanten schon die Information bekommen, dass der Liefertermin Januar wohl eher in den Februar rutschen wird. Dabei ist es zum jetzigen Zeitpunkt natürlich ganz entscheidend, Neuheiten zu zeigen und gezielt frische Impulse zu setzen. Wir werden sehen, wie sich die Verzögerungen auswirken. Bis jetzt haben wir noch keine Umsatzverluste. Doch wenn wir Ende Januar, wenn zum Großteil reduzierte Ware auf der Fläche ist, zu wenig neue Ware haben, wird die Marge natürlich leiden.
Ist es die Ware aus Fernost, die fehlt?
Genau, daher ist vor allem der Mainstream betroffen, während der ganze Premium-Bereich unberührt ist.
Welche Trends lassen sich zum Saisonstart bereits ablesen?
Ganz klar Farbe! Grün- und Blautöne sind sehr gut, auch das ganze Pink-Thema läuft hervorragend. Es ist unübersehbar, dass Farbe nach all den monochromen Wohlfühl-Looks in neutralen Tönen genau der richtige Impuls ist. Darauf haben die Leute große Lust.
Wie lautet Ihre wichtigste Aufgabenstellung für die Order zum Herbst?
Wir werden weiterhin daran arbeiten, unseren Modegrad auszubauen. Dass das der richtige Weg ist, ist inzwischen erwiesen. Daher werden wir diesen Weg weiter gehen.
Mit Looks für die Couch oder eher für die Party?
An das Thema Couch glauben wir nicht mehr, wir setzen eher auf Ausgehen und Party und insgesamt auf angezogenere Looks. Schon im letzten Jahr hat sich ja gezeigt, dass es in diesem Bereich einen großen Bedarf gibt, sowohl in der DOB als auch in der HAKA. Wir brauchen für den Sommer ganz viele Kleider, und zwar in einem breiten stilistischen Spektrum. Letztes Jahr haben zum Beispiel klassische Etuikleider gefehlt. Bei den Herren hatten wir zu wenig gute Blazer. All diese Themen müssen wir bedienen.
Bei welchen Themen wird es in der Orderrunde Reibung geben? Bei den Preislagen?
Darüber werden wir sicher diskutieren. Wir müssen ein Auge darauf haben, wie weit die Durchschnittspreise sich nach oben entwickeln. Höhere Durchschnittspreise sind ja per se nichts Schlechtes. Entscheidend wird aber sein, wie die Lieferanten mit Eckpreislagen umgehen. Wenn ein Mainstream-Lieferant – statt wie in der Vergangenheit acht – nun nur noch drei Pullover zu 39 Euro anbietet und im Gegenzug die höheren Preislagen ausbaut, dann soll mir das recht sein. Wichtig ist nur, dass er die Eckpreislagen grundsätzlich noch bedient. Auch bei der Frage, wie wir mit Nachsteuerung umgehen können, wird es sicher Diskussionen geben. Wie viel wir in der Vororder abdecken können, was ab Lager erhältlich sein wird... das müssen wir mit unseren Lieferanten besprechen. Klar ist jedenfalls: Ohne Lager geht es nicht, denn wir brauchen auch Lagerware.
Letzte Frage: Rechnen Sie mit einem weiteren Lockdown?
Nein, wir gehen von einer positiven Situation aus und hoffen, dass wir weiterhin geöffnet haben und unseren Kunden Tag für Tag ein tolles Einkaufserlebnis mit vielen Aktionen auf der Fläche bieten können. Denn wenn wir zweifeln oder nichts tun und einfach nur da sind, das ist nicht zielführend.