CIFF x Fashion Snoops: HW24/25 definiert sich durch neue Kraft und neuen Daseinszustand
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Kaum ein Trendseminar kommt heutzutage ohne die Erwähnung der weltweit turbulenten Zeiten aus, in denen wir immer noch leben. Das war auch beim Vortrag von FashionSnoops auf der laufenden Copenhagen International Fashion Fair (CIFF) nicht anders, die vom 9. bis 11. August stattfindet. Die für Farben Zuständige des Trendbüros, Joanne Thomas, betrat das Podium und sprach über die Trends, die uns im Herbst/Winter 24/25 erwarten. Der zunehmende Druck, dem die Modebranche in den letzten Jahren ausgesetzt war - sei es in wirtschaftlicher, gesellschaftlicher oder politischer Hinsicht - hat sich bereits tiefgreifend auf die Branche und ihre Leistungsfähigkeit ausgewirkt, und es scheint, dass dies auch in der kommenden Saison anhalten wird.
In ihrem Vortrag verwies Thomas auf die Notwendigkeit, dass Designer:innen Quoten einhalten müssen, die letztlich ihre Werte und stilistischen Entscheidungen für Kollektionen definieren. Sie schlug jedoch vor, dass Marken diese Einschränkungen nicht als Hindernisse sehen, sondern mit ihnen arbeiten sollten, um sich an die sich ständig verändernde Denkweise der Verbraucher:innen anzupassen. Diese Idee spiegelte sich auch in den drei Designästhetiken wider, die Thomas den CIFF-Teilnehmer:innen vorstellte.
Zerbrechlichkeit: Weiche Panzer und komfortorientiertes Design
Im Mittelpunkt des ersten Trends, „Zerbrechlichkeit“, beschreibt Thomas eine Ästhetik der „neuen Stärke in den schwierigsten Zeiten“. Da die Verbraucher:innen eine Pause vom Alltagsdruck suchen, schlägt Thomas vor, dass Marken mit dem Angebot einer „weichen Rüstung“ reagieren sollten. Zu den zentralen Merkmalen dieses Trends gehört die Förderung der emotionalen Intelligenz durch verantwortungsbewusste Geschäftspraktiken, die Akzeptanz der Einsamkeit unter Verbraucher:innen, die den Eskapismus suchen, und ein verstärkter Dialog über psychische Gesundheit. Bestimmte Bekleidungskategorien, die diese Anliegen aufgreifen, liegen in komfortorientierten Stilen wie Loungewear und Nachtwäsche, während Thomas auch die Notwendigkeit hervorhebt, Services in Betracht zu ziehen, die mehrschichtige Gesundheitsvorteile bieten.
Farben, die mit „Zerbrechlichkeit“ in Verbindung gebracht werden, sollten ein harmonisches Gleichgewicht zwischen einer Kombination von Stärke und Subtilität schaffen, wobei Thomas außerdem auf ein „fesselndes visuelles Hin und Her" hinweist, das in der Einbeziehung von Hauttönen neben wärmeren Farben zu sehen ist. Dies zeigt sich auch in den Themen, die der Damen- und Herrenmode zugrunde liegen. Bei der Damenmode liegt der Schwerpunkt auf der Idee der „göttlichen Weiblichkeit“, die durch die Verwendung von Stoffblumen und die Leichtigkeit und den Komfort der Materialien zum Ausdruck kommt. Bei der Herrenmode ist ein solcher Trend durch eine ähnliche Auffassung von „müheloser Anmut“ präsent, die sowohl cool und zeitgemäß als auch zeitlos ästhetisch ist.
Immersion: schützende Kleidung und Interaktion mit der Umwelt
Im Teil ihres Vortrags zum Trend „Immersion“ spricht Thomas über einen „neuen Daseinszustand“, der über das Gewöhnliche hinausgeht und den Kontrast zwischen Funktionalität und Fantasie zusammenbringt. In diesem Zusammenhang blickt Thomas über unsere irdische Realität hinaus und wendet sich jenseitigen Perspektiven, kosmischen Themen und hochgradig personalisierten Methoden zu, um eine Evolution des Selbstausdrucks zu erreichen. Das Ergebnis ist die Verwendung moderner Materialien mit metallischem Glanz, übertriebenen Oberflächen und vollständig anpassbarem Aussehen, die entweder einen Eintritt ins persönliche Experimentieren bieten oder mit dem Schutzaspekt von Kleidung spielen. Thomas befasst sich auch mit der Idee der Technologie als Mittel zur Erforschung der Immersion und stellt fest, dass Marken besonders auf Materialien achten müssen, die mit der Umwelt interagieren.
Die Farbpalette für dieses Thema besteht aus sehr leuchtenden Farbtönen, die aufgrund ihrer Fähigkeit, die Sinne zu entzünden, ausgewählt wurden. Die visuell dynamische Zusammenstellung vermittelt ein Gefühl von Wärme und lässt sich gleichzeitig von der Natur inspirieren - eine Eigenschaft, die für die Damenmode unabdingbar ist, bei der die Designästhetik mit dem Wachstum von Pflanzen verbunden ist. Ein Beweis dafür ist die modulare Garderobe, die sich den Bedürfnissen der Trägerin anpasst und sie für jede Situation rüstet. Ähnliches gilt für die Herrengarderobe, doch im Gegensatz dazu konzentriert sich Thomas mehr auf den personalisierten Nutzen als zentrale Säule sowie auf die Mischung aus Futurismus und Traditionalismus, die eine progressive und zugleich zögerliche Version von morgen präsentiert.
Sentimental: Der Wes-Anderson-Effekt
„Sentimental“ ist eine weitere Antwort auf die turbulente Zeit, die wir gerade durchleben, und betrachtet das Konzept der Nostalgie als einen sicheren Raum für die Ungewissheiten des Lebens. Hier werden Verbraucher:innen eine Kontextualisierung der Geschichte begrüßen, stellt Thomas fest, ebenso wie die Sehnsucht nach einer intimen Verbindung zu Kreationen, die zu diesem Thema passen. Der „Reiz des Films" und „fesselndes Geschichtenerzählen“ sind die Stichworte dieses Trends, der sich bereits in der zunehmenden Popularität des Filmregisseurs Wes Anderson zeigt, der für seinen unverwechselbaren Stil bekannt ist. Thomas erläutert auch, wie kreislauffähige Vorgänge diesen Trend vorantreiben werden, wie zum Beispiel die Reparatur und DIY-Elemente, die jeweils den Wunsch nach handwerklicher Arbeit fördern und die emotionale Bindung der Kundschaft ansprechen.
Die Farben dieses Trends unterstreichen das handwerkliche, künstlerische Gefühl dieser Ästhetik, wobei warme Töne für Dramatik sorgen, während kontrastierende kühlere Farbtöne die filmische Perspektive vervollständigen, die Thomas hervorhebt. Sowohl für Männer als auch Frauen geht es bei „Sentimental“ um Erbe und Traditionalismus als Quelle von Komfort und Vertrautheit. Bei den Frauen dreht sich das Thema um funktionale Elemente klassischer Silhouetten, bei den Männern hingegen wird das Thema eher im übertragenen Sinne umgesetzt. Dies beschreibt Thomas als eine „fantasievolle Interpretation des Lebens auf dem Bauernhof“, umgesetzt durch „robuste und doch verträumte Arbeitskleidung“; man denke etwa an Brokatblazer und handgefertigte Mäntel.
Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.uk. Übersetzt und bearbeitet von Simone Preuss.