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Damals und heute: Von der Muse zur Vorreiterrolle

Von Jackie Mallon

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Mode

New York - Die Mode-Musen des zwanzigsten Jahrhunderts waren der Inbegriff der Schönheitsideale ihrer Zeit. Sie waren oft Prominente, Aristokraten oder Elite-Bohemiens, die Teil einer Designerclique wurden. Sie trugen die neuesten Kollektion des Designers, machten zusammen Urlaub, verkörperten die Vision des Designers von Modernität. Hinter beinahe jedem großen Mann der Mode verbirgt sich solch eine großartige Frau, mit der dieser eine asexuellen „Romanze" führte.

Übrigens vereint diese Beziehung historisch alle kreativen Felder, nicht nur die Mode. Denken Sie an Edie Sedgewick, die mit ihren Kronleuchterohrringen inmitten Andy Warhols Fabrik für Polaroids posiert. Oder Jane Avril mit ihren Cancan-Rüschen und marmeladenfarbenen Haaren, die Toulouse-Lautrecs Gemälde inspirierte. Und Alfred Hitchcocks filmisches Auge konnte sich am Anblick von Grace Kelly nicht sattsehen. In der Mode jedoch war die Verbindung zwischen Kreativem und Muse wohl am engsten und dauerte oft lange Jahre. Der Urtyp dieser Konstellation sind vielleicht Audrey Hepburn und Hubert de Givenchy. Auch Isabella Blow, die vom Hals abwärts in Alexander McQueen gehüllt war, während ihr Kopf ein Podest für Philip Treacys Hüte bildete, war eine Muse. Eine gute Mode-Muse kann die Hirngespinste eines Designers in den dernier cri der Eleganz verwandeln. Düfte und Accessoires werden mit ihrem Namen beworben. Nachdem Hermès-Geschäftsführer Jean-Louis Dumas 1985 der Schauspielerin Jane Birkin auf einem Flug begegnet war, nannte er eine Ledertasche nach ihr. Über dreißig Jahre später ist die Birkin Bag immer noch ein Statussymbol, das Wartelisten füllt.

Von der Markentreue zum Abstieg

Musen inspirierten oft die Kreativität ihrer kreativen Partner, weil sie selbstbewusst und stark waren, und wurden dazu verleitet, sich auf den Designer zu verlassen. Diese „Markentreue", um einen modernen Begriff zu verwenden, war jedoch oft eine Einbahnstraße. Ein neues Buch "Lou und Yves, Die unbekannte Geschichte von Loulou de La Falaise und dem Haus Saint Laurent" von Christopher Petkanas beschreibt die Beziehung zwischen Yves Saint Laurent und Loulou de La Falaise. Bei einem Diskussionsforum im letzten Monat am Fashion Institute of Technology machte der Autor eine interessante Beobachtung. Er merkte an, wie Figuren wie de La Falaise eine Pflicht gegenüber dem Designer empfinden können, die schließlich zu ihrem Käfig wird. „Mit den richtigen Anwälten wären diese Frauen heute Zillionärinnen", sagte Petkanas, „aber damals gab es keine Absicherung. Loulous Wohnung wurde von Saint Laurent bezahlt, aber sie hätte durchweg mehr verdienen können. Ihr eigenes Modehaus hingegen, das sie später gründete, ging bankrott. Pierre Bergé wusste von ihrer misslichen finanziellen Lage, kam ihr aber nicht zu Hilfe. Im Jahr vor ihrem Tod konnte sie die Miete nicht bezahlen."

Die Muse als Geschäftsmodell

Heutzutage zieht die profitable Beziehung zwischen Social Media-Influencern und Unternehmen Kritik auf sich, aber die Influencer haben keine Mühe, ihre Miete zu bezahlen. Gesponserte Inhalte sind ein gewohnter Anblick, wenn wir durch unseren Instagram-Feed scrollen. Die Bloggerin Susie Bubble verteidigte die Praxis auf Twitter: „Blogger, die bezahlte Outfits oder geliehene Klamotten tragen, tun nichts weiter, als was Magazine auch tun, wenn sie in ihren redaktionellen Strecken Marken nennen.“ Mit der Unmittelbarkeit von Instagram und dessen klickbaren Links, die direkt zur Kaufoption führen, zahlen einige Marken bis zu sechsstellige Beträge für die richtige Gelegenheit, abhängig von der Bekanntheit der Influencer. WWD untersuchte die Macht der Influencer im September 2017 und stellte fest, dass „24 Prozent des mobilen Web-Traffics von Nordstrom für den Monat August aus Influencer-Empfehlungen stammten, wobei das Influencer-Netzwerk RewardStyle 79 Prozent von ihnen ausmachte." Die Markenzugehörigkeit ist eine lukrative Geschäftsstrategie für junge Trendsetter, die wissen, wie man Prints kombiniert und eine Rüsche gelungen in Szene setzt.

Changemakers of tomorrow

Der Wert von Influencern wird auch in Zukunft bleiben und über das Monetäre hinausgehen, das "Top-down"-Elitenmodell von früher gehört der Vergangenheit an. Visibility ist die Währung für bislang vergessene Märkte, die eine Armee von motivierten Changemakern hervorbringen. Sinéad Burke, eine kleinwüchsige Aktivistin für Menschen mit Behinderungen, ist auf dem Cover der neuesten Print-Publikation von "The Age of Influence" von Business of Fashion zu sehen. Als Mitbegründerin der Inclusive Fashion and Design Collective (IFDC), fordert die Modebranche dazu auf, sie zu sehen und Kleidung für sie zu machen. In einem Interview mit dem Irish Examiner sagt sie: "Ästhetik ist wichtig. Aber Produkte, die speziell für Menschen mit Behinderungen entwickelt wurden, sind oft ziemlich hässlich." Ein Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung dieser Vision ist Burberry - das Modehaus hat maßgeschneiderte Kleidung für Burke hergestellt.

Trickle-up-Effekt

Vielfalt ist für das Image einer jeden modernen Marke essentiell, aber nicht, wenn es sich um ein unauthentisches Marketingtool handelt. Marken wie Madewell und Sephora haben ihre eigenen Mitarbeiter in ihren Werbekampagnen platziert, um zu demonstrieren, dass sie durchaus praktizieren, was sie predigen. Für den Frühling ist Macy's einen Schritt weiter gegangen und hat ein Programm mit dem Titel Macy's Style Crew entwickelt, das darauf abzielt, seine eigenen Mitarbeiter zu Influencern zu machen, die Inhalte auf der Website veröffentlichen. Im Januar veröffentlichte Model Nina Agdal einen langen Post an ihre Millionen von Anhängern. Sie kritisierte darin eine nicht näher benannte Publikation wegen der Absage eines Auftrags, weil die Bilder, so schreibt sie, "stark von meinem Portfolio abwichen und ich nicht in die (Standardgrößen)-Kleidungsstücke passte.“ Daraus ergaben sich neue Angebote und mittlerweile legt Agdal ihre eigenen Regeln für die Marken fest, mit denen sie zusammenarbeiten wird. „Von jetzt an muss alles, was ich mache, Bedeutung für mich haben", sagte sie der Zeitschrift "Glamour".

Die modernen Musen bestimmen das Geschehen selbst und brauchen keinen Gönner mehr.

Dies ist eine Übersetzung eines englischen Beitrags von Jackie Mallon. Jackie Mallon lehrt Mode in NYC und ist die Autorin des Buches ‚Silk for the Feed Dogs’, ein Roman, der in der internationalen Modeindustrie spielt. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

Bilder: Baldassarre Peruzzi - Apollo and the Muses - WGA17365;
Wikimedia Commons; Photo of Grace Kelly from the cover of Modern Screen in 1955. Dell Publications, Wikimedia Commons; Photo of Sinéad Burke from Bryan Bedder / Getty Images North America / AFP

metakey: Muse, Modedesigner, Nina Agdal, Sinéad Burke

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