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Das sind die Pläne des Fashion Council Germany für 2021

Von Lisa Dartmann

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Mode |CEO-INTERVIEW

Als Botschafter der Mode hat sich Fashion Council Germany e.V. für 2021 einiges vorgenommen. Die Anzahl der Mitglieder soll weiter wachsen und ebenso die internationalen Partnerschaften. Geplant ist eine Studie über die Stärken und Schwächen der deutschen Modelandschaft, auch weitere Webinare, Talkrunden, Workshops werden vorbereitet. Politisch ist der Verband bestens vernetzt. „Wir sehen uns als Dolmetscher zwischen der Branche und der Politik“, sagt Geschäftsführer Scott Lipinski im Gespräch mit FashionUnited.

Der Fashion Council Germany wurde 2015 gegründet. Was hat sich verändert. Welchen Status hat die deutsche Mode durch Ihre Organisation bekommen?

Scott Lipinski: Wir verstehen die deutsche Mode als ein Kultur- und Wirtschaftsgut und kämpfen um deren Anerkennung und um eine stärkere politische Wahrnehmung. Es ist viel passiert und wir haben in den letzten fünf Jahren für einen neu gegründeten Verein allerhand auf die Beine gestellt. Der Fashion Council Germany ist 2015 von elf visionären Mitgliedern gegründet worden. Heute sind wir eine Organisation mit 186 Mitgliedern und bis Ende nächsten Jahres sollen es 220 sein. Seit der Gründung sind wir nicht nur gewachsen sondern konnten wichtige Projekte mit nationaler und internationaler Strahlkraft umsetzen. Mit H&M haben wir ein internationales Talentförderprogramm umgesetzt und mit dem Berliner Senat für Wirtschaft zukunftstreibende Education Programme realisiert. Wir konnten einen Besuch im Kanzleramt mit Treffen der Bundeskanzlerin erwirken und sind auch die erste Anlaufstelle für die Europäische Kommission, wenn es um Fragen der deutschen Modeindustrie geht. Darüber hinaus arbeiten wir mit Unterstützung des Bundesministeriums für Wirtschaft und ausgewählten Partnern aktuell an einer Studie, die erstmalig die Bedeutung, Relevanz und Innovationskraft der deutschen Modeindustrie analysieren und abbilden wird. Die Studie soll die Modebranche aus dem Schatten der sogenannten systemrelevanten Branchen in mehr Transparenz rücken.

Momentan leidet die Modebranche. Was schätzen Sie, wie wird sich die Pandemie auswirken?

Die Modebranche war durch die international verzahnte Wertschöpfungskette vor allem in den Anfängen der Pandemie stark betroffen. Die flächendeckende Schließung des Einzelhandels hat für weitere, starke wirtschaftliche Einschränkungen gesorgt. Ich denke, die langfristigen Folgen von Corona werden sich erst 2021 richtig auf die Mode auswirken. Die Modebranche befand sich bereits vor der Pandemie in einem längst überfälligen Strukturwandel. Dies hat sich in der Pandemie verstärkt bemerkbar gemacht. Die Digitalisierung der Geschäftsmodelle – ohne dabei aber den analogen Kern unserer Branche außer Acht zu lassen – und der Wandel in ein nachhaltigeres Wirtschaften sind die Modelle der Zukunft. Eine bedarfsgerechte Lokalisierung, Regionalisierung oder Europäisierung der Produktionsketten könnte ebenfalls eine positive Begleiterscheinung der derzeitigen Krise mit sich ziehen.

Was haben Sie konkret unternommen, um die Modebranche zu unterstützen?

Ganz klar politische Forderungen an Bund und Land adressiert. Stärkere Kommunikation mit anderen Kreativverbänden praktiziert, um unser aller Situation in der politischen Wahrnehmung zu schärfen. Unseren Mitgliedern mit Informationen und Weiterbildung Mittel und Möglichkeiten geboten, sich der Krisensituation zu stellen. Gemeinsam mit dem Verein Berliner Designer haben wir einen offenen Brief an den Berliner Senat verfasst und Forderungen zur Abwehr der Corona-Krise vorgeschlagen. Eines der Resultate ist, dass der Senat nun 1,5 Millionen Euro zur Verfügung stellt, um Berliner Brands zinslose Darlehen zu gewähren. Gedacht sind die Mittel für die Produktionsfinanzierung. Vielen Brands ist es derzeit nicht möglich, ihre Kollektionen vorzufinanzieren, da ihre gelernten Geschäftsmodelle wegbrechen. Sie müssen sich jetzt neu aufstellen. Der Zulauf ist groß und diese Maßnahme wird vielen Berliner Brands helfen. Wir würden die Maßnahmen gerne auf andere Bundesländer ausweiten. On top haben wir sehr früh für die Europäische Kommission eine Bedarfsanalyse mit Handlungsempfehlungen erarbeitet.

Wie wollen Sie die Politik von der Wichtigkeit der Mode überzeugen?

Was die Politik überzeugt sind Fakten. Wir sehen uns als eine Art Dolmetscher zwischen unserer Branche und der Politik. Um zu verstehen muss man vermitteln und erklären. Dies erfordert ein Konstrukt auf Basis von Zahlen, Fakten und folglich Handlungsempfehlungen. Dank der Unterstützung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie veröffentlichen wir 2021 eine Studie, die eben solches beinhaltet. Die Studie, die wir in Zusammenarbeit mit dem VDMA und dem German Fashion e.V. organisiert haben, wollen wir final im Januar vorstellen. Neben den Zahlen und Fakten beinhaltet die Studie auch eine Analyse der Stärken und Schwächen der deutschen Modelandschaft, für die mehr als 70 führende Industriepartner interviewt wurden – von Puma, über Marc O´Polo, Riani, Messe Frankfurt, Katag oder MyTheresa, um nur einige zu nennen. Daraus sind umfassende Ansichten und Meinungen entstanden, aus denen wir Handlungsempfehlungen an die Politik ableiten. In der Studie geht es auch darum, wer alles zur Modeindustrie gehört. Die Frage, wer die deutsche Modeindustrie darstellt, ist von entscheidender Bedeutung, denn es sind nicht mehr die reinen herstellenden oder vertreibenden Unternehmen. Die Modeindustrie ist eine Querschnittsindustrie die vorgelagerte, nachgelagerte als auch inhaltsnahe Unternehmungen beinhaltet: Hersteller und Zulieferer, Accessoires-Hersteller, Dienstleister, Modehochschulen oder Verlagshäuser mit deutlicher Modeaffinität. Es geht uns letztendlich um die Frage: Was wäre, wenn es mit einem Knopfdruck keine Modeindustrie mehr geben würde. Was würde alles wegbrechen und welche Daseinsberechtigung hat die Mode. Wir freuen uns sehr, die Studie im Januar mit unseren Partnern vorstellen zu dürfen.

Sie sind ja politisch sehr gut vernetzt. Welche Planungen gibt es für digitale Projekte?

Im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe initiieren wir das neue Digital Future Fashion Readiness Programm, in dem es um die digitale Transformation geht und wie die Unternehmen sich zukunftsfähig umrüsten können. Hierbei werden den Brands Tools und Programme kostenfrei zur Verfügung gestellt. Tools alleine machen aber nicht den Erfolg aus. Mit verschiedenen Coachings und Workshops erhalten die teilnehmenden Brands Wissen und Erfahrungen, um eine digitale Transformation zu realisieren. Zur Unterstützung haben wir digitale Anbieter an Bord. Ende des Jahres wird das Projekt beendet sein. Das Feedback war bisher sehr gut. Wir würden dieses Format auch gerne mit anderen Bundesländern umsetzen. Vielleicht können wir Hamburg, Bayern, Hessen, Baden-Württemberg und andere für ähnliche Formate begeistern. Sie sind notwendig, um vor allem dem kleineren Mittelstand Unterstützung zu bieten. Was muss sich künftig in der deutschen Mode ändern?

Wir haben in Deutschland tolle Unternehmen, die sich mit Technologie und Nachhaltigkeit beschäftigen. Wir haben tolle kreative und innovative Modemarken. Aber wir fordern deutliche Maßnahmen, damit sich die deutsche Modebranche zukunftsorientiert entwickeln und international behaupten kann. Unsere Nachbarn leben es uns vor, denn dort ist die Modebranche längst als starkes Wirtschafts- und Kulturgut positioniert und genießt entsprechende Anerkennung. Mit Anerkennung kommen auch entsprechende politische Förderinstrumente und folglich eine Stärkung der Industrie einher.

Was plant Fashion Council Germany an Seminaren, Workshops und Webinars?

Wir haben in der Corona-Krise unsere Seminare innerhalb weniger Tage auf digitale Formate umgestellt. Während der letzten Monate haben wir insgesamt 57 Webinare zu vielfältigen Themen organisiert. In der Regel haben wir im Schnitt zwischen 50 bis 70 Teilnehmer pro Webinar. Während der Corona Pandemie sind sie kostenfrei – wir verstehen es als unsere Pflicht das Angebot in der Krise auch außerhalb unseres Netzwerks kostenfrei anzubieten. Die Bandbreite der Webinare ist riesig – vom Mietrecht für Einzelhandel und Gewerbe, über Markenrecht und Digitalisierung ist alles dabei. Für die Zukunft planen wir sogenannte Hybridlösungen, das ist ein Mix aus physischer Präsenz und Digitalisierung, was natürlich ein Umdenken erfordert.

Prince of Wales im Gespräch mit deutschen Designern. Foto: FCG/Dumfries.

Networking ist eine Stärke von Fashion Council. Wie wollen Sie die Brands und Designer international vernetzen?

Wir haben bereits einige Events mit deutschen Botschaften in Schweden oder Großbritannien organisiert und werden das in anderen Ländern fortsetzen. Immer in Zusammenarbeit mit lokalen Fashion Councils. So erhalten sowohl unsere Teilnehmer Einblicke in den hiesigen Modemarkt als auch umgekehrt. Außerdem haben wir mit #FCG Voices eine neue Talkrunde ins Leben gerufen, bei der sich Modeunternehmen, Handelspartner und Medien im kleinen Kreis über Themen wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung und die momentane Covid-19 Situation austauschen. Das ist ein tolles und inspirierendes Projekt. Im Zuge unserer internationalen Kontakte werden wir uns im nächsten Jahr mit der Camera Nationale della Moda Italiana stärker in einem gemeinsamen Projekt mit der italienischen Handelskammer vernetzen. Wir werden aber auch mit neuen digitalen Formaten gemeinsam mit The Prince´s Foundation im schottischen Dumfries House einen regelmäßigen Austausch organisieren. Einmal pro Jahr finden auf dem Anwesen von Prince Charles mehrtägige Workshops und eine Sustain Konferenz statt, an denen sowohl britische als auch deutsche Gäste teilnehmen können. Trainees der Foundation werden ebenfalls nach Deutschland eingeladen.

Titelbild: Scott Lipinski by Nela Koenig

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