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Designerförderung in Deutschland - Hien Le im Interview

Von Barbara Russ

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Mode |INTERVIEW

Hien Le ist einer der deutschen ‚hopefuls’, wie es im Englischen so schön heißt. Der Ausdruck vermittelt, noch ein bisschen besser als das deutsche Äquivalent ‚Hoffnungsträger’ die Prozesshaftigkeit der Lage, in der sich ein junger Modedesigner befindet und die oft widrigen Bedingungen, an die der Weg vom ‚hopeful’ zum ‚established’ Designer geknüpft ist. Es scheint in Deutschland besonders schwer zu sein, diese erste Kategorie endgültig hinter sich zu lassen und sein Label auf einen soliden Sockel zu stellen. Woran es liegen könnte, dass deutsche Designer so schwer das Image des ‚Jungdesigners’ ablegen können, versuchen wir mit der vorliegenden Serie zu ergründen, die sich mit der Designerförderung in Deutschland befasst. In diesem Teil: Ein Interview mit Designer Hien Le.

Hien Le gründete sein Label 2010. Er gewann 2011 mit seiner Kollektion den dritten Platz beim ‚Start your Fashion Business’- Award in Berlin, wurde von der Sportswear International zum ‚Best Newcomer’ gewählt und konnte 2012 den Musikexpress Style Award für sich entscheiden. Seit 2012 zeigt er regelmäßig seine Kollektionen auf der Berlin Fashion Week.

Welche Förderungen hast Du bisher erhalten?

In Berlin habe ich ziemlich zum Start meines Labels, in meiner dritten Saison, den vom Berliner Senat ins Leben gerufenen und geförderten ‚Start Your Fashion Business’-Preis gewonnen. Dort hatte den dritten Platz belegt, der mit 10.000 € Preisgeld dotiert war und zusätzlich Coachings auf verschiedenen Gebieten beinhaltete. Außerdem habe ich über den Senat im gleichen Jahr die Förderung über einen Schauen-Slot für eine Präsentation auf der Mercedes-Benz Fashion Week bekommen und hatte somit die Möglichkeit, meine Kollektion im Rahmen dieser zu zeigen.

Wie gut ist in Deinen Augen die deutsche Designerförderung aufgestellt?

Ich denke, wir sind noch lange nicht so aufgestellt, wie es beispielsweise in London oder Paris der Fall ist, aber ich denke wir sind auf einem guten Weg. Es gibt sehr viele Designerförderpreise, was gut ist, aber leider sind diese nicht besonders nachhaltig. Was die Designförderung betrifft, ist eine nachhaltige Förderung sehr wichtig. Schließlich braucht es längere Zeit, bis sich ein Label wirklich etablieren kann. Ich bin froh, dass wir den Berliner Senat haben, der zumindest in die Kreditwirtschaft fördert. Zum anderen haben wir auch in Deutschland endlich einen Fashion Council. Dieser muss sich noch etablieren und ist noch im Aufbau. Aber ich sehe das als einen großen Schritt und eine Entwicklung in die richtige Richtung.

Welche Institutionen oder Partner würdest Du Dir in Sachen Designerförderung stärker involviert wünschen?

Ich würde mir eine stärkere Zusammenarbeit der deutschen Modeindustrie insgesamt wünschen. Damit meine ich große deutsche Firmen, die über die finanziellen und unternehmerischen Mittel verfügen, uns junge Labels zu fördern. Auch würde ich mir ein Umdenken in der Mentalität der Deutschen in Sachen Mode wünschen. Ich finde, dass in Ländern wie Italien oder Großbritannien und vor allem in Skandinavien mehr mit Stolz präsentiert wird, was im eigenen Land geschaffen wird. Das sieht man auch bei den Einkäufern, die es toll finden, ihre lokalen Marken zu unterstützen und kaufen. In Deutschland fehlt es noch an dieser Haltung. Hier sind die Einkäufer nicht genug dazu bereit, Risiken einzugehen; sie sind nicht mutig genug. Oftmals finden sie die Kollektionen gut, wollen aber erst nur beobachten – um besser zu werden brauchen wir aber genau ihre Unterstützung, sowohl finanziell in Form von Ordern, als auch in Sachen Feedback. Die Industrie sollte sich mehr mit jungen Designern auseinandersetzten und offen für eventuelle Kooperationen sein. So könnten angestaubte Labels, die es hierzulande zu Hauf gibt, von den Ideen des Nachwuchses profitieren und zugleich die Marke ‚Mode aus Deutschland’ fördern.

Welche Hilfe von Förderprogrammen war für Dich bisher am hilfreichsten und warum?

Die Förderprogramme und Ausschreibungen vom Berliner Senat haben mir am meisten geholfen, weil sie mich in meinem Schaffen weitergebracht und geholfen haben. Unabhängig von dieser Förderung sind mir leider keine weiteren Förderprogramme außer Preisausschreibungen bekannt gewesen.

Seither stehst du finanziell und konzeptionell auf eigenen Beinen?

Jein. Bisher habe ich leider keinen privaten Investor finden können und eine weitere Förderung aus öffentlichen Mitteln gab es leider auch nicht. Also stecke ich mein eigenes Geld in das Label, das sich bei anderen Jobs, wie Consulting, verdiene, sowie das von privaten Unterstützern.

Hast Du also ein Level erreicht, wo Du finanziell noch nicht auf eigenen Beinen stehen kannst, aber auch keine Nachwuchsförderung mehr erhältst? Anders gefragt: Gibt es hier eine Förder-Lücke?

Nach meinem ersten Coaching vor der Gründung wurde mir gesagt, dass der Aufbau eines Labels etwa fünf bis sieben Jahre dauert. Wenn alles gut läuft, ist man dann auf Null. Ich bin jetzt im fünften Jahr. Ich habe Steigerungen von Saison zu Saison beobachten können, es gab aber auch immer wieder Niederlagen. Für das Business braucht man einen langen Atem und auch im fünften Jahr stehe ich finanziell noch nicht ganz auf eigenen Beinen.Es gibt gute und weniger gute Saisons. Außerdem passieren immer wieder Dinge, mit denen man nicht rechnen kann. Läden, die Dein Label in der vorherigen Saison gekauft haben, springen ab, oder haben kein Budget mehr, weil sie selber junge Shops sind und zu kämpfen haben. Es gibt wenig Planungssicherheit. Es gibt hierfür staatliche Kredite Seitens der Banken, aber leider muss man für diese ganz bestimmte Kriterien erfüllen, die es dann wieder schwierig machen, überhaupt eine solche Förderung zu bekommen.

In welche Richtung würdest Du Dein Label gerne entwickeln und was bräuchtest Du dafür?

Natürlich will ich mit meinem Label wachsen. Ich hätte gerne mehr Verkaufsstellen. Dazu brauche ich mehr überzeugte Einkäufer die sich trauen, auch junge Labels einzukaufen und in diese zu investieren. Irgendwann hätte ich gerne einen eigenen Shop und in sehr naher Zukunft hoffentlich einen eigenen, richtig funktionierenden Onlineshop. Das ist aber alles natürlich sehr kostenintensiv. Hierfür wäre weiteres Startkapital oder eine weitere finanzielle Förderung vonnöten.

Was ist Dein Rat für Absolventen oder junge Designer, die sich selbständig machen wollen?

Ich würde jedem Modedesigner, der sich selbständig machen will, raten, ein intensives Coaching in Anspruch zu nehmen. Ein guter Businessplan kann nie schaden, ebenso erst mal ein paar Jahre Berufserfahrung in einem Unternehmen zu sammeln. Ich würde definitiv davon abraten, sich direkt nach dem Studium selbstständig zu machen. Ansonsten sollten sie für ihre Vision und für das, was sie tun, brennen. Um die Schwierigkeiten und Unsicherheiten auszuhalten, die so eine Gründung mit sich bringt, muss man schon dafür leben und das Business lieben. Zu guter Letzt: Passion, ein starker Wille, Kampfgeist und viel, viel Geduld.

Gibt es bestimmte Eigenschaften, abgesehen von Kreativität, die ein Designer in die Selbständigkeit mitbringen muss?

Ein bisschen Know-How, wie man ein Unternehmen leitet, ist sicher von Vorteil. Macht man sich alleine als Designer selbstständig, ist man nämlich meistens alles andere als kreativ. Der kreative Prozess beträgt, wenn es hochkommt, vielleicht noch zehn Prozent der Aufgaben.

Welche deutschen Nachwuchsdesigner findest du aktuell am interessantesten?

Es kommen jedes Jahr neue Designer hinzu und es sind immer wieder Gute dabei. Aktuell finde ich die arbeiten von Louise Friedländer sehr spannend und interessant. Bei ihr kann ich mir vorstellen, dass sie es mit der richtigen Förderung weit bringen kann und wir hoffentlich noch viel von ihr hören werden. Ebenso Nobi Talai.

Portrait: Bella Lieberberg


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