“Die Mode ist aus der Mode gekommen” - Slow Fashion-Label Ignore will das ändern
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Auf der Suche nach coolen und nachhaltigen Marken hat sich Fashion United mit Bekka Oomens unterhalten, Gründerin des holländischen Modelabels Ignore; unter anderem über die derzeitige Modebranche, wie sie idealerweise sein könnte und die nachhaltige Produktion.
Im Gegensatz zu ähnlich eingestellten Modeunternehmen vermarktet Ignore sich nicht als Öko-Label, sondern will frei nach dem Motto “from appearance to awareness” das Bewusstsein seiner Kunden für nachhaltige Mode wecken. “Es ist eine nette Marke mit Modeartikeln, die man nicht per se mit Umweltweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit verbindet, die es aber sind. Die Idee ist, Kunden anzulocken, die nie über [Nachhaltigkeit] nachgedacht haben und dann beim Blick aufs Label feststellen, dass sich hier etwas tut”, erklärt Oomens.
Sie arbeitete zehn Jahre lang als Designerin und Produktentwicklerin für verschiedene Modemarken und Einzelhändler und reiste häufig zu Produktionsstätten in China, Thailand und Hongkong. Anfangs machte es Spaß, aber im Laufe der Jahre stieg Oomens Frustration mit einer Branche, die sich hätte ändern sollen, es aber nicht tat. “Ich war nicht glücklich”, erinnert sich Oomens. “Ich hatte genug davon zu feilschen und Preise auf 10.000 Stück für zwei Euros zu drücken. Ich wollte kein Teil dieser Branche mehr sein.”
Stattdessen träumte Oomens von ihrem eigenen Label, machte sich aber zunächst als Freischaffende zum Arbeiten nach Portugal auf. Dort entdeckte sie außer der heimischen Modebranche auch Land und Leute und lernte dabei auch Portugiesisch. Dies ermöglichte ihr, sich bei ihren Reisen in den Norden des Landes mit hochspezialiserten und erfahrenen Kunsthandwerkern zu unterhalten. Bald entwickelten sich die Dinge in Richtung einer eigenen Marke: “Ich war ein Ein-Mann-Betrieb, also war es nicht möglich, in Asien produzieren zu lassen. Also musste ich mir etwas einfallen lassen und von Portugal aus agieren und schon bald fügte sich alles zusammen”, erinnert sie sich.
Mit Hilfe eines Freundes, der ein kleines Lederatelier besass, entwarf sie ihre erste Jacke aus umweltfreundlichem Leder. Dann folgten T-Shirts und Pullover, bis sie eine kleine Kollektion zusammen hatte und dachte 'warum nicht eine Marke daraus machen'. Als eine Öko-Bank an ihre Tür klopfte, um ihr die Teilnahme an der Modefabriek im letzen Juni zu ermöglichen, brauchte Oomens nicht lange zu überlegen: Sie schnappte ihre 15 Muster und fuhr nach Amsterdam. Der Rest ist Geschichte – Oomens Label Ignore wuchs langsam, aber stetig bis es zur richtigen Marke wurde und Anfragen aus aller Welt erhielt.
FashionUnited: Wie hat sich die Nachhaltigkeit der Marke ergeben?
Bekka Oomens: Das ganze Fast Fashion-Konzept der Branche ist so verschwenderisch - neue Klamotten zu kaufen, nur um sie kurz darauf wegzuschmeißen. Ich dachte mir 'mach keine richtig große Kollektion', denn wenn normalerweise 300 Stücke entworfen werden, werden 200 nicht von den Einzelhändlern genommen. Stattdessen wollte ich eine kleine, zeitlose Kollektion erstellen, damit jedes Stück genommen werden kann. Saisonunabhängig zu sein bedeutet, auch nachhaltig zu sein, denn Stücke können über verschiedene Saisonen hinaus verwendet werden und brauchen nicht weggeschmissen werden, weil sie nicht mehr dazu passen oder schrille Farben haben. Außerdem arbeite ich nicht gerne voraus, besonders wenn 'see now, buy now' in Holland [dem derzeit stärksten Markt des Labels] wirklich gut funktioniert.
Fast Fashion scheint auch eher ein jüngeres Publikum anzusprechen.
Das stimmt. Mit zunehmendem Alter fängt man an, das zu schätzen, was man hat und man weiß, was man will. Ich sehe das bei unserer Zielgruppe: selbstbewusste, gebildete Frauen, die sich darin wohlfühlen wollen, was sie anhaben, und die die Stücke eine Weile behalten wollen.
Ich habe auch an andere Branchen gedacht und mich gewundert, warum Bio, Öko und Handgemachtes sonst so beliebt sind, bei Nahrungsmitteln zum Beispiel, warum also nicht bei der Mode? Meiner Meinung nach ist die Mode aus der Mode gekommen; [Nachhaltigkeit] ist die Zukunft.
Da wir gerade von anderen Branchen sprechen, gibt es nicht auch eine Jacke, die von der Automobilindustrie inspiriert wurde?
Das ist richtig. Die Caroline Biker-Jacke ist unsere Jacke aus unechtem Veloursleder; sie ist komplett vegan. Sie verwendet einen Stoff, der für Sitzbezüge von Autos gebraucht wird, aus recyceltem Polyester und Plastikflaschen. Ich finde sie einfach toll, weil sie vegan und recycelt ist.
Aber auch unsere anderen Materialien sind nachhaltig: Unser Leder ist chromfrei und in Portugal nach EU-Standards gekauft. Als Stoffe verwenden wir in unserer Kollektion zum Beipspiel Tencel auf Holzbasis, Biobaumwolle mit GOTS-Zertifikat und Strickpullover aus wiederverwerteten Jeans. Wir arbeiten mit sozialverantwortlichen Partnern zusammen, und um den Wasserverbrauch zu reduzieren, sind unsere Etiketten aus 100 Prozent Recyclingpapier.
Das hört sich wirklich gut an. Wie muss man sich denn die Pullover aus alten Jeans vorstellen?
Das ist unser Modell Nola, das in Zusammenarbeit mit einem italienischen Unternehmen entstanden ist – dort werden alte Jeans gesammelt und wiederverwendet. Auch bei der Produktion handelt es sich um einen geschlossenen Kreislauf, da weniger Wasser, Elektrizität und Chemikalien verbraucht werden, da das Production bereits recycelt ist. Zu diesem Pullover bekommen wir auch viele Nachfragen von Männern.
Sind Artikel für Männer geplant? Und wie sieht es mit anderen Plänen für die Zukunft aus?
Zu diesem Zeitpunkt machen wir vielleicht erst einmal Pullover für Männer. Wir sind noch recht klein, wollen aber natürlich ein breiteres Angebot bieten. Es gibt auch eine nachhaltige Modewoche in Italien, an der wir teilnehmen wollen; vielleicht in einer der Pre-Shows. Wir wollen zeigen, dass eine nachhaltige Marke auch angemessene Preise bieten kann.
Das ist das Stichwort zum Schluss, wie können Kunden an Ignore-Produkte herankommen?
Derzeit verkaufen wir über Einzelhändler in den Niederlanden, Deutschland und der Schweiz, wobei die Niederlande und die Schweiz unsere derzeit größten Märkte sind. Ab diesem Monat wird auch unser Webshop ( ignorethebrand.com) ein breiteres Angebot bieten und im nächsten Jahr planen wir, in die USA und Kanada zu gehen.
Fotos: mit freundlicher Genehmigung von Ignore the Brand