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Disana Kindermode: Von der Öko-Nische zur Trend-Marke

Von Regina Henkel

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Mode
Bild: Disana

Als die schwäbische Kindermarke Disana gegründet wurde, war Ökomode für Kinder ein reines Nischenprodukt. Das hat sich inzwischen sehr verändert.

Wer heutzutage selbst Kleinkinder hat oder im persönlichen Umfeld kennt, dem wird in den letzten Jahren nicht entgangen sein, dass eine neue In-Marke die Kleiderschränke der 0- bis 6-Jährigen erobert hat: Disana. Disana arbeitet fast ausschließlich mit Bio-Wolle und macht daraus gewalkte Overalls, Jacken, Hosen und Accessoires sowie leichte Pullis und Shirts. Produziert wird komplett in Deutschland. So phantasievoll der Name klingt, so bodenständig war seine Entstehung. Er verbindet die Anfangsbuchstaben von Dieter und Imma Sautter mit Naturtextil. Die beiden haben die Marke vor knapp 40 Jahren im schwäbischen Lichtenstein-Holzelfingen in der Nähe von Reutlingen gegründet und inzwischen an ihre Kinder Elmar und Aiga Sautter übergeben. Heute verkauft Disana seine Produkte in 800 Geschäften und 26 Ländern. Von Fair Banks in Alaska bis Ho-Chi-Minh-Stadt in Vietnam.

Rarität: GOTS-zertifizierte Wolle

Ihren Ursprung hat die Marke in der Produktion von Strickwindeln. „Mein Vater hatte eine Strickmaschine im Keller und bekam den Auftrag, Stoffwindeln aus Strick zu entwickeln, weil die elastischer sind. Stoffwindeln waren damals nichts Ungewöhnliches, es gab noch keine Pampers“, erzählt Elmar Sautter. Anfangs verarbeitete Disana konventionelle Baumwolle, aber allmählich verfestigte sich die Überzeugung, dass Kinderbekleidung auch gesund und chemiefrei sein müsse. Die Produktpalette wuchs und mit der Zeit stellte Disana auf ungebleichte Baumwolle, dann auf Wolle um – Bio-Wolle wohlgemerkt. Heute besteht die Kollektion von Disana zu 95 Prozent aus Wolle, mit einem jährlichen Bedarf von 150 bis 160 Tonnen GOTS-zertifizierter Bio-Wolle. Sautter: „Damit gehören wir schon zu den größeren Abnehmern von GOTS-Wolle. Der Markt ist ziemlich klein.“ Insgesamt kommen weltweit nicht mehr als 800 Tonnen pro Jahr auf den Markt, schnelle Wachstumssprünge schließen sich da von vorne herein aus. Seit Wolle zur In-Faser geworden ist und einen kompletten Imagewandel vollzogen hat, steigen Nachfrage und Preise kontinuierlich.

Bild: Disana

Fokus auf organisches Wachstum

Seit 15 Jahren wächst auch Disana. Um die zehn bis 15 Prozent im Jahr, sagt Sautter und findet das selbst „Wahnsinn“. Er achtet darauf, dass die Firma organisch wächst und er die Steigerung gut bewältigen kann. Das ist ihm wichtig: „Mir sind Firmen suspekt, die ihren Umsatz in jedem Jahr verdoppeln. Unser Wachstum können wir mit unseren eigenen Mitteln steuern, wir haben keinen Investor und keine Produktion im Ausland, wir finanzieren uns aus dem Cash Flow. Da sind wir schwäbisch.“ Alle Disana-Produkte werden am Standort auf 40 eigenen Strickmaschinen selbst hergestellt. Nur das Walken wurde ausgelagert – ins Nachbardorf, sagt Sautter. Die zertifizierte Wolle und die eigene Produktion sind Disanas wichtigstes Marketing-Thema, „das honorieren die Leute sehr“.

Hohe Anforderungen an die Händler

Disana bekommt viele Anfragen von Händlern, und viele muss Sautter ablehnen – nicht nur aus Kapazitätsgründen. „Wir haben hohe Ansprüche an unsere Handelspartner. Wir verschicken beispielsweise einen Fragebogen, um zu erfahren, welches ökologische oder soziale Engagement die Händler haben, wie sie den Planeten ein bisschen besser machen“, erklärt der Firmenchef. Wer sich da hervortut hat bessere Chancen. Meistens sind das inhabergeführte Einzelhändler, online und stationär. Einen eigenen Store und einen Onlineshop gibt es nur für 2.Wahl-Produkte und Sondereditionen. „Nahezu 99 Prozent unseres Umsatzes machen wir im Wholesale, der Rest online.“

Elmar Sautter / Geschäftsführer Disana

Vertrieb läuft über Disana direkt

Eine weitere Besonderheit bei Disana: Der Vertrieb läuft ausschließlich über Disana. Es gibt keinen Außendienst und keinen Großhandel. Wer mit der Marke zusammenarbeiten möchte, kann das nur im direkten Kontakt tun. Messen spielen daher eine wichtige Rolle. Sie ermöglichen den persönlichen Kontakt und die Präsentation von Neuheiten. Disana ist daher nicht nur auf der Naturmesse Innatex in Deutschland, sondern auch auf der Playtime in Paris und der Ciff in Kopenhagen. Sautter: „Das verstehe ich als Service am Kunden. Wir haben ja keinen Außendienst, der rumfährt.“ Mit 62 Prozent ist die DACH-Region der Kernmarkt. Wichtigster nicht-deutschsprachiger Raum ist Nordamerika, gefolgt von Skandinavien und England.

Ökokundin oder Hipster?

Und wie gelingt der Spagat zwischen der Öko-Zielgruppe von früher und den hippen Eltern von heute? „Indem wir uns auf die neuen Kunden fokussieren. Unsere Zielgruppe ist die Mutter, also eine junge Frau um die 30, die auf Social Media aktiv ist und vielleicht auch noch auf unsere Website geht. Unseren Printkatalog haben wir abgeschafft.“ Für das zeitgemäße Design wurde eine Designerin aus der Schweiz engagiert, die selbst junge Mutter ist und damit die Ansprüche der Zielgruppe genau kennt. Viel Veränderung braucht die Kollektion allerdings nicht. Sautter: „Es ist tatsächlich so, dass unsere Kunden kontinuierlich wechseln, deshalb müssen wir nicht ständig unsere Produkte neu erfinden.“ Seit Disana die Altersgruppe bis ins Grundschulalter verlängert hat, ist die Zeitspanne länger geworden, bis die Zielgruppe aus der Marke herauswächst.

Disana ist offen für Neues, das zeigt sich auch an einem ganz anderen Projekt. Zusammen mit der Fachhochschule Reutlingen hat das Unternehmen gerade in einem Pilotprojekt einen 3D-gedruckten Kleiderbügel aus Wollstaub und organischem Kleber entwickelt.

Bild: Disana

Hohe Wertbeständigkeit der Kollektion

Wer Disana kauft, muss für einen Overall in der kleinsten Babygröße 50/56 etwa 80 Euro investieren. Zwei Nummern größer liegt er bereits bei 95 Euro. „Wir wissen, dass unsere Artikel teuer sind, allein schon durch den Rohstoff“, erklärt Sautter. „Aus einem Kilo Wolle, das 32 Euro kostet, bekommen wir gerade mal zwei Overalls – ohne Zutaten.“ Nicht jeder kann sich das leisten, daher freut es ihn, wenn die Kleidung weitergegeben wird. „Wir wissen das und kommunizieren das auch offensiv.“ Zudem bietet Disana einen Reparaturdienst an und über die Website Ersatzteile wie Knöpfe oder Bündchen, damit die Kleidung möglichst lange genutzt werden kann.

Spagat zwischen Mainstream und Nische

Dass Disana inzwischen zum neuen Mainstream gehören könnte, sieht Sautter etwas kritisch. „Das ist natürlich nicht ganz falsch. Wir sind schon lange kein Nischenprodukt mehr. Rein statistisch gesehen trägt jedes neunte Kind in Deutschland einen Disana-Overall. Das freut uns natürlich.“ Dass Nachhaltigkeit Einzug in die Modebranche gefunden hat, findet er wichtig. Aber dass plötzlich alle irgendwie nachhaltig sein wollen, stört ihn. „Wir verlieren damit auch einen Teil unseres Alleinstellungsmerkmals, das uns die letzten Jahre getragen hat.“ Dieses Problem betrifft viele Marken, die im Umfeld der Ökomode groß geworden sind und sich plötzlich völlig ungeahntem Wettbewerb gegenübersehen, selbst von den großen Fast-Fashion-Marken. „Gegen diese Art von Mainstream wehre ich mich, denn wir machen viel mehr, nicht nur eine kleine Kapselkollektion. Nachhaltigkeit ist für uns nicht hip, sondern unsere DNA.“

Bild: Disana
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