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Ein pinkes Outfit ist das neue Lebensgefühl

Von DPA

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Barbie x Boohoo Bild: Boohoo

Kein Film hat in diesem Jahr gesellschaftlich so eingeschlagen wie «Barbie». Die Geschichte über die berühmteste Puppe der Welt hat viele junge Menschen - und besonders junge Frauen - tief im Herzen getroffen. Der Film ist für viele zu einem Lebensgefühl geworden.

Sie hat ein pinkes Satinkleid an und rosa Spängchen im Haar. Die Berlinerin Alina Grützmacher hat sich extra für den «Barbie»-Film thematisch passend angezogen. Es ist 2023, und es gibt gerade kaum eine trendigere Farbe als Pink unter vielen jungen Frauen. Wer erinnert sich nicht daran, wie viel Hass und Häme die Paris Hiltons und Daniela Katzenbergers dieser Welt noch vor einigen Jahren abbekommen haben, oder wie viele Filme auf die zickige Blondine in Rosa als Antagonistin gesetzt haben.

Jetzt ist alles anders. Der «Barbie»-Film von Regisseurin und Drehbuchautorin Greta Gerwig (40) macht es möglich: Sich besonders feminin zu geben ist mittlerweile cool geworden - ganz ohne die Einschränkung, dadurch eindimensional zu sein.

Der Hype um den «Barbie»-Film startete schon Wochen vor der Filmpremiere. Viele haben sich auf eine szenisch beeindruckende, aber ansonsten vielleicht seichte Komödie gefreut. Im Internet berichten nun viele Fans, dass sie «geheilt» oder zumindest auf eine Art erlöst aus diesem Film rausgekommen seien. Einige erzählen, dass sie sich jetzt wieder etwas zurückholen könnten, was abgewertet und verloren schien.

Deswegen kleiden sie sich wie Grützmacher im Stil des «Barbiecore». So wird das pinke, puppenhaft wirkende und etwas kindlich-hyperfeminine Lebensgefühl in Form von rosa Handtaschen, gerüschten pinken Tops oder glitzerndem rosa Lidschatten genannt. «Barbie» ist für viele eine Anregung, sich in der Darstellung ihrer Weiblichkeit nicht mehr zurückzuhalten. Auf diese Weise rechnen sie mit dem Patriarchat und der Unterdrückung der Frau ab. Mit «Barbie» erreicht der Pop-Feminismus wohl seinen bisherigen Höhepunkt.

Dieser «Barbiecore» ist nicht nur im Netz zu sehen. Es ist das allgemeine Erkennungszeichen für «Barbie»-Filmbesucher: «Man hat so ein ganz tolles Gemeinschaftsgefühl gehabt. Alle haben irgendetwas Pinkes getragen und alle haben sich gegenseitig angelächelt, wenn sie gesehen haben, dass die anderen was Pinkes trugen», sagt die 25-Jährige Grützmacher. Der Film habe sie berührt, und an einigen Stellen habe sie auch ein bisschen geweint.

Die Berlinerin Rosa Neidhardt, eine andere Besucherin des Films, sieht aber durchaus auch Schwächen. «Es ist «Mainstream-Feminismus» und bietet keine tatsächlichen Lösungen an», kritisiert die 19-Jährige. Und dennoch: «Ob Mainstream-Feminismus oder nicht, es wird Sichtbarkeit geschaffen und weckt bei Frauen Gefühle der «girlhood».» Da ist sie wieder, die Zusammengehörigkeit.

Über den Erfolg des offensichtlich mainstreamfähigen Arthaus-Films freut sich der Vorsitzende der Gilde deutscher Filmkunsttheater (AG Kino), Christian Bräuer. «Der große Erfolg ist ja jetzt über eine Internet-Bewegung entstanden, hauptsächlich über soziale Medien. Das Phänomen haben die Zuschauerinnen und Zuschauer erschaffen und nicht das Filmstudio.»

Der Erfolg ist nicht nur gefühlt

Auch in Zahlen lässt sich der Hype um «Barbie» mittlerweile messen. So knackte der Film die Marke von einer Milliarde Dollar (rund 910 Millionen Euro) Einnahmen an den Kinokassen, wie das Hollywood-Studio Warner Bros. kürzlich mitteilte. Dem deutschen Kinoverband zufolge wurden in Deutschland bis Sonntag 4,05 Millionen Kinotickets verkauft. Auch das Marktforschungsunternehmen GfK Entertainment hat unlängst mitgeteilt, dass der Film das Merchandising-Geschäft mit Barbie in Deutschland beflügelt habe - 19 Prozent mehr Lizenzartikel seien seit dem Filmstart verkauft worden.

Die Barbie-Marke Mattel selbst macht zu aktuellen Verkaufszahlen zunächst keine Angaben, in den letzten beiden Quartalen vor der Filmpremiere wurde jedoch ein international sinkender Trend vermeldet. Gerade deswegen kommt der Film wohl auch zum richtigen Zeitpunkt, und weitere Filme zu den anderen Mattel-Marken seien bereits in Planung.

«Die Tatsache, dass Barbie weiterhin relevant und beliebt ist, zeigt uns, dass unsere Bemühungen, eine Puppe zu schaffen, die Empowerment, Kreativität und Spaß fördert, erfolgreich sind», sagte eine Sprecherin des deutschen Ablegers von Mattel. Besonders gefragt seien die Barbies, die die Diversität der Gesellschaft abbilden. Mehr als die Hälfte der zehn beliebtesten Barbies weltweit waren nicht weiß.

AG-Kino-Chef Bräuer betont, dass auch die Besucherinnen und Besucher dieses Films in den Arthaus-Kinos sehr divers seien. «Der Film über eine blonde, weiße Frau hat es geschafft, ein sehr diverses Publikum anzusprechen - Junge, Ältere, Alternative, Queere, People of Color, und so weiter. All diese Menschen kommen zusammen, um gemeinsam von einer neuen, verbesserten Gesellschaft zu träumen», so Bräuer. Die Popkulturwissenschaftlerin Annekathrin Kohout erklärt es damit, dass der «Barbie»-Film mit seinem versöhnlichen Ton Feministinnen und Feministen verschiedener Denkrichtungen verbindet.

Die Sache mit den Männern

Der Barbie-Film über weibliche Selbstermächtigung erfährt andererseits viel strukturelle Kritik, etwa von konservativen Stimmen. Sie verstehen den Film als feministische Propaganda und sehen darin den Beweis, dass Feministinnen Männer hassen, wie etwa der US-amerikanische Polit-Kommentator Matt Walsh mit 2,7 Millionen Abonnenten durchdekliniert.

Denn es ist so: Im Film ist die männliche Hauptrolle Ken nichts weiter als Barbies Sidekick. Das ändert sich, als er aus der Barbie-Fantasiewelt - die wie das Patriarchat, nur andersherum, ist - in unsere Welt gelangt. Hier begeistert ihn das Patriarchat so sehr, dass er zurück nach Hause reist, um es dort zu etablieren. Achtung, Spoiler: Auch Ken tut das selbstgemachte Patriarchat nicht gut. Der unterliegende politische Kommentar der Filmemacherin zielt nicht nur darauf ab, Frauen zu ermächtigen - was bisher auch bei Frauen wie Alina Grützmacher funktioniert. Sondern auch Männern zu zeigen, was sie selbst als Teil einer gleichberechtigten Gesellschaft gewinnen würden.(dpa)

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