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Ein Tag im Leben eines männlichen Models

Von Simone Preuss

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Mode

Viele verbinden die Arbeit als Model mit einem glamourösen Beruf, der es Models erlaubt, die ganze Welt zu bereisen und fabelhafte Kleidung zu tragen. FashionUnited wollte wissen, ob dies den Tatsachen entspricht, und hat mit Himanshu Singh gesprochen, einem Print- und Laufsteg-Model aus Mumbai. Bereits seit vier Jahren arbeitet Singh mit Designern und Labels wie Rishta by Arjun Saluja, Archana Rao Label, Huemn, Little Shilpa und anderen zusammen. Der vielseitige Profi ist auch ein Theaterschauspieler und intermedialer Künstler, der unter dem Pseudonym 'humhu' mit Fotografie, Film und Performance experimentiert.

FashionUnited: Wie bist Du zum Modeling gekommen?

Himanshu Singh: Ich habe während meines Studiums als Fotograf gearbeitet und war oft bei Mode-Shoots dabei. So wurde ich in die Modeszene in Mumbai eingeführt. Immer öfter wurde ich auch gefragt, ob ich bei Testaufnahmen als Model dabei sein wollte. Dies war noch unbezahlte Arbeit, aber sie gefiel mir und half mir dabei, eine Mappe zusammenzustellen. So kam ich an bezahlte Aufträge und fing meine Karriere als Model an.

Gibt es Besonderheiten der Mode(l)branche in Indien? Besondere Herausforderungen?

Die indische Modebranche macht derzeit eine große Identitätsprüfung durch. Sie kämpft hart darum, ihre eigene Identität zu finden, nachdem sie viele Jahrzehnte lang nachgemacht hat, was im Westen - besonders in Europa - vorgemacht wurde. Modetrends in Bollywood spiegelten lange Zeit die europäische Mode wider. Aber in den letzten zehn Jahren hat sich die indische Modebranche auf ihre eigene Identität hinbewegt, was auch den Models zugute kommt. Indische Models sind endlich in Mode gekommen - sowohl in Indien als auch in der westlichen Welt - und die Besessenheit mit weißer Haut und kaukasischen Körperformen scheint ein Ende zu nehmen.

Dann gibt es natürlich die riesige Hochzeitsindustrie mit ihrer eigenen Mode, die nicht einfach zu tragen ist, da die Materialien reich bestickt und schwer sein können, aber auch sehr empfindlich. Zudem ist sie unrealistisch, gerade was das Wetter angeht. Männer kleiden sich in der Abendgarderobe des Westens und ein dreiteiliger Anzug ist einfach furchtbar heiß in einem überwiegend tropischen Klima. Leider wird nicht viel Wert auf ein gutes traditionelles Oberteil aus Baumwolle oder ein gutes Leinenhemd gelegt, was genauso förmlich, aber besser dem Wetter angepasst wäre.

Was die persönlichen Herausforderungen angeht, so werde ich als "unkonventionell", eine "ungewöhnliche Schönheit" oder eine Person "mit Charakter" eingestuft, was ein Vorteil ist, aber auch schwierig sein kann, wenn man in einem kommerziellen Markt mit konventionelleren Schönheitsidealen konkurrieren muss. Ich muss mich wirklich anstrengen und meinen Typ verkaufen und natürlich ist es nicht leicht, sich nicht durch einen Mangel an Anerkennung entmutigen zu lassen.

Was würdest Du jemandem raten, der es ebenfalls in der Modebranche als Model schaffen will?

Werde kreativ. Lerne die wichtige Kunst, sich selbst auf kreative und einzigartige Weise zu repräsentieren. Man muss auch fit sein, Kontakte knüpfen, für sich werben und mit Fotografen und Stylisten sprechen.

Wie würde ein typischer Tag aussehen?

Genauso wichtig wie der eigentliche Tag, an dem der Shoot oder die Show stattfindet, ist der Tag davor, also der Vorbereitungstag. Ich achte auf die richtige Ernährung, dass ich genug Wasser trinke, entsprechend ausgeruht bin und auch sonst alles im Griff habe. Am Tag des Shoots wird man normalerweise früh herbestellt und verbringt viel Zeit in der Garderobe mit Haaren und Make-up. Es gibt lange Wartezeiten, aber man muss trotzdem frisch aussehen und sein Bestes vor der Kamera geben. Ein Shoot ist anstrengend, aber auch künstlerisch zufriedenstellend. Als Model, ob Frau oder Mann, muss man viel geben und hinterher Wege finden, sich zu entspannen und seine Energie wiederzugewinnen. Man muss das innere Gleichgewicht finden und sich erholen, das ist sehr wichtig.

Gibt es Herausforderung besonders für Männer in der Mode(l)branche?

Manchmal ist es schwer, angesichs der ungleichen Bezahlung zwischen Männern und Frauen frohen Mutes zu bleiben. Schließlich ist die Modeindustrie eine der wenigen Branchen, in der Frauen mehr verdienen als Männer. Dies kann bis zu 50 Prozent mehr sein, was sich vor dem patriarchalen Hintergrund, in dem wir leben, besonders merkwürdig anfühIt und demotivierend sein kann.

Wie sieht es mit der Menge an Aufträgen aus?

In Mumbai und Indien im Allgemeinen ist die Auftragslage gut, für männliche und weibliche Models. Besonders seit dem Aufkommen der Onlinehändler, die Fotos für ihre Websites und Produktseiten brauchen, ist die Anzahl der Aufträge in den letzten Jahren gestiegen.

Zum Schluß noch die Frage, welches Vorurteil zum Modeling Du gerne ausräumen würdest?

Die Leute glauben, dass Modeling sehr glamourös ist, dass es sehr anders ist, aber letztendlich ist es ein Job wie jeder andere. Ein Model ist ein Unternehmer, der seine Fähigkeiten bestmöglich vermarkten muss. Modeling ist nicht so glanzvoll und macht nicht so viel Spaß, wie generell angenommen wird. Und außer man hat den großen Durchbruch, muss man sich finanziell einschränken und es ist ein Job wie jeder andere auch.

Im August wird FashionUnited sich auf das Thema "Work in Fashion" konzentrieren. Für alle Artikel hierzu, klicken Sie bitte hier.

Fotos: John Smedley FS18 FOH von Shaun James Cox, British Fashion Council / Lakme Fashion Week / Ashish Shah / Taras Taraporvala

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