Eine neue Strömung: Junge Labels aus China
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China konzentriert sich zunehmend auf den heimischen Markt. Chinesische Designer:innen, die sich im oberen Preissegment positionieren, nehmen bei dieser Entwicklung eine zentrale Rolle ein. Die junge Generation wirft die im Westen gängigen Vorstellungen von ‚Made in China‘ über den Haufen und kreiert damit eine ‚neue chinesische Welle‘.
Vorbei ist die Zeit, als ‚Made in China‘ für billige Kopien und schlechte Qualität stand. Das Land ist längst nicht mehr nur die Fabrik der Welt. China weiß, wie man für Luxusmarken produziert und macht sich dieses Wissen nun zu eigen.
„Der abwertende Aspekt von ‚Made in China‘ und von Fast Fashion haben vergessen lassen, dass China eine der ersten Zivilisationen war, die Know-how in Sachen Kleidung entwickelt hat“, sagt Jean-Loup Rebours, der die Agentur Faxion für chinesische Mode leitet. „Faxion entstand aus einer Leidenschaft für China und die Geschichte des Landes, die im Westen aus politischen Gründen zu wenig bekannt ist. Nämlich die ideologische Rivalität zwischen China und dem Westen, die den kulturellen Austausch behindert. Die Idee der Agentur ist es, [chinesischen Designer:innen] eine Plattform zu bieten, die es ihnen erleichtert, sich in der Pariser Szene zu bewegen. Vor allem geht es dabei um die Sprachbarriere, administrative Herausforderungen und die Zeitverschiebung“ erklärt er.
Heute sind chinesische Designer:innen von dem Wunsch beseelt, ihren Stimmen im Westen Gehör zu verschaffen und ‚Made in China‘ durch die Hervorhebung des chinesischen Handwerks, der Philosophie und der Künste in der Mode aufzuwerten. Dies geschieht insbesondere durch Inkubatoren wie Labelhood.
Labelhood unterstützt die Entwicklung aufstrebender chinesischer Designer:innen
Laut der Strategieberatungsfirma Eclair, die von der Zeitschrift Jing Daily zitiert wurde, stieg die Kaufkraft für Luxus in China zwischen 2011 und 2018 exponentiell an. Bis 2025 wird China etwa die Hälfte der weltweiten Ausgaben für Luxusgüter ausmachen und fast 80 Prozent dieser Ausgaben werden von Personen unter 40 Jahren getätigt werden. Junge Leute sind also die treibende Kraft hinter dem Modekonsum in China. Gleichzeitig ist die Zahl der Unternehmen in Shanghai um durchschnittlich 30 Prozent pro Jahr gestiegen.
Aus diesem Kontext heraus entstand Labelhood. Die selbsternannte kulturelle Gemeinschaft bringt Labels und junge chinesische Konsument:innen durch Veranstaltungen, Retail Experiences und Events zusammen. Mit 70 Mitarbeitenden verfügt Labelhood heute über acht Verkaufsräume, darunter ein Flaggschiff, ein VIP-Haus und verschiedene Pop-ups.
Labelhood präsentiert Talente auf der Shanghai Fashion Week und dem Youtopia Festival und betreibt Lab, einen kommerziellen Showroom, der 30 Marken für die Herbst-Winter-Kollektionen 2022/2023 beherbergte. Als Inkubator arbeitet das Projekt auch mit internationalen B2B- und B2C-Pendants wie Pitti Uomo, Tomorrow Group und Machine-A zusammen.
Ruohan: Handwerkskunst im Mittelpunkt
Als Absolventin der Parsons School of Design gründete Ruohan Nie ihre gleichnamige Marke im März 2021 während des Lockdowns. „Obwohl die Pandemie eine ziemlich deprimierende Zeit war, war sie eine beispiellose Chance. Wir hatten Zeit, uns selbst zu hinterfragen und unseren Herstellungs- und Kreativprozess zu überdenken“, so die Designerin. Ihre größte Herausforderung ist die Kommunikation. Da sie an chinesische Kanäle, wie die soziale Netzwerke XiaoHongShu, Wechat, oder Weibo gewöhnt ist, ist es für sie schwierig, die Feinheiten ihres minimalistischen Stils in westlichen Medien, mit denen sie nur wenig vertraut ist, auszudrücken.
Für die Herbst/Winter-Saison 2023 entwarf Ruohan Nie einen Seidenstoff, wobei sie eine traditionelle chinesische Technik zum Färben der Seide anwendet. „Wir haben den Stoff bearbeitet, um einen fast schlammigen Griff zu erhalten, der mit dem Thema der Kollektion verbunden ist. Wir schätzen Handwerk und bemühen uns, es auf jedes Detail anzuwenden.“
Auf der Shanghai Fashion Week SS22 wurde Ruohan mit dem Lane Crawford x Labelhood 2021 Stipendium und dem Preis für kommerzielle Leistung ausgezeichnet. Ihre Kollektion wurde für die Präsentation bei Harrods x Labelhood Pop-up in London und Shanghai ausgewählt. Die Marke arbeitet mit mehr als 40 chinesischen Einzelhändler:innen und 16 Boutiquen in Europa, Japan und den USA zusammen. Sie ist außerdem Teil des offiziellen Kalenders der Paris Fashion Week und wird am 2. März 2023 auf dem Laufsteg zu sehen sein.
Peng Tai: Von der chinesischen Kräuterkunde über Yin und Yang zur Mode
Seit seiner Gründung im Oktober 2016 setzt Peng Tai auf die fünf Elemente und die Ideologie des Huang-Lao Taoismus als Markenkern, wobei er ständig mit neuen Techniken experimentiert. Seit 2017 beschäftigt sich der Designer mit der chinesischen Kräuterkunde und verwendet Tinkturen aus Pflanzen wie Galluss, Astragalus und Beifuß, der von manchen als Anti-Covid-Behandlung empfohlen wird. Außerdem experimentiert des Designer mit Sappanholz und Gardenie, um jedem Kleidungsstück eine einzigartige Farbe und Form zu verleihen.