Fishbelly: Eine Lingerie-Designerin kehrt nach Berlin zurück
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Seit September ist das Lingerie-Label Fishbelly wieder in Berlin beheimatet. Nach sechs Jahren in Hongkong kehrte Designerin Jutta Teschner, deren Lingerie schon bei Ludwig Beck und Galeries Lafayette verkauft wurde, wieder in die deutsche Hauptstadt zurück.
In ihrem Laden in den Hackeschen Höfen verkauft sie ihre sündigen Entwürfe mit verspielten Details und passt Bustiers und Höschen für Kundinnen an. Auch Labels wie Marlies Dekkers und Underprotection führt sie im eigenen Laden. Im Interview erzählt Jutta Teschner, warum sie nach Hongkong ging und warum sie trotz Pandemie ihren Mut beim Neustart ihres eigenen Labels nicht verliert.
Frau Teschner, Sie haben Fishbelly vor 15 Jahren nach dem Studium in Berlin gegründet und sich einen Namen gemacht. Warum packte Sie dann das Fernweh?
Ich habe das so lange in Berlin gemacht und war es vielleicht auch etwas leid. Ich hatte tolle Erfolge – alleine dass ich mein Label bei Victoria’s Secret in Las Vegas verkauft habe oder sechs Schaufenster beim KaDeWe hatte. Das war großartig, aber irgendwie fehlt dann die Herausforderung und ich fragte mich: ‘Na, was ist denn mein nächstes Ziel?’
Es war Zufall, dass es mich nach Hongkong verschlagen hatte. Aber es war genau das, was mir gefehlt hatte. Ich war so inspiriert von der neuen Stadt, von der neuen Umgebung, von der Mentalität – dieses positive, quirlige. In Deutschland gibt es eine hohe Erwartungshaltung, das habe ich in Hongkong und China so nicht erlebt, obwohl es den Menschen wesentlich schlechter geht. Aber sie versuchen ihr Glück mehr in die eigene Hand zu nehmen.
War es schwer April 2012 in einer fremden Stadt am anderen Ende der Welt Fuß zu fassen?
Ursprünglich sollte es ein Sabbatical werden. Ich hatte ein Angebot bekommen, als Dozentin für Modemarketing und -management nach Hongkong zu gehen. Es hat mich gereizt, das auszuprobieren. Es war nicht geplant, sechs Jahre wegzubleiben sondern nur ein Jahr. Dann hat es mir gut gefallen und ich habe mich bei großen Firmen in Hongkong beworben, weil ich noch nie als angestellte Designerin gearbeitet habe. So bin ich dann zu Triumph gekommen.
Ich habe mich erst einmal akklimatisiert und dann mein Geschäft in der Hollywood Road in Soho aufgemacht und seinerzeit an Asos in London verkauft. Dann kam das Angebot, als Freelancer für Manor drei Tage die Woche in China zu arbeiten, wo ich die Produktentwicklung als Customer Account Manager betreut habe. Die restliche Zeit war ich in meinem eigenen Geschäft.
Klingt so, als ob Sie eine gute Zeit in Hongkong hatten, was hat Sie bewegt, wieder nach nach Berlin zu ziehen?
Das war auch eine persönliche Entscheidung, ob ich jetzt für immer da bleiben möchte oder zurückkomme. Ich habe mich doch für zurück entschieden, weil die Umstände in Hongkong nicht mehr so waren, wie vor einiger Zeit.
Zum anderen habe ich gemerkt, dass mir mit meiner Hongkong-Adresse auf den Messen in Paris keiner mehr so recht abgenommen hat, dass ich die Lingerie selbst mache. Meine Sachen werden auch überwiegend an den europäischen Markt verkauft, da macht es mehr Sinn aus Berlin zu verschicken.
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Bild: Fishbelly in Hongkong
Wie ist es – gerade jetzt während der Pandemie – wieder die Arbeit am eigenen Lingerie-Label aufzunehmen?
Viele Kunden, die man anschreibt, sagen: ‘Lockdown, wir brauchen nichts’ und man weiß auch nicht, wer überlebt. Es gibt auch keine Messe in Paris, die findet jetzt im Februar online statt. Normal hätte ich mich darauf vorbereitet, dort auszustellen. Ich hab schon meinen Flug gebucht und alles andere, aber selbst der Flug wurde gestrichen. Sobald ich wieder reisen kann, geht man eben selbst auf Tour. Die ersten Termine gibt es schon, da muss man halt abwarten, wie es weitergeht.
Sie klingen recht optimistisch. Woher nehmen Sie Ihre Energie für die wiederholten Neuanfänge?
Ich habe schon die Dotcom-Blase und die Bankenkrise erlebt – man kann sich auch etwa ausrechnen, wie es weitergehen soll und ich hatte es mir auch vorher gut überlegt. Ich hätte zwar nicht gedacht, dass im Weihnachtsgeschäft geschlossen wird, aber theoretisch ist es für mich egal. Ich habe spät in der Corona-Krise angefangen zu gründen und bin noch nicht fertig damit, mich am Markt zu positionieren. Es ist auch ein Vorteil, klein und flexibel zu sein.
Letztendlich ist es mein Baby, und das wofür mein Herz schlägt. Für größere Produktionen ist es immer ein Massengeschmack, es ist nicht das, wo man seine eigenen Ideen umsetzen kann.
Wofür steht Fishbelly?
Meine Unterwäsche ist sehr verführerisch, viel mit ‘ouvert’, wo sich nur wenige dranwagen, weil es immer in eine bestimmte Richtung geht. Es geht um eine lässige, selbstverständliche ‘Sexiness’, ohne dass es einem direkt ins Gesicht springt. ‘Fifty Shades of Grey’, Doppelriemen und Bondage-Einflüsse sind auch nicht mehr zeitgemäß.
BHs werden zusehends einfacher und bügellos, manche Frauen verzichten sogar während des Lockdowns ganz auf ihre BHs. Wie sehen Sie diese Tendenzen als Designerin, die sinnliche Lingerie entwirft?
Bei mir wird es in der kommenden Kollektion auch Bralettes geben. Aber manchmal ist es eben doch schöner, die Bügel noch zu haben, aber nicht so, dass es beengend wie mit Push-ups ist. Hongkong und China sind ja sehr traditionelle Märkte, was Unterwäsche angeht, da war ich erstmal irritiert als ich in Neukölln ankam und sah, dass viele Mädels gar keine BHs mehr tragen. So eine ähnliche Phase gab es schon einmal, als BHs verbrannt wurden und danach ging es wieder los. Ich denke, BHs haben auch einen positiven Aspekt und heute gibt es viele Innovationen, die mit verführerischen Details kombiniert werden können.
Fishbelly sitzt im Hof VII der Hackeschen Höfe in Berlin. Die Verkaufspreise des Labels reichen von 39 bis 169 Euro für Slips bis Negligées. Jutta Teschner arbeitet auch bereits an der kommenden Kollektion: „Gewohnt sexy mit französischem Flair und Berliner Wildheit.”
Bild: Fishbelly im KaDeWe